Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für Streitigkeiten aus der Vermarktung öffentlicher Werbeflächen
Leitsatz (amtlich)
Streitigkeiten aus einem Vertrag, durch den eine Gemeinde ihre auf öffentlichem Grund zur Verfügung stehenden Werbeflächen vermarktet, sind jedenfalls dann nach dem Zivilrecht zu beurteilen und unterliegen gem. § 13 GVG der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte, wenn in dem Vertrag nicht pauschal ohne Prüfung des Einzelfalls für eine unbestimmte Anzahl von Sondernutzungstatbeständen die entsprechenden Erlaubnisse nach öffentlichem Recht gewährt werden.
Normenkette
GVG §§ 13, 17a; StrG BR § 18 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Bremen (Beschluss vom 27.06.2014; Aktenzeichen 7 O 1548/13) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des LG Bremen vom 27.6.2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Beschwerde.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht mit der vorliegenden Klage im Wege des Urkundsprozesses gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von EUR 4,075 Mio. aus einem mit der Beklagten am 22.1.2010 geschlossenen "Gestattungsvertrag über die Ausübung von Werberechten auf öffentlichen Flächen der Freien Hansestadt Bremen, Stadtgemeinde Bremen" (im Folgenden: Gestattungsvertrag) geltend.
Vorangegangen war eine von der Klägerin europaweit durchgeführte Ausschreibung einer "Dienstleistungskonzession für exklusives Werberecht auf öffentlichen Flächen der Freien Hansestadt Bremen, Stadtgemeinde Bremen" vom 19.5.2009 im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb, bei der die D. AG (im Folgenden: D.), die Rechtsvorgängerin der Beklagten, den Zuschlag erhalten hatte.
Der Gestattungsvertrag ist für eine Laufzeit von 15 Jahren, gerechnet ab dem 1.1.2011, abgeschlossen (Rz. 23. Gestattungsvertrag). Nach Rz. 1.1. überträgt die Klägerin der
"D. das ausschließliche Recht, im Vertragsgebiet auf öffentlichen Flächen der Freien Hansestadt Bremen, Stadtgemeinde Bremen, mit Werbeträgern außerhalb von Gebäuden auf eigene Kosten und nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Vertrages Werbung zu betreiben."
Nach Rz. 15.3.1 des Vertrags schuldet die D. für das Jahr 2011 ein jährliches Mindestentgelt von EUR 4,4 Mio., für 2012 von EUR 3,9 Mio.; für die folgenden Jahre sieht Rz. 15.3.2 eine an den allgemeinen Lebenshaltungskosten orientierte Erhöhung des Jahresentgelts vor. Das Entgelt ist jeweils vierteljährlich im Voraus zu zahlen.
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin das Mindestentgelt für das 3. und 4. Quartal 2012 sowie für die ersten drei Quartale des Jahres 2013 (zusammen EUR 4,875 Mio.) unter Anrechnung einer Teilzahlung von EUR 800.000 geltend.
Die Beklagte rügt die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit und meint, es handele sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit.
Das LG Bremen, 7. Zivilkammer, hat mit Beschluss vom 27.6.2014 nach § 17a Abs. 3 GVG den angerufenen Rechtsweg vor den Zivilgerichten für zulässig erklärt. Es liege eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit i.S.d. § 13 GVG vor. Die Klägerin mache einen Anspruch aus einem mit der Beklagten abgeschlossenen Werberechtsvertrag geltend, bei dem die Klägerin unternehmerisch und nicht hoheitlich tätig geworden sei (so im Ergebnis auch OLG Hamburg, Beschl. v. 13.9.2011 - 3 W 50/11, Rz. 23, zitiert nach juris).
Mit der gegen diesen Beschluss rechtzeitig eingelegten sofortigen Beschwerde hält die Beklagte an ihrer Auffassung fest, dass eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht gegeben und vielmehr der Rechtsstreit an das VG Bremen als zuständiges Gericht zu verweisen sei. Die Zuständigkeit der VG ergebe sich schon daraus, dass für die Errichtung der Werbeträger öffentlich-rechtliche Genehmigungen nach der Bremischen Landesbauordnung erforderlich seien. Folgerichtig würden Verträge der vorliegenden Art von der Verwaltungsgerichtsbarkeit als öffentlich-rechtliche "Sondernutzungsverträge" eingestuft. Die vom LG herangezogene Entscheidung des OLG Hamburg betreffe eine kartellrechtliche Auseinandersetzung, bei der sich die ausschließlich Zuständigkeit des LG aus § 87 GWB ergebe.
Das LG Bremen hat mit Beschluss vom 13.8.2014 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des LG Bremen vom 27.6.2014 ist zulässig (§§ 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO), aber nicht begründet. Der Senat teilt die Auffassung des LG, dass die Klägerin im vorliegenden Prozess einen Anspruch aus einem gem. § 13 GVG in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fallenden Vertragsverhältnis geltend macht, so dass der Prozess der ordentlichen Gerichtsbarkeit unterliegt:
Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird. Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen u...