Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfe: Voraussetzungen der Beschwerde des Bezirksrevisors
Leitsatz (amtlich)
1. Gegen die Entscheidung des Gerichts, Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, kann die Staatskasse gemäß § 127 Abs. 3 S. 1 ZPO nur Beschwerde einlegen, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge bei der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe festgesetzt worden sind.
2. Die Staatskasse kann ihre sofortige Beschwerde gemäß § 127 Abs. 3 S. 2 ZPO nur darauf stützen, dass der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. Ein Antrag auf Aufhebung der Verfahrenskostenhilfebewilligung ist unzulässig.
3. Die Staatskasse kann aber mit ihrer Beschwerde begehren, eine Zahlung aus dem Vermögen des Antragstellers in der Höhe anzuordnen, die den angefallenen Gerichts- und Anwaltskosten entspricht.
Normenkette
ZPO § 127 Abs. 3-4, §§ 122, 120 Abs. 1, § 115 Abs. 3; FamFG § 113 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Bremen (Beschluss vom 22.06.2016; Aktenzeichen 63 F 5102/15) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Bremen vom 22.6.2016 dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegner auf die Verfahrenskosten einmalig einen Betrag von 1.942,78 EUR zu zahlen hat.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
I. Mit Beschluss vom 22.6.2016 hat das AG - Familiengericht - Bremen dem Antragsgegner für das vorliegende, auf rückständigen und laufenden Kindesunterhalt für seine beiden Töchter gerichtete Verfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten bewilligt. Diese Entscheidung ist der Bezirksrevisorin beim Hanseatischen Oberlandesgericht in Bremen am 12.8.2016 zugegangen. Die Bezirksrevisorin hat mit Schreiben vom 19.8.2016, das dem Antragsgegner mit Schreiben vom 26.8.2016 zur Stellungnahme übersandt worden ist, gegen die ratenfreie Verfahrenskostenhilfebewilligung sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, dem Antragsgegner eine Einmalzahlung in Höhe der "Prozesskosten" aufzuerlegen. Das AG - Familiengericht - Bremen hat der Beschwerde mit Beschluss vom 13.10.2016 nicht abgeholfen.
II. Die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin als Vertreterin der Staatskasse ist gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 3 ZPO zulässig. Sie ist auch begründet und führt zu der antragsgemäßen Entscheidung wie tenoriert.
1. Gegen die Entscheidung des Gerichts, Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, kann die Staatskasse nur eingeschränkt sofortige Beschwerde einlegen. Eine Beschwerde der Staatskasse ist gemäß § 127 Abs. 3 S. 1 ZPO nur statthaft, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge bei der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe festgesetzt worden sind. Die Staatskasse kann ihre sofortige Beschwerde dann gemäß § 127 Abs. 3 S. 2 ZPO nur darauf stützen, dass der Beteiligte nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. Dieses eingeschränkte Beschwerderecht soll die Staatskasse im Interesse der Haushaltsmittel der Länder in die Lage versetzen, zu Unrecht unterbliebene Zahlungsanordnungen nach § 120 ZPO nachträglich zu erreichen. Demnach sind Beschwerdeanträge zulässig, die darauf gerichtet sind, dem Antragsteller die Leistung von Zahlungen auf die Kosten der Verfahrensführung aufzuerlegen (BGH, NJW-RR 2010, 494). Ziel einer Beschwerde der Staatskasse darf es hingegen nicht sein, die Versagung der Verfahrenskostenhilfe an sich zu erreichen (vgl. BGHZ 119, 372; BGH, NJW-RR 2010, 494; BGH, FamRZ 2013, 123; a.A. OLG Celle, FamRZ 2012, 808). Die Staatskasse kann allerdings mit ihrer Beschwerde begehren, eine Zahlung aus dem Vermögen des Antragstellers in der Höhe anzuordnen, die den angefallenen Gerichts- und Anwaltskosten entspricht. Ein derartiger Antrag steht laut BGH nicht mit dem unzulässigen Begehren auf Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe gleich. Denn selbst bei einer Zahlungsanordnung in der beantragten Höhe bliebe die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe bestehen und somit blieben auch ihre in den § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 122 ZPO geregelten Wirkungen unberührt (vgl. BGH, FamRZ 2013, 123).
Vor dem Hintergrund der vorstehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ist im vorliegenden Fall die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin statthaft, da der amtsgerichtliche Beschluss vom 22.6.2016 eine Verfahrenskostenhilfebewilligung ohne Ratenzahlung bzw. Zahlung aus dem Vermögen ausspricht. Es ist auch nichts gegen den Antrag der Bezirksrevisorin, dem Antragsgegner eine Einmalzahlung in Höhe der "Prozesskosten" aufzuerlegen, einzuwenden. Die sofortige Beschwerde ist zudem form- und fristgerecht eingelegt worden und somit zulässig.
2. Die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin ist auch begründet. Dem Antragsgegner ist es zumutbar, Zahlungen auf die Verfahrenskosten aus seinem Vermögen zu leisten (§ 115 Abs. 3 ZPO), weshalb eine dahingehende Zahlungsanordnun...