Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstellung des Ordnungsmittelverfahrens nach Versterben des Sachverständigen
Leitsatz (amtlich)
Legt der Sachverständige gegen die Verhängung eines Ordnungsgeldes gemäß § 411 Abs. 2 ZPO sofortige Beschwerde ein und verstirbt er während des Beschwerdeverfahrens, dann ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 206a Abs. 1 StPO durch Beschluss einzustellen.
Normenkette
OWiG § 46 Abs. 1; StPO § 206a Abs. 1; ZPO § 411 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 7 OH 78/18) |
Tenor
Das gegen den Sachverständigen J. I. gerichtete Verfahren zur Festsetzung von Ordnungsmitteln wird eingestellt.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeführers sind von den Erben nach J. I. zu tragen.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer wurde mit Beschluss vom 11.03 2020 zum Sachverständigen in dem selbständigen Beweisverfahren 7 OH 78/18 bestellt. Mit Verfügung vom 11.08.2020 wurde der Sachverständige um Mitteilung darum gebeten, wann mit dem Eingang des Gutachtens gerechnet werden könne. Mit einer weiteren Verfügung vom 02.09.2020 wies die Kammer darauf hin, dass sie, falls der Sachverständige weiterhin keine Angabe mache, wann mit der Abgabe eines Gutachtens zu rechnen sei, sie andernfalls nach eigener Einschätzung eine Frist für die Vorlage des Gutachtens festsetzen werde. Mit Beschluss vom 05.10.2020 setzte die Kammer dem Sachverständigen eine Frist zur Vorlage des Gutachtens bis zum 04.11.2020. Mit einem weiteren Beschluss vom 11.11.2020 setzte die Kammer dem Sachverständigen eine Nachfrist zur Vorlage des Gutachtens bis zum 15.12.2020 und wies darauf hin, dass nach Versäumung der Frist ein Ordnungsgeld festgesetzt werden könne.
Mit Beschluss vom 18.12.2020 hat das Landgericht einen Ordnungsgeldbeschluss erlassen und gemäß § 411 ZPO ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 EUR festgesetzt. Gegen den am 29.12.2020 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 12.01.2021 sofortige Beschwerde eingelegt. Unter Vorlage eines ärztlichen Attests hat er sie damit begründet, dass die zeitliche Verzögerung krankheitsbedingt entstanden sei und gleichzeitig eine Fristverlängerung zur Erstattung des Gutachtens beantragt. Aus dem Attest ergab sich, dass der Sachverständige in seiner Leistungs- und Arbeitsfähigkeit eingeschränkt ist. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, mit dem Vorbringen lasse sich insbesondere nicht erklären, warum der Beschwerdeführer auf Anfragen und Fristsetzungen nicht reagiert habe. Der Beschwerdeführer ist während des Beschwerdeverfahrens am 16.02.2021 verstorben.
II. Der Tod des Beschwerdeverführers führt nicht nach § 239 ZPO zur Aussetzung des Ordnungsmittelverfahrens, weil es sich nicht um ein kontradiktorisches Verfahren handelt. Das Verfahren zur Festsetzung von Ordnungsmitteln ist jedoch in entsprechender Anwendung des § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 206a Abs. 1 StPO durch förmlichen Beschluss einzustellen. Der Tod des Beschwerdeführers stellt ein Verfahrenshindernis dar, das der Verhängung des in § 411 ZPO vorgesehenen Ordnungsmittels gegen den zur Gutachtenerstattung verpflichteten Sachverständigen entgegensteht.
Für die Verhängung eines Ordnungsgeldes gemäß § 380 Abs. 1 Satz 2 ZPO gegen eine während des Beschwerdeverfahrens verstorbene Zeugin hat der Bundesfinanzhof entschieden (Beschluss vom 07.03.2007 - X B 76/06 - juris), dass aus der zugleich präventiven und repressiven Rechtsnatur der Vorschrift folge, dass weder Ordnungsgeld noch Ordnungshaft gegen einen zwischenzeitlich verstorbenen Zeugen verhängt werden dürften. Habe das Gericht den Zeugen noch zu dessen Lebzeiten mit Ordnungsmitteln belegt und sei die Festsetzung mit Rechtsmitteln angefochten worden, so sei das Beschwerdegericht durch den Tod des Zeugen selbst dann an einer die Festsetzung bestätigenden Entscheidung gehindert, wenn das Ordnungsgeld mangels rechtzeitiger und genügender Entschuldigung festgesetzt worden sei und Entschuldigungsgründe i.S. des § 381 Abs. 1 Satz 3 ZPO im Beschwerdeverfahren nicht vorgebracht würden. Für die Verfolgung von Straftaten wie auch für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten gelte, dass das Ziel des bereits eingeleiteten Straf- bzw. des Bußgeldverfahrens, eine Entscheidung über die Bestrafung oder Nichtbestrafung herbeizuführen, mit dem Tod des Angeklagten bzw. des Betroffenen nicht mehr erreicht werden könne. Aus diesem Grund sei das Verfahren in Ermangelung einer unerlässlichen Voraussetzung für seine weitere Durchführung vom Rechtsmittelgericht wegen eines Verfahrenshindernisses nach § 206a StPO (gegebenenfalls i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG) selbst dann einzustellen, wenn erstinstanzlich bereits eine Verurteilung erfolgt sei (Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 08.06.1999 - 4 StR 595/97 und vom 05.08.1999 - 4 StR 640/98, juris). Die genannten Grundsätze seien auf die Festsetzung der für die Verletzung verfahrensrechtlicher Mitwirkungspflichten angedrohten Rechtsnachteile entsprechend anzuwend...