Leitsatz (amtlich)

Veräußert ein Ehegatte nach der Trennung eigenmächtig Papiere aus einem Gemeinschaftsdepot, die während der Ehe von beiden Ehegatten erworben worden sind, ist er dem anderen Ehegatten i.H.d. Hälfte des Erlöses unter sachenrechtlichen Gesichtspunkten ausgleichspflichtig, wenn er nicht besondere Umstände darlegt und beweist, aus denen sich eine abweichende Beteiligung ergibt.

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 22.10.2003; Aktenzeichen 4 O 578/03)

 

Tenor

Der Antrag des Beklagten auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird als unbegründet zurückgewiesen.

Der Klägerin wird für die Verteidigung gegen die Berufung des Beklagten Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung der Rechtsanwältin W. in Bremerhaven gewährt.

Der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Anschlussberufung wird als unbegründet zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die vom Beklagten beantragte Prozesskostenhilfe ist zu versagen, denn seine Berufung gegen das Urteil des LG Bremen vom 22.10.2003 hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

Die Parteien erwarben mit ihnen jeweils zur Verfügung stehenden Mitteln während der Ehe Bundesschatzbriefe, die nach dem Vortrag des Beklagten in einem Gemeinschaftsdepot verwahrt wurden. Nach der Trennung veräußerte der Beklagte Papiere und erzielte einen Erlös von 20.000 DM nebst Zinsen. Das LG hat angenommen, der Klägerin stehe ein hälftiger Anteil an diesem Erlös zu. Im Ergebnis ist dies nicht zu beanstanden.

1. Allerdings geht es vorliegend entgegen der Annahme des LG nicht um eine güterrechtliche Auseinandersetzung zwischen den Parteien, sondern es wird um die Berechtigung an dem Erlös der veräußerten Bundesschatzbriefe gestritten, d.h. es handelt sich um die Vermögensauseinandersetzung hinsichtlich eines bestimmten Vermögensteils. Derartige Ansprüche können sich aus allgemeinen schuld- oder sachenrechtlichen Regelungen ergeben, die vom ehelichen Güterrecht nicht verdrängt, sondern allenfalls überlagert werden.

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auf Auskehrung des hälftigen Erlöses der Bundesschatzbriefe aus §§ 741 ff., 752, 753 Abs. 1, 1008 BGB. Es besteht ein aus sachenrechtlichen Grundsätzen herzuleitender Ausgleichsanspruch, denn die Klägerin macht die Mitberechtigung an Wertpapieren geltend und nicht lediglich schuldrechtliche Ansprüche hinsichtlich eines gemeinsamen Bankguthabens. Bundesschatzbriefe sind, obwohl es sich um unverbriefte Wertrechte handelt, wie verbriefte Wertpapiere zu behandeln (BGH v. 25.2.1997 – XI ZR 321/95, FamRZ 1997, 607). Die Rechte aus dem Papier stehen daher dessen Eigentümer zu, bei Miteigentum den Miteigentümern. Der Beklagte geht in der Berufungsbegründung selbst von einem Miteigentum der Klägerin aus. Für eine solche Annahme würde i.Ü. auch die, im Fall eines Gemeinschaftsdepots allerdings nur schwach ausgeprägte, Vermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 BGB sprechen, denn bei einem Gemeinschaftsdepot sind die Depotinhaber mittelbare Mitbesitzer (BGH v. 25.2.1997 – XI ZR 321/95, FamRZ 1997, 607). Ist zudem wie im vorliegenden Fall das Depot während der Ehe zum Bestreiten des Lebensunterhalts und für gemeinsame Anschaffungen verwendet worden, so spricht auch dies dafür, dass eine gemeinsame dingliche Berechtigung gewollt war (Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 3. Aufl., Rz. 562). Werden im Miteigentum stehende Wertpapiere von einem Ehegatten ohne Einverständnis des anderen veräußert, kann ein entspr. Ausgleichsanspruch entstehen (OLG Düsseldorf v. 21.6.1996 – 22 U 265/95, FamRZ 1998, 165, allerdings unter unzutreffender Heranziehung des § 430 BGB, richtigerweise besteht die Gemeinschaft am Erlös fort, bis sie auch insoweit nach §§ 752 ff. BGB aufgehoben ist, so BGH v. 14.3.1983 – II ZR 102/82, WM 1983, 604). Der damit dem Grunde nach gegebene Ausgleichsanspruch ist auch in der vom LG ausgeurteilten Höhe begründet. Nach § 742 BGB steht den Teilhabern eines Gemeinschaftsdepots im Zweifel der gleiche Anteil zu (BGH v. 25.2.1997 – XI ZR 321/95, FamRZ 1997, 607; Schmidt in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 741 Rz. 57). Die Darlegungs- und Beweislast für eine abweichende Quote trägt derjenige, der sich auf eine solche beruft (OLG Düsseldorf v. 21.6.1996 – 22 U 265/95, FamRZ 1998, 165; Schmidt in MünchKomm/BGB, § 742 Rz. 7). Umstände, die für eine solche Abweichung vom Regelfall sprechen, lassen sich nicht feststellen. Für seine Behauptung, es sei eine entsprechende ausdrückliche Vereinbarung im Hinblick auf den unbezahlten Sonderurlaub der Klägerin getroffen worden, bietet der Beklagte keinen Beweis an. Entgegen seiner Ansicht ist die Herkunft der Mittel für die Anschaffung der Wertpapiere auch nicht allein entscheidend (dazu OLG Düsseldorf v. 21.6.1996 – 22 U 265/95, FamRZ 1998, 165). Von Bedeutung ist vielmehr, dass die Parteien vor der Trennung erzielte Erlöse unstr. hälftig geteilt haben. Diese Handhabung macht deutlich, dass sie der geringfügig un...

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