Tenor

Die Gegenvorstellung vom 24.2.2006 wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt mit ihrer Gegenvorstellung die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Restitutionsklage.

Ihren Prozesskostenhilfeantrag hat der Senat mit Beschluss vom 2.2.2006 zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschlussbegründung verwiesen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Gegenvorstellung rügt die Antragstellerin insb., der Senat habe die Auswirkungen des "Görgülü-Beschlusses" des BVerfG (BVerfG v. 14.10.2004 - 2 BvR 1481/01, FamRZ 2004, 1857) nicht hinreichend berücksichtigt.

II. Die Gegenvorstellung ist unstatthaft. Überdies könnte die Antragstellerin mit ihr die begehrte Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohnehin nicht erreichen. Denn die Antragstellerin ist nicht (mehr) prozesskostenarm i.S.d. § 115 ZPO; zudem gäbe die Gegenvorstellung dem Senat auch keinen Anlass, in der Sache anders zu entscheiden.

1. Es fehlt bereits an der Zulässigkeit der Gegenvorstellung. Die Antragstellerin hat weder die Verletzung eines Verfahrensgrundrechts noch das Vorliegen einer greifbar gesetzwidrigen Entscheidung gerügt.

In Rechtsprechung und Literatur wird die Gegenvorstellung auch nach der Entscheidung des BVerfG, wonach die außerhalb des geschriebenen Rechts geschaffenen außerordentlichen Rechtsbehelfe nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit genügen (BVerfG v. 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02, MDR 2003, 886 = NJW 2003, 1924 [1928]) - anders als die außerordentliche Beschwerde - noch immer anerkannt. Allerdings setzt die Zulässigkeit einer Gegenvorstellung nach herrschender Auffassung, der der Senat folgt, voraus, dass mit ihr eine Verletzung von Verfahrensgrundrechten beziehungsweise das Vorliegen einer greifbar gesetzwidrigen Entscheidung gerügt wird, die also jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist (BGH v. 19.5.2004 - IXa ZB 182/03, BGHReport 2004, 1306 = MDR 2004, 1254 = NJW 2004, 2529; v. 23.7.2003 - XII ZB 91/03, BGHReport 2003, 1367 = MDR 2003, 1432 = NJW 2003, 3137; v. 7.3.2002 - IX ZB 11/02, BGHReport 2002, 431 m. Anm. Gummer = MDR 2002, 901 = NJW 2002, 1577; v. 10.12.2003 - IV ZB 35/03, BGHReport 2004, 475 = FamRZ 2004, 437; BFH v. 13.10.2005 - IV S 10/05, BFHReport 2005, 1140 = NJW 2006, 861; BeckRS 2005 25008574; v. 5.12.2002 - IV B 190/02, NJW 2003, 919 [920]; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 27. Aufl., Vorbem. § 567 Rz. 14; Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 567 Rz. 22 ff.; für eine weiter gehende Anwendung: vgl. etwa BSG v. 28.7.2005 - B 13 RJ 178/05 B, NJW 2006, 860; Wieczorek/Schütze/Peters/Jänich, ZPO und Nebengesetze, 3. Aufl., Vor § 567 Rz. 21; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 63. Aufl., Grundz. § 567 Rz. 6). Dies gilt auch dann, wenn mit der Gegenvorstellung - wie hier - ein Prozesskostenhilfe ablehnender Beschluss angegriffen wird (OLG Bremen, Beschl. v. 11.2005 - 4 WF 82/05; Musielak/Fischer, ZPO, 4. Aufl., § 127 Rz. 26).

Die Antragstellerin hat jedoch weder dargetan, durch den angegriffenen Beschluss in ihren Verfahrensgrundrechten verletzt zu sein, noch ausgeführt, dass es sich bei dem angegriffenen Beschluss um eine greifbar gesetzwidrige Entscheidung handelt.

2. Überdies scheiterte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe an den Vorgaben des § 115 ZPO, weil die Antragstellerin vermögend und es ihr zumutbar ist, ihr Vermögen für das beabsichtigte Verfahren einzusetzen.

Die Antragstellerin hat in ihrer Gegenvorstellung dargetan, nunmehr die durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EuGHMR) ausgeurteilten Beträge erhalten zu haben. Dabei handelt es sich um einen Betrag von 75.000 EUR für den immateriellen Schaden zzgl. 18.315 EUR für Kosten und Auslagen (EuGHMR NJW-RR 2006, 318 f., Ziff. 178, 182 f.). Letztgenannte Summe ist für die Begleichung der von der Antragstellerin in ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 29.9.2005 als noch nicht bezahlt deklarierten - teilweise nicht belegten - Verfahrenskosten einzusetzen und dafür auch ausreichend. Zur näheren Erläuterung wird auf die diesem Beschluss beigefügte - nur für die Antragstellerin bestimmte - Anlage verwiesen. Es verbleibt der Betrag von 75.000 EUR.

Nach § 115 Abs. 3 S. 1 ZPO hat die Partei ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Gemäß S. 2 gilt § 90 SGB XII entsprechend, der Bestimmungen über das einzusetzende Vermögen enthält.

a) In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob Schmerzensgeld im Rahmen des § 115 Abs. 3 ZPO (vormals § 115 Abs. 2 ZPO) als Vermögen zu berücksichtigen ist. Zwar hat der EuGHMR der Antragstellerin nicht ausdrücklich ein Schmerzensgeld, sondern eine "gerechte Entschädigung" i.S.d. Art. 41 EMRK zugesprochen. Da sich aus der Begründung seiner Entscheidung ergibt, dass er den Betrag von 75.000 EUR für den immateriellen Schaden der Antragstellerin zuerkannt hat, kann aber auf die Ausführungen der Rechtsprechung und Literatur zur Berücksichtigung des Schmerzensgeldes zurückgegriffen werden.

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