Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsanspruch des bislang allein barunterhaltspflichtigen Elternteils gegen den anderen Elternteil
Leitsatz (amtlich)
Der einem minderjährigen Kind gegenüber bislang allein barunterhaltspflichtige Elternteil kann von dem anderen Elternteil, nachdem das Kind im Rahmen von Hilfe zur Erziehung aus dessen Haushalt in eine betreute Wohnform gewechselt ist, keine Auskunft über die Einkommensverhältnisse verlangen. Die Auskunft ist wegen vollständiger Bedarfsdeckung des Kindes durch die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe für einen Antrag auf Abänderung eines bestehenden Kindesunterhaltstitels ebenso wenig erforderlich, wie zur Prüfung der Höhe seines an den Träger der Jugendhilfe zu erbringenden Kostenbeitrags, da sich dieser ausschließlich nach seinem eigenen Einkommen bemisst. Er kann auch nach Rückkehr des Kindes in den Haushalt des anderen Elternteils nicht mit der Behauptung, dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse seien deutlich besser als seine, Auskunft hierüber verlangen. Dies gilt zumindest dann, wenn ihm bei Zahlung des in einer nur geringfügig (hier EUR 3 monatlich) über dem Mindestunterhalt liegenden Höhe titulierten Kindesunterhalts der notwendige Selbstbehalt verbleibt.
Normenkette
BGB §§ 242, 1603 Abs. 2, § 1606 Abs. 3; SGB VIII § 92 Abs. 2, § 94 Abs. 1, 5
Verfahrensgang
AG Bremen (Beschluss vom 03.05.2011; Aktenzeichen 60 F 4837/10) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Bremen vom 3.5.2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.
Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 808,80 und der Verfahrenswert für das erstinstanzliche Verfahren wird in Abänderung der Wertfestsetzung im angefochtenen Beschluss des Familiengerichts vom 3.5.2011 ebenfalls auf EUR 808,80 festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller verlangt von der Antragsgegnerin Auskunft über ihr Einkommen.
Bei den Beteiligten handelt es sich um die Eltern der aus ihrer geschiedenen Ehe hervorgegangenen, am [...]1993 geborenen Tochter A.. Deren Anspruch gegen den Antragsteller auf Zahlung von Kindesunterhalt ist i.H.v. monatlich EUR 337 tituliert durch Anerkenntnisurteil des AG Bremen vom 21.2.2006 (Gesch.-Nr. 60 F 2169/05). A. lebte bei der Antragsgegnerin, bis sie im Juli 2010 im Rahmen der Hilfe zur Erziehung nach § 34 SGB VIII in einer Einrichtung der Jugendhilfe untergebracht wurde. Mit Rechtswahrungsanzeige vom 15.10.2010 teilte das Amt für Soziale Dienste dem Antragsteller mit, dass A. Jugendhilfe in Gestalt einer betreuten Wohnform erhalte, für die Kosten (ohne Nebenkosten) i.H.v. täglich EUR 300,28 anfielen. Zugleich forderte es ihn auf, Auskunft über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erteilen, damit er auf dieser Grundlage - getrennt von der Antragsgegnerin - per Leistungsbescheid zu den Kosten der Jugendhilfeleistungen herangezogen werden könne. Am 26.4.2011 kehrte A. wieder in den Haushalt der Antragsgegnerin zurück.
Der Antragsteller hat mit seinem am 8.12.2010 beim Familiengericht eingereichten Antrag, den er mit der Angabe "Vorläufiger Streitwert: 500 EUR" versehen hat, geltend gemacht, er habe gegen die Antragsgegnerin einen auf § 242 BGB beruhenden Anspruch auf Erteilung von Auskunft über ihr Einkommen, weil zum einen aufgrund der Unterbringung der Tochter auch die Antragsgegnerin dieser gegenüber anteilig barunterhaltspflichtig sei und er die Auskunft zum anderen zur Berechnung seines anteiligen Kostenbeitrags gegenüber der Freien Hansestadt Bremen benötige. Der Kindesunterhaltstitel sei anzupassen, weil die Antragsgegnerin die Tochter nicht mehr betreue. Um sein Abänderungsbegehren schlüssig darlegen zu können, müsse er den Haftungsanteil der Antragsgegnerin benennen können. Hierzu sei die begehrte Auskunftserteilung erforderlich. Die Antragsgegnerin scheue aber die Darlegung ihres Einkommens, das im Vergleich zu seinem deutlich höher sei, um eine Barunterhaltspflicht zu vermeiden.
Der Antragsteller hat beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm Auskunft zu erteilen durch Vorlage einer systematischen Aufstellung über
a) ihre sämtlichen Brutto- und Nettoeinkünfte einschließlich aller Nebeneinkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit sowie aus anderer Herkunft in der Zeit von November 2009 bis inklusive Oktober 2010 und die erteilte Auskunft zu belegen durch Vorlage der Lohnsteuerkarte nebst Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2009 in Fotokopie und der Originallohnabrechnungen des Arbeitgebers für die Monate November 2009 bis inklusive Oktober 2010 sowie der Originalbescheide über im vorgenannten Zeitraum etwa bezogenes Krankengeld und etwa bezogen Arbeitslosenunterstützung;
b) ihre sämtlichen Einnahmen und Aufwendungen aus selbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung sowie aus anderer Herkunft unter Angabe der Privatentnahmen in der Zeit von November 2009 bis inklusive Oktober 2010 und die erteilte Auskunft zu belegen durch Vorlage de...