Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufstockungsunterhalt, Begrenzung, angemessener Bedarf. Aufstockungsunterhalt. Begrenzung. angemessener Bedarf nach neuem Unterhaltsrecht
Leitsatz (amtlich)
1. Der Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen kann auch bei einer Ehedauer von 27 Jahren gem. § 1578b I BGB n.F. der Höhe nach auf den angemessenen Bedarf zu begrenzen sein, wenn dem Unterhalt Begehrenden ehebedingte Nachteile nicht entstanden sind.
2. Der angemessene Bedarf i.S.v. § 1578b I BGB n.F. orientiert sich grundsätzlich an dem Einkommen des Unterhalt Begehrenden vor der Ehe oder dem Einkommen, das er ohne die Ehe hätte. Eine Absenkung des Unterhalts unter den gegenüber Ehegatten geltenden Selbstbehalt kommt in der Regel aber nicht in Betracht.
Normenkette
BGB n.F. § 1573 Abs. 2; BGB § 1578b Abs. 1
Verfahrensgang
AG Bremen-Blumenthal (Beschluss vom 20.12.2007; Aktenzeichen 71b F 106/06) |
Tenor
1. Dem Antragsteller wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt S. Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit er die Abänderung des Urteils des AG Bremen-Blumenthal vom 20.12.2007 dahingehend begehrt, dass er der Antragsgegnerin den nachfolgenden Unterhalt zu zahlen hat:
a) ab Rechtskraft der Scheidung bis 31.5.2011 monatlich 304 EUR Elementarunterhalt sowie 76 EUR Altersvorsorgeunterhalt, mithin insgesamt 380 EUR,
b) ab 1.6.2011 fortlaufend monatlich 140 EUR Elementarunterhalt und 32 EUR Altersvorsorgeunterhalt, mithin 172 EUR.
2. Der weitergehende Prozesskostenhilfeantrag wird zurückgewiesen.
3. Im Hinblick auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers werden monatliche Ratenzahlungen i.H.v. 225 EUR angeordnet.
Gründe
Dem Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers steht nicht entgegen, dass die innerhalb der Berufungsfrist eingereichte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom Antragsteller nicht unterschrieben war. Die für ein Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe begehrende Partei ist zwar gehalten, ein vollständiges Gesuch unter Verwendung des vollständig ausgefüllten und unterschriebenen Vordrucks einzureichen. Die fehlende Unterschrift unter der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist im vorliegenden Fall aber unschädlich, da feststeht, dass die Erklärung vom Antragsteller stammt und dass er zur Richtigkeit der dort gemachten Angaben steht (BGH NJW 1986, 62).
Die beabsichtigte Berufung des Antragstellers hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang auch Aussicht auf Erfolg.
Der Antragsteller rügt zu Recht, dass das AG das von ihm im Zeitraum August 2006 bis Juli 2007 erzielte Einkommen nicht zutreffend ermittelt habe. Denn nach den vom Antragsteller vorgelegten Verdienstabrechnungen verfügte er in dem o.g. Zeitraum unter Berücksichtigung der vermögenswirksamen Leistungen über ein Nettoeinkommen von 1.677,46 EUR. Die Vermögenswirksamen Leistungen sind entgegen dem erstinstanzlichen Urteil in Abzug zu bringen, da der Antragsteller bis zu 4 % seines Bruttoeinkommens für seine Altersvorsorge zusätzlich aufwenden darf (BGH FamRZ 2005, 1817). Von dem Nettoeinkommen des Antragstellers sind entsprechend dem Urteil des AG Fahrtkosten i.H.v. 33 EUR in Abzug zu bringen. Soweit der Antragsteller rügt, das AG habe die einfache Fahrtstrecke mit 3 km zu knapp bemessen, kann er damit nicht gehört werden; er hat nicht vorgetragen, wie lang die Fahrtstrecke tatsächlich sein soll. Etwaige Vorhaltekosten für die Nutzung eines Pkw's sind nicht zu berücksichtigen, zumal der Antragsteller entsprechende Kosten weder dem Grunde noch der Höhe nach dargetan hat.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist die monatliche Zulage für die Suchtkrankenhilfe i.H.v. 103 EUR nicht von seinem Einkommen abzuziehen, da diese Bestandteil seines Einkommens ist. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass die Zulage ausweislich seiner Verdienstabrechnungen in seinem steuerpflichtigen und sozialversicherungspflichtigen Bruttoeinkommen enthalten ist. Aufwendungen für seine Tätigkeit als Suchtkrankenhelfer hat der Antragsteller nicht substantiiert dargetan.
Der vom AG in Ansatz gebrachte Lebensversicherungsbeitrag von 62 EUR ist mangels eines entsprechenden Zahlungsnachweises nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin hat sowohl in der ersten Instanz (s. Schriftsatz vom 17.9.2007 - Bl. 112, 113) als auch im vorliegenden Verfahren bestritten, dass der Antragsteller Zahlungen auf einen Lebensversicherungsvertrag leistet.
Der Bedarfsermittlung ist somit ein anrechenbares Einkommen des Antragstellers i.H.v. (1.677,46 EUR abzgl. 33 EUR =) 1.644,46 EUR zugrunde zu legen.
Was das Einkommen der Antragsgegnerin anbelangt, rügt der Antragsteller zu Recht, dass das AG entsprechend dem Vortrag der Antragsgegnerin (unter Berücksichtigung eines Stundenlohns von 5,50 EUR brutto und einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden) lediglich ein fiktives Einkommen von 715 EUR netto angerechnet hat. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin über keine Berufsausbildung verfüg...