Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Befugnis eines Ehegatten zur Abhebung des auf einem Gemeinschaftskonto der Ehegatten befindlichen Guthabens nach der Trennung zum Zwecke der Anschaffung von Haushaltsgegenständen
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Abhebung des auf einem Gemeinschaftskonto der Ehegatten befindlichen Guthabens nach der Trennung zum Zwecke der Anschaffung von Haushaltsgegenständen ist der aus der Ehewohnung ausgezogene Ehegatte im Verhältnis zum anderen im Zweifel nicht befugt.
2. Dem wegen der missbilligten Kontoabhebung auf Ausgleich in Anspruch genommenen Ehegatten ist die Geltendmachung eines Anspruchs auf Nutzungsvergütung gem. § 1361b III S. 2 bzw. § 745 II BGB gegen den in der Wohnung Verbliebenen im Wege der Hilfsaufrechnung nicht deshalb verwehrt, weil er sich in einem bereits anhängigen Verfahren betreffend Ehegattenunterhalt auf den Vorteil des mietfreien Wohnens des anderen in der Ehewohnung beruft.
Normenkette
BGB §§ 430, 745 Abs. 2, § 1361b Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
AG Bremen (Aktenzeichen 153 F 483/13) |
Tenor
Der Antragsgegnerin wird im Hinblick auf ihren Verfahrenskostenhilfeantrag aufgegeben, spätestens im Termin vom 7.3.2014 eine vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen vorzulegen.
Gründe
I. Das Verfahrenskostenhilfegesuch der Antragsgegnerin ist nicht entscheidungsreif, weil die Rubrik "G: Sonstige Vermögenswerte" nicht ausgefüllt worden ist.
II. Im Hinblick auf § 114 ZPO weist der Senat darauf hin, dass die Beschwerde der Antragsgegnerin nach dem derzeitigem Sach- und Streitstand Aussicht auf Erfolg hat, soweit sich die Antragsgegnerin gegen einen höheren Zahlungsanspruch als 1.115,74 EUR verteidigt. Dies ergibt sich aus folgendem:
Die Beschwerde ist gem. § 58 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden.
In der Sache wird die Beschwerde jedoch nach vorläufiger Bewertung nur in dem genannten Umfang Erfolg haben.
1. Der Antragsteller hat einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin gem. §§ 428, 430 BGB auf Zahlung von 1.937,50 EUR.
Unstreitig hatte die Antragsgegnerin zwei Tage nach der am 24.6.2009 erfolgten Trennung der Beteiligten von dem von den Eheleuten in Polen unterhaltenen Gemeinschaftskonto ohne Wissen des Antragstellers das gesamte zu diesem Zeitpunkt noch vorhandene Guthaben i.H.v. 15.500 Zloty abgehoben. Das AG hat insofern zu Recht ausgeführt, dass die Beteiligten als Inhaber des Gemeinschaftskontos gegenüber dem polnischen Kreditinstitut Gesamtgläubiger i.S.d. § 428 BGB waren. Das Innenverhältnis beurteilt sich bei einem Oder-Konto nach § 430 BGB. Danach sind die Ehegatten an dem jeweiligen Kontostand eines Gemeinschaftskontos und insbesondere am Kontostand im Zeitpunkt der Trennung regelmäßig zu gleichen Teilen berechtigt. Ein Guthaben ist also bei Scheitern der Ehe grundsätzlich hälftig zu teilen. Der Grundsatz der Halbteilung kommt nur dann nicht zum Zuge, wenn ein anderes bestimmt ist. Entnimmt ein Ehegatte nach der endgültigen Trennung mehr als die Hälfte, besteht regelmäßig ein Ausgleichsanspruch des anderen Ehegatten. Ein Ausgleichsanspruch besteht nur dann nicht, wenn die Kontoverfügung von einer anderweitigen Bestimmung erfasst ist. Hat ein Ehegatte nach der Trennung das gesamte auf dem Konto befindliche Guthaben abgehoben und wird er auf hälftige Herausgabe in Anspruch genommen, so muss er gegebenenfalls den Beweis für seine Behauptung einer anderen Bestimmung i.S.d. § 430 BGB führen (vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 6. Aufl. 2014, Rz. 721 ff.). Eine anderweitige Bestimmung kann rechtsgeschäftlich vereinbart werden, sie kann sich aber auch aus dem Zweck des Rechtsgeschäfts, aus der Natur der Sache oder den Gesamtumständen ergeben (Staudinger/Looschelders, BGB, 2012, § 430 Rz. 27).
Die Antragsgegnerin hat eine andere Bestimmung in diesem Sinne schon nicht dargetan. Die von der Antragsgegnerin behaupteten trennungsbedingten Anschaffungen können eine Abweichung von der gesetzlichen Vermutung des § 430 BGB nicht begründen, denn auch ihrem eigenen Vortrag zufolge lag der Abhebung des Betrages i.H.v. 15.500 Zloty nicht etwa eine Absprache mit dem Antragsteller dergestalt zugrunde, dass der Antragsgegnerin die Anschaffung von Möbeln und Elektrogeräten ermöglicht werden sollte. Vielmehr ist unstreitig, dass die am 26.6.2009 getätigte Kontoverfügung ohne Wissen und gegen den Willen des Antragstellers erfolgte. Allein der Umstand, dass die Antragsgegnerin ihrem Vortrag zufolge trennungsbedingt Anschaffungen tätigen musste, kann eine andere Bestimmung i.S.d. § 430 BGB nicht begründen. Zwar kann im Einzelfall auch eine nach endgültiger Trennung der Eheleute von einem Ehegatten vorgenommene Kontoverfügung von einer anderweitigen Bestimmung erfasst sein. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn mit ihr noch eine gemeinsame Schuld bezahlt worden ist oder wenn es um eine Geldentnahme geht, die mit den früheren gemeinsamen Vorstellungen d...