Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung zur Zustimmung zur gemeinsamen Steuerveranlagung
Leitsatz (amtlich)
Die Verpflichtung, der gemeinsamen Steuerveranlagung zuzustimmen, kann für Zeiträume, in denen die Ehegatten noch zusammen gelebt haben oder in denen Ehegattenunterhalt gezahlt worden ist, nicht von einem Ausgleich des für den Zustimmungspflichtigen mit der Zusammenveranlagung verbundenen Nachteils abhängig gemacht werden.
Normenkette
BGB § 1353
Tenor
Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung wird abgelehnt.
Gründe
Die Parteien sind geschiedene Ehegatten. Sie haben sich Anfang des Jahres 2001 getrennt. Das FamG hat die Beklagte am 24.9.2004 verurteilt, für die Veranlagungszeiträume 2000 und 2001 der gemeinsamen Einkommensteuerveranlagung zuzustimmen. Die Beklagte beantragt - so ist der Inhalt ihres Schriftsatzes v. 1.11.2004 zu verstehen - für eine beabsichtigte Berufung Prozesskostenhilfe. Der Antrag war mangels hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigen Berufung (§ 114 ZPO) abzulehnen.
Das FamG, auf dessen mangelnde Zuständigkeit (vgl. OLG Stuttgart, FamRZ 1992, 1447) die Berufung nicht gestützt werden kann (§ 513 Abs. 2 ZPO), hat zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen, unter denen eine Verpflichtung zur Mitwirkung an der gemeinsamen Steuerveranlagung aus § 1353 BGB besteht (vgl. dazu Engels in Schröder/Bergschneider, Familienvermögensrecht, Rz. 9.42 ff.; Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 3. Aufl., Rz. 591 f.), angenommen. Die Einwendungen der Beklagten greifen nicht durch.
Soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass der Kläger früher eine von ihr geforderte gemeinsame Veranlagung für die Jahre 2000 und 2001 abgelehnt habe, lässt sich aus dem behaupteten Verhalten des Klägers weder ein Verzicht noch eine Verwirkung seines Rechts, die Mitwirkung an der gemeinsamen Veranlagung zu verlangen, herleiten. Den nach Darstellung der Beklagten "in einem erheblichen Erregungszustand" abgegebenen Erklärungen des Klägers ("ich mach mit dir gar nichts mehr gemeinsam; ich habe die Steuererklärung schon erledigt und mein Geld bekommen" bzw. "ich bin damit schon fertig") lässt sich weder der unzweifelhafte Wille zu einem Verzicht auf seinen Mitwirkungsanspruch entnehmen, noch sind sie geeignet, die Rechtsfolge der Verwirkung auszulösen. Auch aus der Vorkorrespondenz, auf die die Beklagte sich bezieht, lässt sich keine endgültige Ablehnung der gemeinsamen Veranlagung, von der der Kläger sich möglicherweise nicht mehr lösen könnte, entnehmen.
Dass die Beklagte bei einer gemeinsamen Veranlagung Steuererstattungen, die sie aufgrund der von ihr im Jahre 2002 oder 2003 veranlassten getrennten Veranlagung erhalten hat, zurückzahlen muss, steht dem Begehren des Klägers ebenfalls nicht entgegen. Von dem, wie die Beklagte selbst vorträgt, bei Steuerklasse III (Kläger) bzw. V (Beklagte) zur Verfügung stehenden Einkommen haben die Parteien im Jahre 2000 noch gemeinsam gewirtschaftet, im Jahr 2001 sind auf dieser Basis die Unterhaltsansprüche der Beklagten errechnet worden. In beiden Jahren ist damit der durch die Steuerklassenwahl III/V begründete Liquiditätsvorteil beiden Ehegatten zugute gekommen. Eine nachträgliche Korrektur der Nettoeinkünfte der Parteien für die fraglichen beiden Jahre zugunsten der Beklagten, auf die eine getrennte Veranlagung hinauslaufen würde, würde zu einer Benachteiligung des Klägers führen, die dieser nicht hinnehmen muss (vgl. dazu BGH v. 12.6.2002 - XII ZR 288/00, BGHReport 2002, 727 = MDR 2002, 1316 = FamRZ 2002, 1024 - FamRZ 2002, 1024; mit Anm. Bergschneider, FamRZ 2002, 1181; Hauß, FamRB 2002, 346; Engels in Schröder/Bergschneider, Familienvermögensrecht, Rz. 9.44; Wever Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 3. Aufl., Rz. 577 ff.). Es besteht daher keine Veranlassung, die Mitwirkungsverpflichtung der Beklagten davon abhängig zu machen, dass der Kläger ihr eventuelle Rückforderungen des Finanzamts erstattet.
Fundstellen