Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur analogen Anwendbarkeit des § 28 Abs. 2 S. 2 StPO im Straf- und Maßregelvollstreckungsverfahren. Strafprozessrecht. Maßregelvollstreckungsverfahren. weitere Vollstreckung. Aussetzen. Erledigterklärung. Ablehnungsgesuch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Regelung des § 28 Abs. 2 S. 2 StPO findet analoge Anwendung auch in der Konstellation eines Maßregelvollstreckungsverfahrens zur Überprüfung der weiteren Vollstreckung oder Aussetzung bzw. Erledigterklärung einer Maßregel nach den § 67e StGB i.V.m. §§ 454, 463 StPO.

2. Die Verwerfung oder Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs gegen einen im Straf- und Maßregelvollstreckungsverfahren beteiligten Richter kann nur zusammen mit der betreffenden Sachentscheidung angegriffen werden.

 

Normenkette

StGB § 67e; StPO § 28 Abs. 2 S. 2, §§ 454, 463

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Entscheidung vom 29.10.2018; Aktenzeichen 70 StVK 40/18 (14 Js 972/10 V)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Untergebrachten vom 30.10.2018 gegen den Beschluss der Strafkammer 70 des Landgerichts Bremen vom 29.10.2018 wird als unzulässig verworfen.

Es wird davon abgesehen, dem Untergebrachten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

 

Gründe

I.

Der Untergebrachte wurde durch das Landgericht Siegen am 29.07.2011 wegen tateinheitlich begangenen Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe, der Einfuhr und des Besitzes einer Schusswaffe, des Besitzes von zwei verbotenen Waffen in Form von tragbaren Gegenständen, des Erwerbs und Umgangs mit explosionsgefährlichen Stoffen und des Besitzes von Betäubungsmitten zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt. Zudem wurde seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Das Urteil ist seit dem 24.02.2012 rechtskräftig. Die Unterbringung wird seither vollstreckt, seit dem 15.11.2016 im Klinikum F.

Angesichts der anstehenden Überprüfung der Fortdauer der Maßregel gemäß § 67e StGB hat die Strafkammer 70 des Landgerichts Bremen als Große Strafvollstreckungskammer in der Besetzung durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. A., die Richterin am Landgericht B. und die Richterin C. den Untergebrachten am 25.06.2018 in Anwesenheit des mit Beschluss vom 29.06.2017 bestellten Sachverständigen Herrn Dr. E. angehört.

Bei der Durchführung dieser Anhörung blieb seitens der Strafkammer 70 unberücksichtigt, dass der Untergebrachte bereits mit Schriftsatz vom 12.06.2018 einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. A., die Richterin am Landgericht D. und die - in diesem Antrag noch als namentlich unbekannt bezeichnete - Richterin am Landgericht B. erhoben hatte. Dieser Antrag ist am 13.06.2018 bei Gericht eingegangen, wurde aber offenbar zunächst fälschlich der Strafkammer 71 zugeordnet und gelangte erst am 04.07.2018 zur Kenntnis der Strafkammer 70.

Mit Schriftsatz vom 26.06.2018 stellte der Betroffene einen erneuten Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. A.

Mit Beschluss vom 29.10.2018 wurden die beiden Ablehnungsgesuche vom 12.06.2018 und 26.06.2018 durch die Strafkammer 70 in Vertreterbesetzung als unbegründet zurückgewiesen. Der Beschluss wurde dem Untergebrachten am selben Tag mit einer Rechtsmittelbelehrung für eine sofortige Beschwerde zugestellt.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Untergebrachte mit seiner sofortigen Beschwerde vom 30.10.2018. Die Generalstaatsanwaltschaft Bremen hat am 16.11.2018 Stellung genommen und beantragt, die sofortige Beschwerde des Untergebrachten als unbegründet zu verwerfen.

Der Untergebrachte hat mit Schriftsatz vom 03.12.2018 nochmals Stellung genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde des Untergebrachten vom 30.10.2018 gegen den Beschluss der Strafkammer 70 des Landgerichts Bremen, mit dem die Ablehnungsgesuche des Untergebrachten vom 12.06.2018 und 26.06.2018 als unbegründet zurückgewiesen wurden, ist unzulässig. Grundsätzlich ist nach § 28 Abs. 2 S. 1 StPO gegen den Beschluss, durch den ein Ablehnungsgesuch als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird, die sofortige Beschwerde zulässig. Als Sonderfall hierzu bestimmt § 28 Abs. 2 S. 2 StPO, dass dann, wenn das Ablehnungsgesuch einen erkennenden Richter betrifft, die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch nur zusammen mit dem Urteil angefochten werden kann. Diese Regelung findet analoge Anwendung auch in der vorliegenden Konstellation eines Maßregelvollstreckungsverfahrens zur Überprüfung der weiteren Vollstreckung oder Aussetzung bzw. Erledigterklärung einer Maßregel nach den § 67e StGB i.V.m. §§ 454, 463 StPO. Auch die Verwerfung oder Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs gegen einen im Straf- und Maßregelvollstreckungsverfahren beteiligten Richter kann nur zusammen mit der betreffenden Sachentscheidung angegriffen werden, hier der Entscheidung nach § 67e StGB.

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