Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebührenansprüche des Verteidigers bei verbundenen Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Eine Terminsgebühr für ein erst im Hauptverhandlungstermin eröffnetes und hinzuverbundenes Verfahren entsteht nur, wenn vor der Verbindung eine Hauptverhandlung in dieser Sache stattgefunden hat. Erörterungen vor Verkündung des Eröffnungsbeschlusses sind solche nach § 202a StPO und lösen keine Terminsgebühr des Verteidigers aus
Normenkette
StPO § 202a; RVG-VV Nr. 4108
Verfahrensgang
AG Bremen (Beschluss vom 09.10.2012; Aktenzeichen 5 Qs 306/12 zu 101 Ds 406 Js 1368/12) |
Tenor
Die weitere Beschwerde des Verteidigers gegen den Beschluss der Strafkammer 5 des LG Bremen vom 9.10.2012 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Das Verfahren der weiteren Beschwerde betrifft die Terminsgebühr des Pflichtverteidigers für ein in der Hauptverhandlung eröffnetes und hinzuverbundenes weiteres Verfahren.
Mit Beschluss vom 15.3.2012 hatte das AG - Jugendgericht - mehrere gegen den jugendlichen Angeklagten laufende Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden sowie die jeweiligen Anklagen der Staatsanwaltschaft Bremen zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Termin zur Hauptverhandlung wurde sodann auf den 23.4.2012 bestimmt. Unter dem 13.4.2012 wurde dem Angeklagten Rechtsanwalt Deutscher als Pflichtverteidiger gem. § 140 Abs. 2 StPO beigeordnet.
Im Hauptverhandlungstermin vom 23.4.2012 gab der Vorsitzende nach Aufruf der Sache und Feststellung der Erschienenen bekannt, dass ein weiteres Verfahren zum Aktenzeichen 101 Ds 406 Js 7895/12 bei Gericht anhängig sei. Dieses Verfahren war erst kurz vor dem 23.4.2012 übersandt worden, eine Zustellung der Anklage noch nicht erfolgt. Im Hauptverhandlungstermin wurde dem Angeklagten, dem Verteidiger und der Mutter des Angeklagten eine Anklageschrift an Zustellung statt ausgehändigt.
Anschließend wurde die Hauptverhandlung zum Zwecke eines Rechtsgesprächs unterbrochen. Nach Fortsetzung der Hauptverhandlung erklärte der Verteidiger nach Rücksprache mit seinem Mandanten und dessen Mutter sein Einverständnis damit, dass das Verfahren 101 Ds 406 Js 7895/12 an diesem Tage mitverhandelt werde und verzichtete insoweit auf die Einhaltung sämtlicher Fristen. Nach Verhandlung zur Sache in den bereits verbundenen Verfahren - das führende Verfahren 101 Ds 406 Js 1368/12 sowie ein weiteres verbundenes Verfahren waren in der Hauptverhandlung gem. § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden - verkündete der Vorsitzende sodann den Beschluss, dass die Verfahren 101 Ds 406 Js 1368/12 und 101 Ds 406 Js 7895/12 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden, die Anklage der Staatsanwaltschaft Bremen im Verfahren 406 Js 7895/12 zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet würden. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass sich die kostenrechtlichen Folgen der Beiordnung des Verteidigers auch auf das nun hinzu verbundene Verfahren 101 Ds 406 Js 7895/12 bezögen. Das noch im Termin verkündete Urteil ist seit dem 1.5.2012 rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 24.4.2012 beantragte Rechtsanwalt [...] die Festsetzung seiner Pflichtverteidigervergütung. Dabei machte er für das im Hauptverhandlungstermin vom 23.4.2012 hinzuverbundene Verfahren 101 Ds 406 Js 7895/12 neben der Grund- und Verfahrensgebühr eine Terminsgebühr gem. Nr. 4108 RVG-VV geltend.
Im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14.6.2012 setzte die Kostenbeamtin die Terminsgebühr in dem Verbundverfahren 101 Ds 406 Js 7895/12 zzgl. der darauf anfallenden Umsatzsteuer ab. Dagegen wendete sich der Verteidiger mit seiner am 18.6.2012 eingelegten Erinnerung. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, dass die Sache vor der Verbindung - zumindest konkludent - aufgerufen worden sei und damit eine Verhandlung stattgefunden habe. Durch den erklärten Verzicht von Ladungsfristen habe er auch eine Tätigkeit in der insoweit durchgeführten Hauptverhandlung entfaltet, so dass nach seiner Auffassung die Terminsgebühr angefallen sei. Nachdem die Kostenbeamtin der Erinnerung nicht abgeholfen hatte, wies das AG - Jugendgericht - Bremen die Erinnerung mit Beschluss vom 9.7.2012 ab. Hiergegen legte der Verteidiger fristgerecht Beschwerde ein, die vom LG Bremen mit Beschluss vom 9.10.2012 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Gleichzeitig ließ es die weitere Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zu.
II. Die gem. §§ 56 Abs. 2 S. 2, 33 Abs. 6 S. 1 RVG statthafte weitere Beschwerde ist zulässig. In der Sache konnte sie keinen Erfolg haben.
1. Die weitere Beschwerde ist nach der verbindlichen Zulassungsentscheidung der Strafkammer 5 des LG Bremen statthaft (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 6 S. 4 i.V.m. Abs. 4 S. 4 RVG). Für die Entscheidung über die weitere Beschwerde ist gem. §§ 56 Abs. 2 S. 2, 33 Abs. 8 RVG i.V.m. § 122 Abs. 1 GVG das OLG in der Senatsbesetzung zuständig. Die weitere Beschwerde, die innerhalb von zwe...