Entscheidungsstichwort (Thema)
Wechselbeziehung zwischen Gesamtschuldnerausgleich und Ehegattenunterhalt
Leitsatz (amtlich)
1. In der Vereinbarung der Parteien, dass eine den gemeinsamen Kredit abträgt und die andere im Gegenzug dafür keinen Ehegattenunterhalt geltend macht, liegt eine anderweitige Bestimmung i.S.d. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, die den Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich ausschließt.
2. Fallen die Voraussetzungen für den Unterhaltsanspruch später weg, etwa im Falle der Verwirkung nach § 1579 BGB, fällt damit zugleich die Geschäftsgrundlage der den Gesamtschuldnerausgleich betreffenden Vereinbarung i.S.v. § 242 BGB bzw. § 313 BGB n.F. weg, ohne dass es einer vorherigen Kündigung der Vereinbarung bedarf.
Normenkette
BGB §§ 242, 313, 426, 812, 818, 1579 Nr. 7, §§ 1586, 1613; ZPO § 91 Abs. 1, § 114
Verfahrensgang
LG Bremen (Beschluss vom 28.03.2006; Aktenzeichen 4 O 160/06) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Bremen vom 28.3.2006 in der Fassung der Nichtabhilfeentscheidung vom 2.6.2006 dahin abgeändert, dass dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt wird, soweit er bezogen auf seinen Antrag zu Ziff. 1) für die Zeit bis einschließlich Juli 2005 beantragt, die Antragsgegnerin zu verurteilen, an ihn 6.515,60 EUR zu zahlen.
II. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
III. Die Entscheidungen über die Beiordnung eines Rechtsanwalts gem. § 121 ZPO und über eine Anordnung von Ratenzahlungen nach § 115 ZPO bleiben dem LG Bremen für seine abschließende Entscheidung vorbehalten.
Gründe
Der Antragsteller wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für eine gegen seine geschiedene Ehefrau gerichtete Klage, mit der er von ihr Ausgleichszahlungen dafür begehrt, dass er gemeinsam eingegangene Verbindlichkeiten allein bedient (hat).
I. Die Parteien leben seit Dezember 1999 getrennt; sie sind seit März 2002 geschieden. Noch vor ihrer Trennung nahmen sie im Oktober 1999 einen gemeinsamen Kredit über einen Betrag von 89.829,47 EUR als Gesamtschuldner auf. Die Parteien verständigten sich nach der Trennung darauf, dass der Antragsteller die Kreditraten allein bezahlt und die Antragsgegnerin deshalb gegen ihn keine Unterhaltsansprüche geltend macht; die Antragsgegnerin, die seit Juli 2000 dauerhaft mit einem neuen Partner zusammenlebt, betreut zwei aus der Ehe hervorgegangene minderjährige Kinder, die im Juli 1987 und Februar 1991 geboren sind. Mit Anwaltsschreiben vom 1.8.2005 nahm der Antragsteller die Antragsgegnerin erstmals auf hälftige Ausgleichszahlung für die in der Vergangenheit erbrachten Kreditraten sowie auf hälftige Freistellung hinsichtlich der künftigen Kreditraten in Anspruch. Die Ausgleichforderung begründete der Antragsteller u.a. damit, dass die Antragsgegnerin seit Juli 2000 dauerhaft mit einem neuen Partner zusammenlebe und deshalb ein Unterhaltsanspruch "auf jeden Fall ab Juli 2003" ausscheide (vgl. Bl. 9 d.A.). Nachdem sich die Antragsgegnerin geweigert hat, die Forderung des Antragstellers zu erfüllen, beabsichtigt der Antragsteller nunmehr Klage zu erheben und sucht hierfür um Prozesskostenhilfe nach. Der Klageantrag zu 1) umfasst die bereits bezahlten Kreditraten für den Zeitraum von Januar 2003 an sowie die Kosten der Rechtsverfolgung; der Klagantrag zu 2) hat die Freistellung i.H.v. 50 % der ab Oktober 2005 zu zahlenden Kreditraten zum Gegenstand.
Nachdem das LG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Antrag zu 1) zunächst abgelehnt hatte, hat es der Beschwerde des Antragstellers mit Beschluss vom 2.6.2006 insoweit abgeholfen, dass es dem Antragsteller Prozesskostenhilfe nicht mehr verweigert, soweit es um Ausgleichsansprüche für die Zeit ab August 2005 geht. Insoweit hat es sich eine Entscheidung über die Bewilligung - ebenso wie bereits in dem angefochtenen Beschluss für den Antrag zu 2) - vorbehalten. Im Übrigen hat es der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567, 569 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers ist im Wesentlichen begründet.
Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens war lediglich über die mit dem Antrag zu Ziff. 1bis einschließlich Juli 2005 geltend gemachten Ausgleichszahlungen und die Kosten für die Rechtsverfolgung zu befinden. Hinsichtlich der Ausgleichszahlungen hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung in dem im Tenor ersichtlichen Umfang Aussicht auf Erfolg. Keinen Erfolg hat die Beschwerde, soweit sie die geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten beziehungsweise eine Freistellung von diesen betrifft.
1. Entgegen der Auffassung des LG hat der Antragsteller für die Zeit von Januar 2003 bis einschließlich Juli 2005 eine Ausgleichsforderung gegen die Antragsgegnerin aus § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB schlüssig dargelegt, und zwar i.H.v. 6.515,60 EUR. Die hiergegen seitens der Antragsgegnerin erhobenen Einwendungen vermögen die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage nicht zu Fall zu bringen.
Ge...