Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen eines Umgangsrechts der Tante des Kindes. Familienrecht. Umgangsrecht. Bezugsperson. sozial-familiäre Beziehung
Leitsatz (amtlich)
Die Tante des Kindes kann auch unter Berufung auf das Kindeswohl ihr Umgangsbegehren nicht darauf stützen, eine - noch nicht bestehende - sozial-familiäre Beziehung im Sinne von § 1685 Abs. 2 BGB aufbauen zu wollen.
Normenkette
BGB § 1685 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Bremen (Entscheidung vom 03.05.2012; Aktenzeichen 66 F 707/12) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremen vom 03.05.2012 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 € festgesetzt.
4. Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
5. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, bis zum Ablauf des 11.09.2012 zu ihrem Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren einen Beleg für ihre Wohnkosten (Kopie des Mietvertrages) sowie Kopien der vollständigen Kontoauszüge für den Zeitraum vom 01.06.2012 bis zum 27.08.2012 zur Gerichtsakte zu reichen.
Gründe
I. Bezüglich des Sachverhalts wird auf die Darstellung in dem angefochtenen Beschluss verwiesen.
Das Amtsgericht - Familiengericht - Bremen hat mit Beschluss vom 03.05.2012 den Antrag der Antragstellerin auf Umgang mit dem am [...]2008 geborenen Kind S., welche die Tochter der Antragsgegnerin und des im September 2010 verstorbenen Bruders der Antragstellerin ist, zurückgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, eine sozial-familiäre Beziehung zwischen der Antragstellerin und S. lasse sich nicht feststellen. Darüber hinaus erscheine es derzeit fraglich, ob ein Umgang zwischen der Antragstellerin und S. dem Kindeswohl dienlich sei, da das Verhältnis zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin wegen des zwischen ihnen geführten zivilrechtlichen Rechtsstreits empfindlich gestört sei.
Gegen diesen ihr am 04.07.2012 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit am 16.07.2012 bei dem Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 14.07.2012 Beschwerde eingelegt. In ihrer Begründung führt sie aus, sie habe über eine relevante Zeit hinweg tatsächliche Verantwortung für S. getragen. Für das Kind sei es wichtig, dass der Kontakt zur väterlichen Familie erhalten bleibe. Es sei daher zu prüfen, ob es im Interesse des Kindeswohls liege, auch eine (Wieder-) Anbahnung einer sozial-familiären Beziehung unter den Tatbestand des § 1685 Abs. 2 BGB zu subsumieren. Der zivilrechtliche Rechtsstreit zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sei zwischenzeitlich rechtskräftig entschieden worden.
II. Die nach §§ 58 ff. BGB statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
1. Der Senat teilt die Auffassung des Amtsgerichts, dass zwischen der Antragstellerin und dem Kind S. die nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut für das Bestehen eines Umgangsrechts erforderliche sozial-familiäre Beziehung nicht vorliegt. Eine sozial-familiäre Beziehung enger Bezugspersonen des Kindes ist gemäß § 1685 Abs. 2 S. 1 BGB anzunehmen, wenn diese für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung ist nach § 1685 Abs. 2 S. 2 BGB in der Regel anzunehmen, wenn die Person mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat. Der Gesetzgeber hat offen gelassen, welche Zeitspanne dafür verlangt wird. Insoweit ist abzustellen auf das Alter des Kindes und das Zeitempfinden in der jeweiligen Altersstufe (vgl. FA-FamR/Büte, 8. Auflage, Kap. 4 Rn 499). Das OLG Koblenz hat etwa eine regelmäßige Betreuung des Kindes über das verlängerte Wochenende und in den Ferien über einen Zeitraum von fast zwei Jahren grundsätzlich ausreichen lassen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 17.09.2008, FamRZ 2009, 738). Dieser zeitliche Umfang wird hier jedoch auch nach dem Vortrag der Antragstellerin bei weitem nicht erreicht. Die Antragstellerin hat lediglich vorgetragen, dass S. bis zum Alter von 7 oder 8 Monaten häufiger bei ihr am Wochenende übernachtet habe, wenn die Kindeseltern ausgehen wollten. Hierin ist keine über die übliche Unterstützung im engen Verwandtenkreis hinausgehende Betreuungsleistung zu sehen. Insbesondere kann von einem Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft nicht die Rede sein. In Bezug auf etwaige sonstige Aspekte, die für das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung sprechen könnten, fehlt es an substantiierten Angaben seitens der Antragstellerin. Ihr Vortrag erschöpft sich darin, dass sie eine liebevolle und innige Beziehung zu ihrer Nichte gehabt habe und mit dieser bis zum Tod des Vaters regelmäßigen Kontakt gehabt habe.
2. Eine Anbahnung einer - bislang nicht vorliegenden - sozial-familiären Beziehung zwischen S. und der Antragstellerin lässt s...