Verfahrensgang
LG Göttingen (Urteil vom 12.02.2004; Aktenzeichen 6 O 39/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Göttingen vom 12.2.2004 - Az. 6 O 39/01 - abgeändert.
Das Urteil des Superior Court of Justice der Provinz Ontario vom 15.2.2001 - Az. 92 CQ 25049, durch das die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 423.317,95 $ (kanadische Dollar) nebst 7 % Zinsen p. a. seit dem 15.2.2001 aus dem Nachlass des verstorbenen R sowie der Gerichtskosten i.H.v. 125.000 $ (kanadische Dollar) verurteilt worden sind, wird für vollstreckbar erklärt.
Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervention.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Wertstufe bis 400.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Der Kläger erstrebt den Erlass eines Vollstreckungsurteils, mit dem ein Urteil des Superior Court of Justice der Provinz Ontario in Kanada für vollstreckbar erklärt werden soll.
Wegen des Sach- und Streitstandes sowie der Anträge wird auf das Urteil des LG Göttingen vom 12.2.2004 (Bl. 238 ff. d.A.) Bezug genommen.
Das LG hat die Klage als zulässig, aber unbegründet angesehen. Der Anerkennung des kanadischen Urteils stehe der deutsche ordre public entgegen. Das kanadische Gericht habe den Rechtsstreit nach dem Tod des ursprünglichen Beklagten R gegen den Verfahrenspfleger für den Nachlass, Herrn A, fortgesetzt, ohne die Erben, die jetzigen Beklagten, am Gerichtsverfahren zu beteiligen. Im Urteilsausspruch seien die Beklagten zur Zahlung verpflichtet worden, obwohl sie nicht Partei des kanadischen Gerichtsverfahrens geworden seien. Es entspreche dem deutschen rechtsstaatlichen Grundverständnis, dass nur derjenige verurteilt werden könne, der verklagt, mithin vom Kläger ggü. dem Gericht als die beklagte Partei bezeichnet worden sei. Eine Beteiligung der Beklagten als Partei sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Ob der Verfahrenspfleger S mit den Beklagten Kontakt aufgenommen habe, sei insofern unbeachtlich. Das Gebot des rechtlichen Gehörs erfordere, dass derjenige, der zu einer Zahlung verurteilt werde, zuvor als Partei an dem Verfahren beteiligt worden sei. Im Übrigen hat das LG offen gelassen, ob auch ein Verstoß gegen § 328 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO vorliege.
Gegen dieses dem Kläger unter dem 17.2.2004 zugestellte Urteil hat er mit Faxschreiben vom 15.3.2004, eingegangen bei Gericht am selben Tage, Berufung eingelegt und diese mit Faxschreiben vom 16.4.2004, eingegangen bei Gericht am selben Tage, begründet.
Mit Schriftsatz vom 16.4.2004 hat die Rechtsanwaltskanzlei, Inhaber Rechtsanwalt den Beitritt zum Rechtsstreit zum Zwecke der Unterstützung des Klägers erklärt.
Der Kläger greift das Urteil des LG in vollem Umfange an. Zunächst weist er darauf hin, dass das nach § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO "verfahrenseinleitende Schriftstück" darin liege, dass die Klage ggü. dem ursprünglichen Beklagten, dem verstorbenen R, ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Selbst wenn man annehmen würde, dass aufgrund der Fortsetzung des Verfahrens ein "verfahrenseinleitendes Schriftstück" erforderlich sei, sei dies durch die Information der Beklagten durch den Verfahrenspfleger S erfolgt.
Ein Verstoß gegen den deutsche ordre public liege nicht vor. Dies käme nur dann in Betracht, wenn das ausländische Urteil in einem für die deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen unerträglichen Maße von der deutschen Rechtsordnung abweiche und damit das Rechtsgefühl auf das Tiefste verletzt werden würde. Eine derartige Ausnahmesituation liege hier nicht vor. Der Verfahrenspfleger S sei ordnungsgemäß als litigation administrator bestellt worden. Eine erneute Klageerhebung gegen die Erben sei unnötig, da die Rechtstellung als Partei auch nach deutschem Zivilprozessrecht vererblich sei. Ein Einbeziehen der Erben durch Kenntnis vom Verfahren sei auch nach deutschem Recht nicht denknotwendig. Der Kläger verweist insofern auf die Regelungen der Nachlasspflegschaft. Die Besonderheit liege darin, dass nach kanadischem Recht der Nachlass (estate) eine eigene Rechtspersönlichkeit sei, so dass eine formale Parteistellung der Erben nicht notwendig gewesen sei. Nach deutschem Recht müssten aber die Erben persönlich in dem Titel aufgeführt werden, damit eine Vollstreckung gegen sie in Deutschland möglich sei. Die entsprechenden kanadischen Regelungen seien nicht offensichtlich unvereinbar mit deutschem Recht. Der Nachlasspfleger nehme die Interessen der Erben auf rechtliches Gehör wahr, so dass eine Verletzung nicht in Betracht komme. Weiter sei zu berücksichtigen, dass den Parteien lediglich die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, sich am Gerichtsverfahren des Erststaates zu beteiligen, ob davon Gebra...