Entscheidungsstichwort (Thema)
Sicherbarkeit eines schlüssig vorgetragenen und glaubhaftgemachten künftigen Zugewinnanspruchs mittels Arrests; Anwendbares Recht bei der Auseinandersetzung von in der Türkei und in Deutschland belegenem Vermögen, wenn beide Eheleute bei der Eheschließung türkische Staatsangehörige waren und keine Rechtswahl getroffen haben
Leitsatz (amtlich)
1. Ein schlüssig vorgetragener und glaubhaft gemachter künftiger Zugewinnausgleichsanspruch ist mittels dinglichen Arrests sicherbar.
2. Waren beide Eheleute bei Eheschließung türkische Staatsangehörige und haben sie keine Rechtswahl getroffen, ist gem. Art. 15 türk. IPRG bei der Auseinandersetzung über das bewegliche sowie das in der Türkei belegene unbewegliche Vermögen türkisches Güterrecht und hinsichtlich des in Deutschland belegenen unbeweglichen Vermögens deutsches Recht anzuwenden.
Normenkette
EGBGB Art. 14 Abs. 1 Nr. 1, Art. 15 Abs. 1; BGB § 1378 Abs. 1; türk. IPRG Art. 15; türk. ZGB Art. 219 ff.; FamFG §§ 58, 119 Abs. 2, §§ 567, 916-917, 920 Abs. 2, § 294
Verfahrensgang
AG Bremerhaven (Beschluss vom 16.03.2015; Aktenzeichen 151 F 374/15) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Bremerhaven vom 16.3.2015 wie folgt abgeändert:
In Höhe eines Betrages von 58.850 EUR wird der dingliche Arrest in das Vermögen der Antragsgegnerin angeordnet. Durch die Hinterlegung eines Betrages von 58.850 EUR wird die Vollziehung des Arrestes gehemmt und die Antragsgegnerin berechtigt, die Aufhebung des Arrestes zu beantragen.
2. Von den Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller 70 % und die Antragsgegnerin 30 % zu tragen.
3. Dem Antragsteller wird im Hinblick auf seinen Verfahrenskostenhilfeantrag aufgegeben, binnen einer Woche ab Zustellung des vorliegenden Beschluss eine aktuelle Erklärung über seine persönlichen Verhältnisse samt zugehöriger Belege beim Beschwerdegericht einzureichen.
4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 73.749 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt wegen eines von ihm im Scheidungsverbundverfahren geltend gemachten Zugewinnausgleichsanspruchs i.H.v. 221.000 EUR die Anordnung des dinglichen Arrestes hinsichtlich des Vermögens seiner von ihm seit Mai 2011 getrennt lebenden Ehefrau, der Antragsgegnerin. Das Scheidungsverfahren bei dem AG Bremerhaven ist seit dem 12.8.2014 rechtshängig. Das AG - Familiengericht - Bremerhaven hat den Antrag des Antragstellers mit Beschluss vom 16.3.2015 zurückgewiesen, da es an dem erforderlichen Arrestgrund fehle. Gegen diesen Beschluss, der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 19.3.2015 zugestellt, hat der Antragsteller am 2.4.2015 beim AG Bremerhaven Beschwerde eingelegt, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Mit Beschluss vom 8.4.2015 hat das AG Bremerhaven der Beschwerde nicht abgeholfen. Nach Hinweis des Beschwerdegerichts vom 20.4.2015 hat der Antragsteller seinen Arrestanspruch hinsichtlich des beweglichen Vermögens mit einem Ausgleichsanspruch nach türkischem Recht gem. Art. 227 türk. ZGB begründet. Er behauptet nun im Schriftsatz vom 4.5.2015 einen Anspruch auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs gegen die Antragsgegnerin i.H.v. 216.246,45 EUR.
II. Die statthafte (§ 119 Abs. 2 FamFG, 567 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und hat im tenorierten Umfang Erfolg. Der Senat geht - ebenso wie das AG Bremerhaven - davon aus, dass der Verweis des § 119 Abs. 2 FamFG die in der ZPO vorgesehenen Rechtsmittel mitumfasst, weshalb hier die §§ 567 ff. ZPO und nicht die §§ 58 ff. FamFG anzuwenden sind (vgl. auch OLG Brandenburg, NZFam 2015, 373 m. Anm. Obermann).
1. Im vorliegenden Fall geht es um die Sicherung eines in einer Familienstreitsache geltend zu machenden Anspruchs gem. § 119 Abs. 1 FamFG. Nach § 119 Abs. 2 FamFG kann in derartigen Familienstreitsachen der Arrest angeordnet werden, wobei die §§ 916 ff. ZPO entsprechend gelten. Der Antragsteller hat in der Beschwerdeinstanz sowohl einen Anordnungsanspruch (§ 916 ZPO) als auch einen Anordnungsgrund (§ 917 ZPO) gem. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht.
Das AG ist gem. Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 vom 27.11.2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (EuEheVO II) international zuständig, weil beide Ehegatten im Zeitraum zwischen Zustellung des Scheidungsantrages und letzter mündlicher Verhandlung zu irgendeinem Zeitpunkt gemeinsam ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten.
Das AG - Familiengericht - Bremerhaven hat in dem angefochtenen Beschluss zu Recht bemängelt, dass der Vortrag des Antragstellers nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden sei, da seine eidesstattliche Versicherung keine eigenständige Sachdarstellung enthielt (vgl. BGH NJW 1988, 2045). Der Antragsteller hat allerdings in d...