Leitsatz (amtlich)

1. Im Klageverfahren ist eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwerts nicht statthaft.

2. Diese Ansicht steht nicht in Widerspruch zu der vom Senat im Beschluss vom 1.7.1992 - 2 W 26/92, NJW-RR 1993, 191/192 - vertretenen Rechtsauffassung, wonach der Festsetzung des Gebührenstreitwerts eine Doppelfunktion zukomme, da mit ihr zugleich der Gebührenstreitwert bestimmt werde, denn seinerzeit war im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde gegen die landgerichtliche Festsetzung bereits eine vom LG ausgesprochene, an das AG gerichtete und dieses bindende Verweisungsentscheidung ergangen.

 

Normenkette

GKG § 62 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Beschluss vom 09.05.2006; Aktenzeichen 1 O 2038/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Bremen vom 9.5.2006 wird auf Kosten des Prozessbevollmächtigten als unstatthaft zurückgewiesen.

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von ihm beabsichtigte sofortige Beschwerde gegen den oben genannten Beschluss des LG Bremen wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Bremen vom 9.5.2006, mit welchem das LG für das Prozesskostenhilfeverfahren den Wert des Streitgegenstandes auf 1.500 EUR festgesetzt hat, ist nicht statthaft.

Die mit der Beschwerde angegriffene Wertfestsetzung ist keine Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 1 oder Abs. 2 GKG, sondern betrifft den Zuständigkeitsstreitwert nach § 62 Satz 1 GKG. Dies ergibt sich zwanglos daraus, dass die Festsetzung auf den ausdrücklichen Antrag auf Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwertes erfolgte, für die Festsetzung eines Gebührenstreitwertes vor Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags keine Veranlassung bestand - die Klage war von der vorherigen Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig gemacht - und die Kammer mit der Streitwertfestsetzung die Anfrage verband, ob mit Rücksicht auf diese Festsetzung eine Verweisung des Rechtsstreits an das sachlich zuständige AG Bremen beantragt werde. Für eine endgültige Festsetzung des Gebührenstreitwertes nach § 63 Abs. 2 GKG gab es von vornherein keine Veranlassung.

Soweit der Beschwerdeführer zur Begründung seiner Beschwerdebefugnis auf § 33 RVG Bezug nimmt, übersieht er, dass eine Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG nicht erfolgt ist. Der Beschwerdeführer hatte weder einen Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG gestellt noch hätte er ihn mangels Fälligkeit der Vergütung stellen können (§§ 8 Abs. 1, 33 Abs. 2 S. 1 RVG); zudem wären die Voraussetzungen für einen solchen Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG nicht gegeben. Seine Beschwerdebefugnis aus § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG scheitert aber an einer beschwerdefähigen gerichtlichen Festsetzung i.S.d. § 32 Abs. 1 RVG:

Der Senat schließt sich der herrschenden Meinung an, dass im Klagverfahren eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwertes nicht statthaft ist (s. OLG Frankfurt, 3 W 72/05, BeckRS 2006 Nr. 13196; OLG Stuttgart, NJW-RR 2005, 942; OLG Koblenz v. 10.2.2004 - 5 W 108/04, OLGReport Koblenz 2004, 416 = MDR 2004, 709; OLG Karlsruhe v. 28.3.2003 - 1 W 10/03, OLGReport Karlsruhe 2003, 276 = MDR 2003, 1071 f.; OLG Köln v. 17.2.1997 - 26 W 2/97, OLGReport Köln 1997, 150 = NJW-RR 1998, 279; OLG München v. 20.5.1998 - 26 W 1563/98, OLGReport München 1998, 241 = MDR 1998, 1242 f.; Zöller/Herget, 26. Aufl., § 3 ZPO, Rz. 7; Thomas/Putzo, 26. Aufl., § 2 ZPO, Rz. 8; Hartmann, KostG, 36. Aufl., Anh § 48 (Einf) GKG, Rz. 10; MünchKomm/ZPO-Schwerdtfeger, 2. Aufl., § 2 ZPO, Rz. 18; Stein/Jonas/Roth, 22. Aufl., § 2 ZPO, Rz. 53; Wieczorek/Schütze/Gamp, 3. Aufl., § 2 ZPO, Rz. 30; Papst/Rössel, MDR 2004, 730 f.; Lappe, NJW 2004, 489, 495). Das Gesetz sieht eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwertes nicht ausdrücklich vor (s. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die in § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG normierte Beschwerdebefugnis bezieht sich ausdrücklich - nur - auf die Festsetzung des Gebührenstreitwertes nach § 63 Abs. 2 GKG, die im vorliegenden Fall nicht erfolgt ist (s.o.).

Eine ergänzende Heranziehung der Beschwerdebefugnis aus § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG ist nicht geboten. Die Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwertes ist nur vorläufig und bindet das Gericht nicht. Die Parteien können also im laufenden Verfahren auf eine Abänderung der Festsetzung hinwirken. Sofern das Gericht mit der Festsetzung die Parteien auf seine sachliche Unzuständigkeit hinweisen will und auf die Einwände des Klägers an der Festsetzung festhält, steht es dem Kläger frei, durch einen (Hilfs-) Verweisungsantrag nach § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO eine Klagabweisung wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit zu vermeiden. Die Klagabweisung wäre mit der Berufung anzugreifen (s. § 513 Abs. 2 ZPO). Lässt sich der Antragsteller auf die Anregung des LG, einen Verweisungsantrag nach § 281 Abs. 1 S. 1 ZPO zu stellen, ein und nimmt das LG eine entsprechende Verweisung vor, erwächst di...

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