Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer stufenweisen Beauftragung des Architekten in Form eines Vorvertrages, der erst dann zu weitergehenden Honoraransprüchen führt, wenn eine gesonderte, zusätzliche Beauftragung erfolgt, ist § 4 HOAI auf jeden Abschnitt stufenweiser Beauftragung gesondert anzuwenden und für jeden stufenweisen Abruf einer Leistungs-phase auch die Schriftform zu verlangen.
2. Ein Ausnahmefall i.S.d. § 4 Abs. 2 HOAI kann vorliegen, wenn zwischen den Parteien eine ständige Geschäftsbeziehung besteht. Ein Rahmenvertrag zwischen einem Wohnungsbauunternehmen und einem Architekten reicht dafür aus. Ein Ausnahmefall kommt auch dann in Betracht, wenn einem Architekten in einem aus mehreren Gebäuden bestehenden Neubaugebiet Planungsaufträge für die einzelnen Gebäude erteilt werden.
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Urteil vom 02.08.2005; Aktenzeichen 8 O 374/04) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG vom 2.8.2005 - 8 O 374/04 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 26.8.2005 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 121.906,33 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.4.2005 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 45 % und die Beklagte 55 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 3 % und der Beklagten zu 97 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 125 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 125 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 125 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 125 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 125.194,54 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung restlichen Architektenhonorars aus dem mehrere Objekte umfassenden Bauvorhaben "Park-Wohnungen an den " in in Anspruch.
Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 126 ff. d.A.), berich-tigt durch Beschluss vom 26.8.2005 (Bl. 142 R. d.A.), Bezug genommen.
Das LG hat der ursprünglich auf Zahlung von 222.265,66 EUR gerichteten Klage nach Rücknahme eines Teilbetrages von 18.579,73 EUR teilweise in Höhe eines Betrages von 125.194,54 EUR stattgegeben. Die weitergehende Klage hat das LG abgewiesen. Zur Begründung hat es hinsichtlich der im Rahmen der Berufung noch streitigen Punkte ausgeführt:
Der geltend gemachte Restvergütungsanspruch für Haus 3 i.H.v. 61.602,93 EUR gemäß der Abrechnung des Klägers Anlage K 13 (Bl. 40 ff. des Anlagenbandes I) sei begründet, denn die Beklagte könne sich insoweit nicht auf die Pauschalhonorarvereinbarung vom 1.10.2001 (Anlage K 1, Bl. 1 f. des Anlagenbandes I) berufen. Diese sei unwirksam, da sie eine (unzulässige) Mindestsatzunterschreitung gem. § 4 Abs. 4 HOAI beinhalte . Dem vereinbarten Pauschalhonorar von 120.000 DM (= 61.355,03 EUR) stehe ein nach den Mindestsätzen berechnetes Honorar i.H.v. 119.885,68 EUR gegenüber. Die von der Beklagten vorgelegte Berechnung des Privatgutachters Neuhaus vom 20.2.2005 (Anlage 19 des Anlagenbandes II, dort S. 27) unterscheide sich lediglich hinsichtlich der Anwendung der Ermäßigungstatbestände der §§ 22 und 66 Abs. 3 und 4 HOAI von der Berechnung des Klägers. Diese Vorschriften seien jedoch nicht anwendbar. Die dadurch begründete Unterschreitung der Mindestsätze führe zur Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung in Bezug auf Haus 3 und zur Abrechnung der Leistungen des Klägers nach der HOAI. Eine Honorarminderung gem. § 22 Abs. 2 HOAI sei deshalb nicht geboten, weil es sich bei Haus 3 nicht um einen Wiederholungsbau von Haus 1 handele. Auch ein Wiederholungsbau im Vergleich zu Haus 2 liege nicht vor. § 22 Abs. 2 HOAI sei eng auszulegen. Nur ganz unwesentliche Änderungen schadeten nicht. Solche seien hier nicht anzunehmen. Haus 3 weise ein Geschoss weniger auf als die beiden vorhergehenden Häuser 1 und 2. Außerdem gäbe es unstreitig einige Änderungen im Grundriss. Auch eine Minderung gem. § 66 Abs. 3 HOAI und § 66 Abs. 4 HOAI in Bezug auf die Tragwerksplanung komme nicht in Betracht, denn beide Alternativen setzten voraus, dass ein einheitlicher Planungsauftrag vorliege. Ein solcher sei im Verhältnis von Haus 3 zu den vorhergehenden Häusern 1 und 2 nicht anzunehmen. Der Vertrag spreche vielmehr für einen bloßen Folgeauftrag.
Der Kläger sei auch an frühere Abrechnungen nicht gem. § 242 BGB gebunden, denn die Beklagte habe deren P...