Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Verpflichtung eines unterhaltsberechtigten volljährigen Studenten zur Aufnahme eines sog. Bildungsdarlehens
Leitsatz (amtlich)
Einem volljährigen, nicht BAföG-berechtigten Studenten, der von seinen leistungsfähigen Eltern Unterhalt erhält, obliegt diesen gegenüber in der Regel nicht die Verpflichtung, ein sog. Bildungsdarlehen aufzunehmen. Die Rechtsprechung hinsichtlich der Verpflichtung zur Aufnahme eines BAföG-Darlehens lässt sich auf ein sog. Bildungsdarlehen nicht übertragen.
Normenkette
BGB §§ 1601, 1612
Verfahrensgang
AG Bremen (Beschluss vom 04.07.2012; Aktenzeichen 66 F 1551/11) |
Tenor
1. Die Beteiligten werden darauf hingewiesen, dass die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Bremen vom 4.7.2012 keine Aussicht auf Erfolg hat.
2. Die Antragstellerin wird vom persönlichen Erscheinen zum Verhandlungstermin des Senats am 14.9.2012 entbunden.
Gründe
I. Die am [...]1986 geborene Antragstellerin ist die Tochter des Antragsgegners. Sie hat sich nach erfolgreichem Abschluss ihres Bachelorstudiums im Frühjahr 2011 zu einem hierauf aufbauenden Masterstudium entschlossen. Dieses hat am 1.9.2011 begonnen und wird voraussichtlich im Frühjahr 2014 abgeschlossen sein. Aufgrund eines im vereinfachten Verfahren ergangenen Unterhaltstitels (Geschäfts-Nr. 59 FH 8/1999) ist der Antragsgegner dazu verpflichtet, der Antragstellerin einen Unterhalt i.H.v. 142 % des Regelbetrages der 3. Altersstufe abzgl. hälftigen Kindergeldes zu zahlen. Die Antragstellerin hat die Abänderung des Unterhaltstitels beantragt. Sie hat die Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 361,80 EUR ab 1.9.2011 zzgl. eines monatlichen Mehrbedarfs von 42,07 EUR für Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie eines einmaligen Mehrbedarfs von 956,34 EUR, die anteilige Studiengebühr für das Semester 2012/2013, begehrt. Den auf den Antragsgegner entfallenden Studiengebühranteil für das Semester 2011/2012 hat dieser im Laufe des Verfahrens beglichen, weshalb die Beteiligten das Verfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Den Anspruch auf die Studiengebühren für das laufende Semester hat der Antragsgegner (Schreiben vom 16.4.2012, Bl. 126 d.A.) anerkannt ebenso dem Grunde nach den Anspruch der Antragstellerin auf Unterhaltszahlung bis zum Abschluss ihres Masterstudiums (Bl. 20 d.A.). Er hat sich allerdings gegen die Höhe des begehrten Unterhalts gewandt, da er die Antragstellerin, die unstreitig nicht zur Inanspruchnahme von BAföG berechtigt ist, für verpflichtet hält, einen sog. Bildungskredit in Anspruch zu nehmen, für den er die Zinsen und Nebenkosten tragen will.
Das AG hat mit Beschluss vom 4.7.2012 dem Antrag der Antragstellerin in voller Höhe stattgegeben und dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens auferlegt, wobei die Kostenentscheidung sich hinsichtlich der Studiengebühren für 2011/2012 auf § 91a ZPO stützt und das AG hinsichtlich der anerkannten Studiengebühren für 2012/2013 die Anwendung des § 93 ZPO abgelehnt hat.
Gegen diesen, dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners am 10.7.2012 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 27.7.2012 eingegangenen Beschwerde. Diese stützt er insbesondere auf seine Rechtsauffassung, dass er nur einen Unterhaltsbetrag von 242 EUR monatlich zahlen müsse, weil die nach seiner Auffassung hierzu verpflichtete Antragstellerin keinen Bildungskredit i.H.v. 300 EUR monatlich aufgenommen habe und sich somit fiktiv diesen Betrag als Einkommen entgegenhalten lassen müsse. Außerdem wendet er sich gegen die Kostenentscheidung insoweit, als dass das AG den § 93 ZPO nicht angewendet hat.
Die Antragstellerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde des Antragsgegners.
II. Die Beschwerde des Antragsgegners ist statthaft (§§ 113 Abs. 1, 231 Abs. 1, 58 ff. FamFG) und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat die Beschwerde des Antragsgegners keine Aussicht auf Erfolg.
Das AG - Familiengericht - Bremen ist in dem angefochtenen Beschluss zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsgegner zur Zahlung von Barunterhalt im tenorierten Umfang verpflichtet ist und der Unterhaltstitel vom 19.10.1999 (Bl. 25 d.A.) entsprechend abzuändern war.
Die Voraussetzungen des § 238 FamFG für eine Abänderung des durch das AG Bremen im Jahre 1999 geschaffenen Unterhaltstitels (GeschäftsNr. 59 FH 8/99) liegen vor. Insbesondere durch die im Mai 2004 eingetretene Volljährigkeit der Antragstellerin und den Wegfall des Kindergeldanspruchs im Mai 2011 haben sich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die der Entscheidung aus dem Jahre 1999 zugrunde lagen, wesentlich verändert.
Der Antragsgegner ist gegenüber seinem Kind, der Antragstellerin, gem. §§ 1601, 1612 BGB unterhaltspflichtig. Das Fortbestehen dieser Unterhaltspflicht bis zum 31.7.2013 hat der Antragsgegner bereits mit Schriftsatz vom 17.5.2011 dem Grunde nach anerkannt. Er wendet sich auch jetzt, nachdem sich eine Studiendauer bis Anfang 2014 herausgestellt hat, nich...