Tenor

Auf ihren Antrag wird der Vergabestelle der weitere Fortgang des Vergabeverfahrens und der Zuschlag gestattet.

 

Tatbestand

I.

Die Vergabestelle schrieb im Februar 2000 das Vorhaben zur Grunderneuerung der Bundesautobahn …, Richtungsfahrbahn …, von km 62,400 bis km 70,700, nach vorheriger Ankündigung im offenen Verfahren europaweit aus. Das Leistungsverzeichnis der Auftraggeberin enthält in der Baubeschreibung zum Bereich 2 – Brückenbau unter Ziff. 3.4 Hinweise zu den „Beschichtungsarbeiten an Kappen und Gesimsen”. Darin heißt es u.a.:

„Es dürfen nur OS-Systeme verwendet werden, die die Grundprüfung nach den Technischen Lieferbedingungen für Oberflächenschutzsysteme (TL-OS, Ausgabe 1990) bestanden haben und für die eine von der BASt anerkannte Ausführungsanweisung vorhanden ist. Bei Angebotsabgabe ist das angebotene OS-System namentlich zu benennen mit einer Erklärung des Stoffherstellers, in der die Übereinstimmung des angebotenen OS-Systems mit dem grundgeprüften System bescheinigt wird. Andernfalls wird das Angebot insgesamt von der Wertung ausgeschlossen.”

Die Antragstellerin legte als einzige Bieterin mit ihrem Angebot den danach geforderten Nachweis vor.

Gem. Ziff. 5.1.1. dieser Baubeschreibung sollten die Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen für Kunstbauten (ZTV-K) Ausgabe 1996 gelten.

Die eingegangenen sechs Angebote wurden am 14. März 2000 eröffnet. Nach dem Submissionsergebnis war die Beigeladene zu 1) günstigste Bieterin.

Mit Schreiben vom 28.3.2000 erhob die Antragstellerin, die zweitgünstigste Bieterin, gegenüber der Vergabestelle Bedenken gegen eine Zuschlagserteilung an die Beigeladene zu 1), weil nach ihrer Einschätzung ein Leistungsanteil von mehr als 50 % nicht von der Beigeladenen zu 1) selbst, sondern von Nachunternehmern erbracht werden sollte. Dies müsse unter Berücksichtigung von § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A zum Wertungsausschluß führen. Die Beigeladene zu 1) hatte ihrem Angebot eine „Liste der Subunternehmer” beigefügt. Wegen des von ihr vorgesehenen Einsatzes von Nachunternehmern führte die Vergabestelle mit dieser Bieterin am 4.4.2000 ein Aufklärungsgespräch. Mit Schreiben vom 5.4.2000 reichte die Beigeladene zu 1) eine neue Nachunternehmerliste ein. Darin war hinsichtlich der Betonfahrbahnarbeiten eine Auswechselung des Subunternehmers vorgenommen worden. Am 6.4.2000 übermittelte die Vergabestelle dem Bundesverkehrsministerium einen Vergabevorschlag zur Vergabe des Auftrages an die Beigeladene zu 1).

Die Antragstellerin stellte am 18.4.2000 den Antrag auf Einleitung des Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabekammer. Darin hat sie gerügt, die Beigeladene zu 1) wolle einen wesentlichen Teil ihrer Leistung, nämlich Betondecken und Verfestigung sowie weitere wesentliche Teilleistungen, durch Nachunternehmer erbringen, die nach ihrer Kenntnis nicht zur Verfügung stünden. Der vorgenommene Austausch der Nachunternehmer innerhalb der Zuschlagsfrist stelle ein Nachangebot dar. Da die Angaben im Angebot damit nicht vollständig gewesen seien, liege ein Ausschlußgrund vor. Zudem habe die Beigeladene zu 1) „ins Blaue hinein” die Fa. … als Nachunternehmerin benannt. Dieses Unternehmen sei aber gleichzeitig selbst in Bietergemeinschaft mit der Fa. … als Bieterin aufgetreten. Dies verzerre den Wettbewerb, so daß beide Angebote auszuschließen seien.

Nachdem der Antragstellerin am Tage der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer Einsicht in die Vergabeakten gewährt worden war, rügte sie weiter, daß die Beigeladene zu 1) das angebotene Beschichtungssystem nicht benannt habe. Dies habe sie erst durch die Akteneinsicht erfahren. Die Angabe des Systems sei wichtig, weil hier ein ganz wesentliches Gewährleistungsproblem liege. Das Angebot sei daher auszuschließen.

Die Vergabestelle hat vorgetragen, eine Höchstgrenze für Nachunternehmer sei nicht vorgesehen. Das Verzeichnis der Nachunternehmer diene dazu, die Überprüfung der vorgesehenen Nachunternehmer zu ermöglichen. Wenn – wie häufig – keine Firmen angegeben seien, könne dies innerhalb der Zuschlagsfrist nachgeholt werden. Der Benennung eines Beschichtungssystems habe es angesichts weiterer Bestimmungen in der Baubeschreibung (ZTV-K/1996, ZTV-SIB 90) nicht mehr bedurft. Die Ziff. 3.4 der Baubeschreibung zum Bereich Brückenbau sei irrtümlich aufgenommen worden.

Die Beigeladene zu 1) hat vorgetragen, bei Angebotsabgabe würden als Nachunternehmer die Firmen angegeben, mit denen regelmäßig geschäftliche Verbindungen bestünden. Vor Zuschlag würden die in Aussicht genommenen Firmen benannt, so daß der Auftraggeber diese überprüfen könne.

Die Vergabekammer hat nach mündlicher Verhandlung durch Beschluß vom 16. Juni 2000 dem Antrag, das Angebot der Beigeladene zu 1) aus der Wertung auszuscheiden, stattgegeben und der Vergabestelle aufgegeben, das Vergabeverfahren ab der Prüfung, welcher Bieter gem. § 97 Abs. 5 GWB das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat, unter Beachtung ihrer Rechtsauffassung fortzusetzen.

In den Entscheidungsgründen, auf die der Senat hinsi...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge