Leitsatz (amtlich)
Weigert sich der im europäischen Ausland lebende, als Vater in Betracht kommende Mann bei einem Abstammungsgutachten mitzuwirken, ist für die Frage, ob er zur Duldung der hierfür notwendigen Untersuchung verpflichtet ist, deutsches Prozessrecht und damit § 372a Abs. 1 ZPO maßgeblich. Ob eine unberechtigte Verweigerung der Untersuchung im Wege der Rechtshilfe zwangsweise durchgesetzt werden kann, richtet sich hingegen nach dem Recht des ersuchten Staates (Art. 13 der Verordnung [EG] Nr. 1206/2001 des Rates vom 28.5.2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen).
Normenkette
ZPO § 372a; EG-VO 1206/01 Art. 13; BGB § 1600d
Verfahrensgang
AG Bremen (Urteil vom 26.09.2008; Aktenzeichen 69 F 2900/06) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 19.10.2008 gegen das Zwischenurteil des AG - FamG - Bremen vom 26.9.2008 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000 EUR festgesetzt (§ 48 III GKG).
3. Der Nebenintervenientin wird zur Einreichung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Nachweisen eine Frist bis zum 6.2.2009 gesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt die Feststellung der Vaterschaft des Beklagten und die Zahlung von Unterhalt.
Mit Beschluss vom 29.8.2007 (Bl. 83a d.A.) hat das AG - FamG - Bremen die Einholung eines schriftlichen DNA-Abstammungsgutachtens angeordnet, nachdem der Beklagte bestritten hat, Erzeuger der Klägerin zu sein. Der Beklagte hat die Mitwirkung an der Erstellung des Gutachtens verweigert. Daraufhin hat das AG durch Zwischenurteil vom 26.9.2008 (Bl. 248d. A) entschieden, dass er zur Verweigerung nicht berechtigt ist. Gegen diese dem Beklagten am 6.10.2008 (Bl. 250 d.A.) zugestellte Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der am 20.10.2008 eingegangenen sofortigen Beschwerde (Bl. 258 ff. d.A.). Zur Begründung führt er an, er sei nicht verpflichtet, an einer Beweisaufnahme teilzunehmen, die ihn dem Risiko der Aufdeckung einer außerehelichen Beziehung aussetze und damit nicht nur seine Familie, sondern auch seine berufliche Position gefährde. Außerdem sei die Begutachtung für ihn auch mit einem finanziellen Risiko verbunden, da diese zu Unterhaltsverpflichtungen seinerseits führen könne.
II. Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist zulässig (§ 387 Abs. 3 ZPO), sie ist aber nicht begründet.
Der Beklagte unterliegt ungeachtet seiner italienischen Staatsangehörigkeit und seines Aufenthalts in Belgien im vorliegenden Rechtsstreit deutschem Prozessrecht als der lex fori (BGH NJW 1986, 2371, 2372 Zöller/Geimer, ZPO, 27. Aufl., IZPR, Rz. 1; Decker, IPRAX 2004, 229). Somit ist er verpflichtet, unter den Voraussetzungen des § 372a Abs. 1 ZPO die zur Feststellung der Abstammung erforderlichen Untersuchungen (hier: Entnahme einer Speichelprobe) zu dulden. Die Weigerung des Beklagten wäre danach nur dann begründet, wenn wegen der Art der Untersuchung nicht zugemutet werden könnte. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Gegen die Art der Untersuchung (Entnahme einer Speichelprobe) wendet sich der Beklagte ersichtlich nicht. Auch nach dem möglichen Ergebnis der Begutachtung ist dem Beklagten die Untersuchung zuzumuten. Nach er in Rechtsprechung und Literatur einhellig vertretenen Auffassung, der sich der Senat anschließt, ist die Feststellung der Abstammung nicht schon deshalb unzumutbar, weil ihr Ergebnis zu ehelichen Konflikten und zur Störung des Familienlebens führen kann (s. Münch/Komm/Zimmermann, ZPO, 3. Aufl., § 372a Rz. 15; Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Aufl., 372a Rz. 10 jeweils mit Rsprhinw.). Im Übrigen ist kaum anzunehmen, dass durch die angeordnete Untersuchung das Familienleben des Beklagten gestört oder gar seine Ehe gefährdet werden kann. Wie sich aus dem Akteninhalt ergibt, ist der Ehefrau des Beklagten offensichtlich längst bekannt, dass der Beklagte mit der Mutter der Klägerin eine außereheliche Beziehung unterhalten hat. Soweit der Beklagte seine berufliche Situation gefährdet sieht, berechtigt ihn dies ebenfalls nicht, seine Mitwirkung an der Begutachtung zu verweigern. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit dem Beklagten berufliche Nachteile entstehen sollten, falls die Begutachtung ergibt, dass er der Erzeuger der Klägerin ist. Auch der Umstand, dass die Abstammungsuntersuchung eine Unterhaltsverpflichtung des Beklagten zur Folge haben kann, macht die Feststellung der Abstammung nicht unzumutbar (s. Münch/Komm/Zimmermann, a.a.O.; Stein/Jonas/Berger, a.a.O., § 372a Rz. 10; s. auch Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 372a Rz. 11a).
Die vom Beklagten geltend gemachten Verweigerungsgründe haben hinter dem aus Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG hergeleiteten Recht der Klägerin auf Kenntnis und damit verbunden auch auf Klärung und Feststellung der Abstammung (vgl. BVerfG FamRZ 2007, 441 [442]) zurückzutreten. Das von der Verfassung geschützte Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung betrifft nic...