Verfahrensgang
AG Bremerhaven (Entscheidung vom 07.06.2007) |
Tenor
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil der Kleinen Strafkammer bei dem Amtsgericht Bremerhaven vom 07.06.2007 mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts Bremen zurückverwiesen.
Gründe
Am 28 04.2005 ist gegen die Angeklagte durch das Amtsgericht Bremerhaven ein Strafbefehl ergangen; durch den sie wegen einer falschen Versicherung an Eides statt zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 50 EUR verurteilt wurde. Hiergegen hat die anwaltlich vertretene Angeklagte fristgerecht Einspruch eingelegt.
In der daraufhin anberaumten Hauptverhandlung vom 16.06.2005 ist die Angeklagte wegen falscher Versicherung an Eides statt zu der bereits im Strafbefehl festgesetzten Geldstrafe verurteilt worden. Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte fristgerecht Berufung eingelegt.
Die Kleine Strafkammer bei dem Amtsgericht Bremerhaven hat am 28.03.2007 Termin zur Berufungshauptverhandlung für den 07.06.2007 anberaumt und zu diesem sowohl die Angeklagte als auch ihre Verteidigerin ordnungsgemäß geladen. In der Berufungshauptverhandlung ist die Angeklagte nicht erschienen. Ihre anwesende Verteidigerin hat ausweislich des Sitzungsprotokolls keine Auskunft über den Verbleib der Angeklagten geben können. Die Staatsanwaltschaft hat die Verwerfung der Berufung beantragt. Die Verteidigerin hat keinen Antrag gestellt. Sodann hat die Kleine Strafkammer bei dem Amtsgericht Bremerhaven das nun mit der Revision angegriffene Verwerfungsurteil erlassen. In den Gründen hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Angeklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt nicht erschienen sei, obwohl sie auf die Folgen ihres Ausbleibens im Termin hingewiesen worden sei. Ihre Berufung sei deshalb nach § 329 StPO zu verwerfen.
Das Urteil ist der Angeklagten am 05.07 2007 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Revision ist am 12.07.2007 bei Gericht eingegangen und mit Schriftsatz vom 02.08.2007; eingegangen bei Gericht am 03.08.2007, begründet worden.
Die Angeklagte erhebt die Verfahrensrüge: die Regelung des § 411 Abs. 2 StPO sei verletzt worden, da ihre Berufung trotz Anwesenheit der zu ihrer Vertretung berechtigten und gewillten Verteidigerin verworfen worden sei. Sie beantragt daher; die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bremen zurückzuverweisen.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt,
die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
Die statthafte (§ 333 StPO), form- und fristgerecht eingelegte (§ 341 StPO) und begründete (§ 344 StPO) Revision der Angeklagten führt aufgrund der Verfahrensrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache.
Entgegen der von der Generalstaatsanwaltschaft vertretenen Auffassung genügt die Begründung der Verfahrensrüge den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO. Denn der Inbegriff der Revisionsrechtfertigung lässt den Schluss zu, dass eine Vertretung der Angeklagten in der Berufungshauptverhandlung vom 07.08.2007 durch die Verteidigerin gewollt war und auch keine Anhaltpunkte vorlagen, aufgrund derer der Vorsitzende der Kleinen Strafkammer ohne Nachfrage bei der Verteidigerin vom Gegenteil hätte ausgehen dürfen.
Die Revision erweist sich auch als begründet. Ein Verwerfungsurteil hätte am 07.06.2007 nicht ergehen dürfen. da die Voraussetzungen des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO nicht vorlagen. Denn die Angeklagte war in der Berufungshauptverhandlung durch ihre Verteidigerin vertreten.
Aufgrund des § 411 Abs. 2 S. 1 StPO, der nach Erfass eines Strafbefehls im gesamten. folgenden Verfahren und somit auch in der Berufungshauptverhandlung Anwendung findet (OLG Dresden, Beschluss vom 24_02.2005; StV 2005, 492: OLG Cello, Urteil vom 14.10.1969, NJW 1970, 906; Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl_, § 411 Rn. 4 m.w.N.), hätte die Berufungshauptverhandlung ohne die Angeklagte durchgeführt werden können.
Denn ihre Verteidigerin, die ausweislich der schriftlichen Vollmacht vom 17.09.2004 auch zur Vertretung der Angeklagten nach § 411 Abs. 2 StPO berechtigt war, war laut Sitzungsprotokoll zur Hauptverhandlung über die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgericht vom 16.06.2005 erschienen. Da § 411 Abs. 2 StPO die Vertretung des Angeklagten ohne Einschränkung zulässt, stünde selbst eine Anordnung des persönlichen Erscheinens der Angeklagten in der Hauptverhandlung ihrer Vertretung durch die Verteidigerin nicht entgegen (vgl. OLG Celle, a.a.0.; BayObLG, Beschluss vom 31.10.1977, MDR 1978, 510; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.12.1983, StV 1985. 52).
Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die vertretungsberechtigte Verteidigerin Erklärungen abgegeben hat, die den Schluss zugelassen hätten, sie sei außer Stand oder nicht gewillt, die Angeklagte in der...