Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachverständigenablehnung, Ortstermin in öffentlich zugänglichen Räumen einer Partei, Unterlassen des Sachverständigen, den Parteien und ihren Verfahrensbevollmächtigten den Ortstermin bekannt zu geben
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Verfahrensfehler eines Sachverständigen rechtfertigt nicht ohne weiteres die Besorgnis der Befangenheit. Erforderlich ist vielmehr, dass sich etwa durch die Art oder Häufung von Verfahrensfehlern zum Nachteil einer Partei bei einer vernünftigen und besonnenen Partei der Eindruck unsachlicher Einstellung oder willkürlichen Verhaltens des abgelehnten Sachverständigen ergibt.
2. Die Besorgnis der Befangenheit besteht deshalb nicht, wenn der Sachverständige einen Ortstermin in öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten einer Partei den Parteien und ihren Verfahrensbevollmächtigten nicht bekannt gibt und es auch sonst insoweit nicht zu einer Kontaktaufnahme während des Ortstermins gekommen ist.
Normenkette
ZPO § 42 Abs. 2, § 406 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bremen (Beschluss vom 19.09.2011; Aktenzeichen 8 OH 8/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des LG Bremen vom 19.9.2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Wert des Streitgegenstandes des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 6.166,67 festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 10.2.2010 beantragt, den Sachverständi-gen wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Begründet wurde der Antrag damit, dass der Sachverständige nach Erstellung seines Gutachtens vom 29.10.2010 mit der Antragstellerin Kontakt gehabt und anschließend von sich aus die Mengenansätze zu Frage 8 seines Gutachtens korrigiert habe, ohne dass diese Mengenansätze vorher von den Parteien beanstandet worden seien. Zudem habe der Sachverständige bei der Antragstellerin einen weiteren Ortstermin durchgeführt, ohne ihn, den Antragsgegner, dazu einzuladen oder ihn darüber zu informieren. Dieses Verhalten des Sachverstän-digen deute auf ein kollusives Zusammenwirken mit der Antragsstellerin hin, aus dem sich die Besorgnis der Befangenheit ergebe.
Durch Beschluss vom 19.9.2011 hat das LG das Befangenheitsgesuch des Antragsgegners zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 12.10.2011 sofortige Beschwerde eingelegt. Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und durch Beschluss vom 17.11.2011 die Sa-che dem OLG Bremen zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die gem. § 406 Abs. 5 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist unbegründet. Ein Ablehnungsgrund gegen den Sachverständigen i.S.v. § 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO liegt hier nicht vor. Der Senat folgt den zutreffenden Ausführun-gen des LG in dem angefochtenen Beschluss vom 19.9.2011 und dem Nichtabhilfebeschluss vom 12.10.2011.
1. Für die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit nach § 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO kommt es nicht darauf an, ob der Sachverständige tatsächlich parteilich ist oder das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Ausreichend ist bereits, dass vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus ein objektiver Grund gegeben ist, der in den Augen eines vernünftigen Menschen geeignet ist, Zweifel an der Unparteilichkeit und Objektivität des Sachverständigen zu erregen (BGH, Beschl. v. 15.4.1975 - X ZR 52/75, NJW 1975, 1363; Beschluss des OLG Bremen vom 6.7.2009 - 3 U 6/07, OLGReport Bremen 2009, 700, jeweils m.w.N.). Nach diesen Grundsätzen erweckt das vom An-tragsgegner beanstandete Verhalten des Sachverständigen nicht den Anschein der Parteilichkeit.
Der Sachverständige hat sich zu seinem Vorgehen und den Vorwürfen des Antrags-gegners in seiner Stellungnahme vom 8.3.2003 umfassend geäußert. Darin hat er dargestellt, dass der Maßstabsfehler bei den für die Gutachtenerstellung und den Mengenansätzen herangezogenen Unterlagen von ihm bemerkt worden sei, nachdem er auf Grund der nachträglich eingegangenen Bewertung der MPA [...] sein Gutachten am 18.12.2010 ergänzt habe. Daraufhin habe er das von der Antragstellerin beauftragte Architekturbüro angemailt und über den falschen Maßstab informiert. Als Reaktion darauf sei von dem Architekten ohne weiteren Kommentar die Originalzeichnung über-sandt worden. Zur Kontrolle habe er, der Sachverständige, das Aufmass vor Ort in den Räumlichkeiten der Antragstellerin überprüft. Dies sei während der allgemeinen Öff-nungszeiten der Ausstellungshalle der Antragstellerin erfolgt, ohne dass es zu einer Kontaktaufnahme mit der Antragstellerin gekommen sei. Anschließend habe er sein Gutachten mit Schreiben vom 17.1.2011 entsprechend den neu gewonnenen Er-kenntnissen korrigiert.
Der Senat hat keinerlei Anlass, diese Darstellung des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen. Auch der Antragsgegner beschränkt sich für seine Einschätzung des Sachver-haltes lediglich auf Mutmaßungen. Tatsachen, die die Angaben des Sachverständigen widerlegen, sind nicht vorgetragen. Zwar waren unter Zugrundelegung der Darstellung des Sachverständigen sowohl die Anforderung von Unter...