Leitsatz (amtlich)
1. Verweist ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit einen Rechtsstreit an ein anderes Gericht dieser Gerichtsbarkeit, so hindert dies nicht eine Weiterverweisung in einen anderen Rechtsweg.
2. Ein Mitarbeiter eines Unternehmers ist nicht Handelsvertreter i.S.d. § 84 Abs. 1 HGB, § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG, wenn er vereinbarungsgemäß einem umfassenden, vertragsstrafebewehrten Wettbewerbsverbot unterworfen und vertraglich bei Meidung von Nachteilen auch zur "Bestandspflege" verpflichtet ist.
Normenkette
HGB § 84 Abs. 1; ZPO § 281 Abs. 2 S. 4; GVG § 17a
Verfahrensgang
LG Bremen (Beschluss vom 23.06.2004; Aktenzeichen 6 O 376/04b) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Bremen vom 23.6.2004 wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe als unbegründet zurückgewiesen, dass der Rechtsstreit an das ArbG Bremen-Bremerhaven verwiesen wird.
Gründe
I. Die Klägerin hat den Beklagten im Wege des Mahnverfahrens auf Zahlung von 5.300,37 EUR unter Berufung auf eine Kontokorrentabrechnung vom 21.6.2003 auf der Grundlage eines Handelsvertretervertrags vom 18.6./8.7.2002 sowie auf Rückzahlung eines Darlehens über 2.432,63 EUR zzgl. Zinsen von 73,79 EUR, vorgerichtliche Mahnkosten von EUR 10 sowie weitere Kosten von 85,50 EUR, insgesamt also 7.902,29 EUR in Anspruch genommen (Bl. 3 d.A.). Nachdem der Beklagte Widerspruch erhoben und das AG Hannover als zuständiges Mahngericht den Rechtsstreit an das LG Hannover abgegeben hatte, hat dieses durch Beschluss der 22. Zivilkammer (2. Kammer für Handelssachen) vom 2.12.2003 sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige LG Bremen - Kammer für Handelssachen - verwiesen (Bl. 21 d.A.). Diese hat den Rechtsstreit durch Beschl. v. 9.2.2004 (Bl. 32/33 d.A.) an die funktionell zuständige Zivilkammer "verwiesen" (richtig: abgegeben), da der Beklagte nicht eingetragener Kaufmann sei. Die Zivilkammer hat den Rechtsstreit durch Verfügung ihres Vorsitzenden vom 24.2.2004 übernommen und ihn dem zuständigen Einzelrichter übertragen (Bl. 34 Rs. d.A.). Dieser hat mit dem angefochtenen Beschl. v. 23.6.2004 (Bl. 246-250 d.A.) den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das ArbG Bremerhaven verwiesen. Gegen diesen ihr am 28.6.2004 zugestellten Beschluss wendet sich die Klägerin mit der sofortigen Beschwerde (Bl. 252/253 d.A.), der das LG mit Beschl. v. 30.11.2004 (Bl. 383-388 d.A.) nicht abgeholfen hat.
II. Die Klägerin hat die von ihr erhobene Forderung wie folgt begründet: Sie begehre Rückzahlung von Provisionsvorschüssen, die der Beklagte im Rahmen seiner Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter "nicht ins Verdienen gebracht" habe. Darüber hinaus habe sie ihm darlehensweise eine sog. Ausbildungsbeihilfe gewährt, deren Rückzahlung von dem Beklagten verweigert worden sei. Sie, die Klägerin, habe mit dem Beklagten am 8.7.2002 einen Handelsvertretervertrag (Anlage K 1) abgeschlossen, kraft dessen dieser als selbständiger Handelsvertreter innerhalb ihrer, der Klägerin, Außendienstorganisation tätig gewesen sei. Ferner sei am 9.7.2002 eine Vereinbarung (Anlage K 2) zwischen den Parteien zustande gekommen, worin die Grundlage für die an den Beklagten ausgezahlten linearisierten Provisionsvorschüsse zu finden sei. Mit Rücksicht auf zunehmende Untätigkeit des Beklagten habe sie, die Klägerin, den Handelsvertretervertrag mit Schreiben vom 6.2.2003 (Anlage K 4) fristgerecht zum Ablauf des 31.3.2003 gekündigt und ihn zugleich über den Stand der jeweiligen ihn betreffenden Konten in Kenntnis gesetzt. Mit Schreiben vom 16.4.2003 (Anlage K 5) habe sie, die Klägerin, den Beklagten über die Verpflichtung zur Rückzahlung der gewährten Ausbildungsbeihilfe i.H.v. 2.432,63 EUR zzgl. jährlicher Zinsen von 6,5 % unterrichtet. Der Beklagte habe zum einen nicht gezahlt, zum anderen sich bis zum Widerspruch gegen den erlassenen Mahnbescheid auch nicht geäußert.
Der Beklagte hat bereits mit dem Widerspruch gegen den Mahnbescheid (Bl. 19/20 d.A.) geltend gemacht, dass er als Einfirmenvertreter anzusehen und damit die Zuständigkeit der Gerichte der ArbGbarkeit gegeben sei. Er sei nicht Kaufmann i.S.d. § 1 HGB. In dem zwischen ihm und der Klägerin geschlossenen Vertrag werde seine Stellung als Handelsvertreter im Nebenberuf beschrieben. Einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb habe er nicht unterhalten. Die aus seiner Tätigkeit in den Abrechnungen 01/2002 bis 07/2002 sowie 01/2003 und 02/2003 ersichtlichen, den Zeitraum zwischen dem 22.6.2002 und dem 22.3.2003 umfassenden Einnahmen aus der Vertretertätigkeit beliefen sich auf insgesamt 5.949,51 EUR. Die Einnahmen aus den Abrechnungen 04/2002 bis 02/2003 (Abrechnungszeitraum zwischen September 2002 und März 2003), also den letzten sechs Monaten des Vertragsverhältnisses, hätten sich auf insgesamt EUR 5.002,63 belaufen. Von diesem rechnerischen Gesamtbetrag habe die Klägerin, wie den Abrechnungen 04/2002 bis 02/2003 zu entnehm...