Leitsatz (amtlich)
Ein vier Jahre alter Pkw, der zur Klasse der "Sport Utility Vehicles" (SUV) gehört, ist im Rahmen eines Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich als einzusetzendes Vermögen i.S.d. § 115 II ZPO anzusehen.
Verfahrensgang
LG Bremen (Beschluss vom 12.06.2008; Aktenzeichen 1 OH 85/07) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Bremen vom 12.6.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsgegner beantragt im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Das LG hat den Antrag durch Beschluss vom 12.6.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Antragsgegner nach seinen Angaben in der Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse zwar nur ein monatlich einzusetzendes Einkommen von 228,50 EUR verbleibe. Da dem Antragsgegner aber ein erst vor drei Jahren angeschaffter, dem gehobenen Preissegment zuzuordnender Pkw gehöre, sei es zumutbar, sein Vermögen zur Prozessfinanzierung einzusetzen. Diesen Beschluss greift der Antragsgegner mit seiner sofortigen Beschwerde an.
II. Die gem. §§ 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist unbegründet. Der Antragsgegner hat nicht darlegen können, dass bei Ihm die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe i.S.d. § 114 ZPO vorliegen.
Nach § 114 Satz 1 ZPO kann einer Partei Prozesskostenhilfe bewilligt werden, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Maßgeblich sind insoweit die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Beschlussfassung, die nach § 115 ZPO zu beurteilen sind. Nach § 115 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die Partei ihr Einkommen einzusetzen. Die Partei hat auch ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist (§ 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Dabei gilt § 90 SGB XII entsprechend (§ 115 Abs. 2 Satz 2 ZPO). § 90 Abs. 1 SGB XII bestimmt insoweit, dass das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen ist. Dazu gehört hier auch der Pkw des Antragstellers.
Nach der Rechtsprechung sind Personenkraftwagen im Rahmen eines Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich als einzusetzendes Vermögen i.S.d. § 115 Abs. 2 ZPO anzusehen (vgl. OLG Bremen OLGReport Bremen 2007, 619 f.; KG, NZV, 2007, 43 mit ausführlichen Rechtsprechungsnachweisen). Der Antragsteller ist nach eigener Darstellung Eigentümer eines Toyota RAV 4, Baujahr 2004, Anschaffungsjahr 2005. Dieses Fahrzeug gehört zur Klasse der "Sport Utility Vehicles" (SUV), einer Kombination aus Geländewagen und Pkw. Der Antragsgegner selbst hat in seiner Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse zwar keinen Wert des Fahrzeugs angegeben. Nach einer vom Gericht durchgeführten Internetrecherche werden Fahrzeuge dieses Typs und dieses Baujahrs je nach Ausstattung gegenwärtig zu Preisen zwischen ca. EUR 14.000 und ca. EUR 18.000 gehandelt. Anhaltspunkte für eine Unverwertbarkeit nach § 90 Abs. 2 Nr. 5 SGB XII (Unentbehrlichkeit zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder Erwerbstätigkeit) oder einen Härtefall nach § 90 Abs. 3 SGB XII sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Bei dem oben genannten Wert des Pkw wäre auch die "Schongrenze" nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (vgl. zur Berechnung Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 115 ZPO Rz. 57 m.w.N.) bei Weitem überschritten. Der Pkw des Antragstellers ist danach als für die Prozessfinanzierung einzusetzendes Vermögen i.S.v. § 115 Abs. 2 ZPO anzusehen. Das gilt umso mehr, als in dem anhängigen selbständigen Beweisverfahren bisher nur ein Kostenvorschuss i.H.v. 1.000 EUR angefordert wurde und in Ermangelung eines Hauptverfahrens der Anfall weiterer Kosten für die Prozessführung derzeit nicht ersichtlich ist.
Fundstellen
Haufe-Index 2033905 |
ZAP 2009, 394 |
MDR 2009, 57 |
RENOpraxis 2009, 97 |
VRR 2008, 442 |
OLGR-Nord 2008, 839 |