Entscheidungsstichwort (Thema)

Offenkundigkeit der Eintragungsvoraussetzungen i.S.v. § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO; keine Pflicht zur Prüfung von Nachlassakten, die bei einem anderen AG geführt werden

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs (hier im Hinblick auf einen eingetragenen Testamentsvollstreckervermerk) ist bei der Bezugnahme auf Register oder Akten (hier Nachlassakten eines anderen AG, aus denen sich die Beendigung der Testamentsvollstreckung ergeben soll) eine Offenkundigkeit der Eintragungsvoraussetzung i.S.d. § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO nur dann gegeben, wenn diese Akten bei dem AG geführt werden, das auch das Grundbuch führt. Nur in diesem Fall besteht eine Pflicht des Grundbuchamtes die entsprechenden Akten einzusehen und zu prüfen.

 

Normenkette

GBO §§ 22, 29 Abs. 1 S. 1, § 29 S. 2, § 35

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Beschluss vom 23.11.2009)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Grundbuchgerichts vom 23.11.2009 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 3.000 EUR.

 

Gründe

I. In ihrem privatschriftlichen gemeinschaftlichen Testament vom 14.8.1995 haben die Eltern der Beteiligten zu 1) und 2), die Eheleute A. T. und H. T. u.a. folgende Verfügungen getroffen: Die Testierenden haben ihre beiden Kinder, die Beteiligten zu 1) und 2), zu je ½ Anteil zu befreiten Vorerben und deren Abkömmlinge unter detaillierten Regelungen als Nacherben eingesetzt. Weiter heißt es: "Wir ernennen uns gegenseitig zu Testamentsvollstreckern und befreien uns gegenseitig von allen Beschränkungen, soweit dies gesetzlich zulässig ist. Die Testamentsvollstreckung soll bis zum Tode des anderen Ehegatten andauern ... Falls der Testamentsvollstrecker das Amt nicht annimmt oder während der Testamentsvollstreckung das Amt niederlegen möchte, ist er berechtigt, einen Ersatztestamentsvollstrecker oder Mittestamentsvollstrecker zu benennen, der an seine(r) Stelle oder neben ihm, die Testamentsvollstreckung ausübt ... Der Ersatz- bzw. Mittestamentsvollstrecker bleibt auch nach dem Tode des überlebenden Ehegatten solange Testamentsvollstrecker, bis die Nacherben ihn abberufen."

Durch weiteres gemeinschaftliches Testament vom 24.12.2001 haben die Eheleute T. ihr gemeinschaftliches Testament vom 14.8.1995 im Hinblick auf Vermächtnisse, die nicht Gegenstand dieses Verfahrens sind, ergänzt.

A. T verstarb am 15.1.2002, H. T. am 14.2.2009. Zum Nachlass der A. T gehörte das Grundstück W.-Straße [...] in B., eingetragen im Grundbuch des AG B. [...]. Am 19.2.2002 wurden die Beteiligten zu 1) und 2) in Abteilung I als Eigentümer des Grundstücks in Erbengemeinschaft eingetragen. Am gleichen Tag wurde in Abteilung II unter laufender Nr. 1 der Nacherbenvermerk und unter laufender Nr. 2 eingetragen: "Testamentsvollstreckung ist angeordnet nach A. T. geb. [...], verstorben am 15.1.2002 ...".

Durch Kaufvertrag vom 11.11.2009 (UR-Nr. 317/2009 des Notars Dr. L. aus B.) haben die Beteiligten zu 1) und 2) das vorgenannte Grundstück an eine Dritte veräußert. Mit Schriftsatz vom 12.11.2009 beantragte der Notar die Eintragung der Auflassungsvormerkung zugunsten der Erwerberin. Durch Beschluss vom 23.11.2009 wies das AG B. - Grundbuchgericht - den Notar darauf hin, dass der beantragten Eintragung gem. § 18 GBO das Hindernis entgegen stehe, dass der behauptete Wegfall der Testamentsvollstreckung durch einen Erbschein ohne Testamentsvollstreckervermerk nachzuweisen sei und setzte zur Beseitigung des Hindernisses eine Frist. Nach bewilligter Fristverlängerung legte der Notar mit Schriftsatz vom 17.3.2009 eine beglaubigte Fotokopie des Eröffnungsprotokolls des AG O. vom 20.5.2009 mit beglaubigten Kopien der o.g. gemeinschaftlichen Testamente vor. Er vertritt die Auffassung, dass aus diesen Unterlagen hervorgehe, dass die Testamentsvollstreckung mit dem Tode des anderen Ehegatten ende. Dies reiche aus, um den Nachweis des Wegfalls der Testamentsvollstreckung durch öffentliche Urkunde zu erbringen, zumal die 1. Ausfertigung des Testamentsvollstreckerzeugnisses für H. T. bereits mit Schreiben vom 17.6.2009 an das AG O. zurückgegeben worden sei.

Durch Verfügung vom 13.4.2010 wies das Grundbuchgericht den Notar darauf hin, dass es bei der Vorgabe des Beschlusses vom 23.11.2009 verbleibe. Durch (offenbar falsch datierten) Schriftsatz vom 17.3.2010, eingegangen beim AG B. am 30.4.2010, hat der Notar unter Aufrechterhaltung seiner Rechtsauffassung Beschwerde gegen den Beschluss des Grundbuchgerichts eingelegt. Das Grundbuchgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Bremen zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die nach §§ 71 ff. GBO zulässige und auch im Übrigen statthafte Beschwerde ist unbegründet, denn die Unrichtigkeit des Grundbuchs hinsichtlich des Testamentsvollstreckervermerks gem. § 22 Abs. 1 Satz 2 GBO ist nicht in der nach § 29 GBO notwendigen Form nachgewiesen.

Gemäß § 22 GBO bedarf es für die...

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