Leitsatz (amtlich)

Voraussetzung sowohl für die Erteilung als auch für die Verlängerung der familiengerichtlichen Genehmigung einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Unterbringung eines Minderjährigen ist jeweils ein entsprechender Antrag des bzw. der Sorgeberechtigten.

 

Verfahrensgang

AG Bremerhaven (Beschluss vom 20.12.2012)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Bremerhaven vom 20.12.2012 aufgehoben.

Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Verfahrenswert wird auf EUR 1.500 festgesetzt.

 

Gründe

I. Der am [...]1996 geborene Betroffene ist auf Veranlassung Angehöriger aufgrund massiver psychischer Auffälligkeiten am 6.12.2012 durch Polizei- und Rettungskräfte zur stationären Aufnahme in die Kinder- und Jugendpsychiatrie des Klinikums B. verbracht worden. Nach Aktenlage leben seine gemeinsam sorgeberechtigten Eltern getrennt.

Am 7.12.2012 hat die Kindesmutter beim Familiengericht beantragt, die geschlossene Unterbringung des Betroffenen in der Klinik zu genehmigen. Zugleich hat sie versichert, die Antragstellung erfolge im Einvernehmen mit dem Kindesvater. Dieser werde eine Vollmacht zur Akte reichen.

Nach persönlicher Anhörung des Betroffenen hat das Familiengericht mit Beschluss vom 7.12.2012 im Wege einstweiliger Anordnung die vorläufige Unterbringung des Betroffenen bis längstens 21.12.2012 gem. § 1631b BGB unter Bezugnahme auf das ärztliche Zeugnis der Dr. med. I. und der Dipl.-Psych. S. vom 6.12.2012, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, genehmigt.

Am 19.12.2012 übermittelte die Klinik dem Familiengericht ein fachärztliches Zeugnis der Dr. med. L. und der Dipl.-Psych. S. vom 19.12.2012, in dem auf die aus Sicht der Klinik bestehende Notwendigkeit zur Fortsetzung der stationären Behandlung des Betroffenen auch gegen dessen Willen zur Abwendung akuter Selbst- und Fremdgefährdung bei vorliegender psychotischer Symptomatik für mindestens sechs Wochen hingewiesen wird.

Daraufhin hat das Familiengericht den Betroffenen am 20.12.2012 erneut persönlich angehört und mit Beschluss vom selben Tag die Genehmigung zur vorläufigen Unterbringung bis längstens 30.1.2013 verlängert. Gegen diesen Beschluss, der dem Betroffenen am 21.12.2012 zugestellt worden ist, richtet sich die von dem Verfahrensbeistand namens und in Vollmacht des Betroffenen eingelegte Beschwerde, mit der er geltend macht, dass eine ambulante Behandlung ausreichend sei.

II. Die gem. § 58 Abs. 1 FamFG zulässige (vgl. Keidel/Giers, FamFG, 17. Aufl., § 57 Rz. 6a m.w.N.), insbesondere fristgerecht eingelegte (§ 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) Beschwerde des Betroffenen ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Voraussetzung für die Erteilung einer familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1631b BGB ist ein Antrag der Aufenthaltsbestimmungsberechtigten (vgl. Huber in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2012, § 1631b Rz. 19; Erman/Michalsky/Döll, BGB, 13. Aufl. 2011, § 1631b Rz. 16; jurisPK-BGB/Hamdan, 6. Aufl. 2012, § 1631b Rz. 24; Eckebrecht/Schael, Verfahrenshandbuch Familiensachen, 2. Aufl. 2010, § 2 Rz. 178; a.A. Musielak/Borth, FamFG, 3. Aufl. 2012, § 167 Rz. 2). Insofern ist schon hinsichtlich des unangefochtenen Ausgangsbeschlusses des Familiengerichts vom 7.12.2012 zweifelhaft, ob überhaupt ein ordnungsgemäßer Antrag vorgelegen hat. Steht - wie hier - den Eltern das Sorgerecht gemeinsam zu, können sie auch die Genehmigung für die von ihnen beabsichtigte Unterbringung gem. § 1631b BGB nur gemeinsam beantragen (vgl. jurisPK-BGB/Hamdan, a.a.O.). Ob im vorliegenden Fall ein gemeinsamer Antrag der Kindeseltern vorgelegen hat, lässt sich nach Aktenlage nicht feststellen. Die von der Kindesmutter bei Antragstellung avisierte Vollmacht des Kindesvaters liegt nicht vor. Soweit ersichtlich, ist dieser vom Familiengericht am Verfahren auch nicht beteiligt worden. Insbesondere sind sowohl der Beschluss vom 7.12.2012 als auch der angefochtene Beschluss vom 20.12.2012 anscheinend lediglich der Kindesmutter zugestellt worden (vgl. Bl. 35, 49). Auch ist die Anschrift des Kindesvaters - aufgrund des Getrenntlebens der Kindeseltern ist nicht anzunehmen, dass auch der Kindesvater unter der Anschrift der Kindesmutter wohnt - der Akte nicht zu entnehmen.

Unabhängig davon liegt jedenfalls kein Antrag der Kindeseltern auf Verlängerung der mit Beschluss vom 7.12.2012 erteilten Genehmigung vor, der als Grundlage des angefochtenen Beschlusses in Betracht kommen könnte. Ebenso wie für die Erteilung der Genehmigung bedarf es jedoch auch für deren Verlängerung durch das Familiengericht eines Antrags der Inhaber des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Dies folgt schon daraus, dass eine Verlängerung der Genehmigung unzulässig ist, wenn der Sorgeberechtigte die Unterbringung nicht mehr will (vgl. OLG Naumburg FamRZ 2009, 431). Hier hat das Familiengericht den angefochtenen Beschluss nicht nur ohne Antrag der Kindeseltern, sondern - soweit ersichtlich - auch ohne Anhörung der K...

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