Leitsatz (amtlich)

1. Ein Darlehensnehmer, der Darlehensverträge zum Erwerb von Mehrfamilienhäusern mit insgesamt 27 Wohneinheiten schließt, handelt nicht als Verbraucher, sondern als Unternehmer.

2. Allein der Umstand, dass der Darlehensnehmer kein eigenes Büro unterhält und keine Hausverwaltung mit der Vermietung der Wohneinheiten beauftragt hat, führt nicht dazu, dass die Vermietung der Wohneinheiten der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen ist. In einer Vielzahl von Unternehmen wird heute auf die Vorhaltung spezieller Büroräume verzichtet und werden Büroarbeiten unter Einsatz von EDV von verschiedenen Orten aus erledigt.

3. Ob dem Darlehensnehmer ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt werden sollte, lässt sich nur durch Auslegung der vertraglichen Erklärungen gem. §§ 133, 157 BGB feststellen.

 

Normenkette

BGB §§ 13-14, 133, 157, 355 Abs. 1, § 495 Abs. 1; ZPO § 256 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

LG Braunschweig (Entscheidung vom 09.12.2016; Aktenzeichen 7 O 1296/16, Urteil)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 09.12.2016 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die erstinstanzliche Kostenentscheidung dahingehend abgeändert wird, dass von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz die Klägerin 43% und der Beklagte 57% tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Dieses Urteil und das erstinstanzliche Urteil, soweit es aufrechterhalten bleibt, sind für die Parteien ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des erstinstanzlichen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf eine Wertstufe bis 1.200.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von zwei Darlehensverträgen.

Die Parteien schlossen am 13.12.2010 einen Darlehensvertrag Nr. über einen Betrag von 541.800,- EUR (Anlage K 1) und einen Darlehensvertrag Nr. ... über einen Betrag von 358.200,- EUR (Anlage K 2).

Die Darlehen dienten dem Erwerb der Mehrfamilienhäuser ...und ...mit insgesamt 27 Wohneinheiten sowie Garagen und Stellplätzen. Der Kaufpreis betrug 880.000,- EUR.

Im Jahr 2011 plante der Kläger den Erwerb eines achtgeschossigen Mehrfamilienhauses mit weiteren 32 Wohneinheiten, der jedoch an der fehlenden Finanzierung scheiterte.

Mit Schreiben vom 21.12.2015 (Anlage K 3) erklärte der anwaltlich vertretene Beklagte den Widerruf der streitgegenständlichen Darlehen, den die Klägerin nicht akzeptierte.

Auf Wunsch des Beklagten schlossen die Parteien am 2./16. März 2016 Aufhebungsvereinbarungen für die streitgegenständlichen Darlehen, die die Leistungen von Vorfälligkeitsentschädigungen unter Vorbehalt im Hinblick auf die Wirksamkeit des erklärten Widerrufes vorsahen.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin noch die Feststellung, dass sich die streitgegenständlichen Darlehensverträge durch den von dem Beklagten erklärten Widerruf nicht in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben und der Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung der Zins- und Tilgungsleistungen hat. Der Beklagte nimmt die Klägerin im Wege der Widerklage auf (Rück-)Zahlung der von ihm geleisteten Vorfälligkeitsentschädigungen, der Bearbeitungsgebühren, von Tageszinsen und Nutzungsentschädigung in Anspruch. Soweit die Klägerin ursprünglich auch die Feststellung begehrt hat, dass der Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen und von Nutzungsersatz habe, haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts, insbesondere hinsichtlich der erstinstanzlich gestellten Anträge, wird auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht Braunschweig hat mit Urteil vom 09.12.2016 (Bl. 141 ff. d. A.) festgestellt, dass sich die zwischen den Parteien am 12.12.2010 geschlossenen Darlehensverträge zu den Nummern ... und ... durch den Widerruf der auf den Abschluss dieser Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen des Beklagten nicht in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt haben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Außerdem hat es die Widerklage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auferlegt.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt, dass hinsichtlich des Klageantrags zu 1. die Klage zulässig sei. Es bestehe ein Feststellungsinteresse der Klägerin gem. § 256 ZPO daran, dass sich die beiden Darlehensverträge durch den vermeintlichen Widerruf des Beklagten nicht in e...

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