Entscheidungsstichwort (Thema)
Freigabe von Ansprüchen auf Ersatz von Abbruchkosten aus einer Feuerversicherung durch den Insolvenzverwalter
Leitsatz (amtlich)
1. Der Anspruch auf Ersatz von Abbruchkosten entsteht jedenfalls dem Grunde nach bereits mit dem Brandereignis (Anschluss an BGH 19.6.2013 - IV ZR 228/12).
2. Die Freigabe eines bebauten Grundstücks durch den Insolvenzverwalter umfasst auch die konkludente Freigabe von Ansprüchen auf Ersatz von Abbruchkosten aus einer Gebäude-Feuerversicherung für das auf dem Grundstück befindliche Gebäude.
Normenkette
ZPO § 256; InsO §§ 35, 80 Abs. 1 S. 1; AFB 2002 § 3 Nr. 3a
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Urteil vom 08.05.2015; Aktenzeichen 7 O 3006/12) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Braunschweig vom 08.05.2015 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil und das Urteil des LG Braunschweig sind für den Kläger ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf eine Wertstufe bis zu 200.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm für Abbruchkosten aufgrund eines Brandschadens in B. Versicherungsschutz zu gewähren. Hilfsweise beantragt der Kläger, die Beklagte zu verurteilen, ihn von Kosten für eine Ersatzvornahme freizustellen bzw. Abbruchkosten an ihn zu zahlen.
Der Kläger ist seit 1996 Eigentümer eines Hotelgrundstücks in B. W.straße.../H.straße...
Der Kläger und die Beklagte schlossen einen Vertrag über eine Gebäude-Feuerversicherung mit der Nr... zum gleitenden Neuwert (vgl. Anlage K 1). Versicherungsbeginn sollte der 01.06.2006 sein. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Feuerversicherung (AFB 2002), die Sonderbedingungen für die gleitende Neuwertversicherung (SGIN 2002) sowie die besonderen Vereinbarungen zur gewerblichen Gebäude-Feuerversicherung (vgl. Anlage K 2) zu Grunde.
Am 17.10.2008 eröffnete das AG Braunschweig das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers und bestellte Herrn Steuerberater R. B. zum Insolvenzverwalter (vgl. Anlage K 9).
Am 24.2.2009 kam es auf dem vorgenannten Hotelgrundstück zu einem Brandschaden, dessen Ausmaß zwischen den Parteien streitig ist.
Mit Schreiben vom 29.11.2012 erklärte der Insolvenzverwalter, dass er das Hotelgrundstück aus dem Insolvenzbeschlag entlasse (vgl. Anlage K 11).
Mit Schreiben vom 17.12.2012 (vgl. Anlage K 13) erklärte die Beklagte, dass sie derzeit keine Einstandspflicht sehe.
Mit Schreiben vom 28.10.2013 (vgl. Anlage K 14) forderte der Landkreis G. den Kläger auf, den Altbauteil des ehemaligen Kurhotels auf dem Grundstück W.straße... in B. abzubrechen, und drohte ihm die Durchführung der Arbeiten im Wege der Ersatzvornahme an.
Unter dem 07.03.2014 setzte der Landkreis G. gegen den Kläger eine Vorausleistung in Höhe von 77.350,- EUR zu Durchführung der mit Bescheid vom 28.10.2013 angedrohten Ersatzvornahme fest (vergleiche Anlage K 15).
Mittlerweile ist der Altbau des Hotelgebäudes vollständig abgerissen worden.
Mit der vorliegenden Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Feststellung in Anspruch, dass sie verpflichtet sei, dem Kläger für die Abbruchkosten aufgrund des Brandschadens vom 24.02.2009 an dem Hotelgebäude in B. Versicherungsschutz zu gewähren.
Der Kläger behauptet, dass der Brand vom 24.02.2009 zu einer vollständigen Beschädigung des versicherten Hotelgebäudes geführt habe. Eine Reparatur der Gebäude sei auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht möglich. Auch im Falle eines Wiederaufbaus müssten die Gebäude zunächst abgebrochen und das Grundstück geräumt werden.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aufgrund des Brandschadens vom 24.2.2009 an dem Hotelgebäude W.straße... und H.straße..., B. aus der Feuerversicherung Nummer... für Abbruchkosten Versicherungsschutz zu gewähren; hilfsweise,
1. Die Beklagte zu verurteilen, den Kläger gegenüber dem Landkreis G, in Bezug auf eine Inanspruchnahme auf Zahlung von 77.350,- EUR aus dem Kostensicherungsbescheid des Landkreises G. vom 07.03.2014 (Anlage K 15) freizustellen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 162.430,- EUR zu zahlen;
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weitere Aufwendungen zu ersetzen, die über die unter Ziff. 1 und 2 bezifferten Beträge hinausgehen und durch den Abbruch der Hotelgebäude W.straße... und H.straße..., B. dem Kläger entstehen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass das gesamte Objekt infolge des Brandes vollständig zerstört worden sei und daher abgerissen werden müsse bz...