Leitsatz (amtlich)
1. Ist ein Hauseigentümer zugleich Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die in diesem Haus Räume angemietet hat, so muss sich die GmbH das Wissen des Geschäftsführers, das dieser in seiner Eigenschaft als Hauseigentümer erworben hat, zurechnen lassen.
2. Der Versicherer ist wegen grobfahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer von der Verpflichtung zur Leistung befreit, wenn der Versicherungsnehmer als Mieter Kenntnis davon hat, dass die oberhalb der von ihm angemieteten Räumlichkeiten liegenden zwei Geschosse leer stehen und im Winter nicht beheizt werden, und infolge dessen ein Leitungswasserschaden an den in den vom Mieter angemieteten Räumen eingebrachten Sachen entsteht, sofern der Mieter diesen Zustand ändern konnte.
3. In einem solchen Fall tritt mit dem erstmaligen Leerstand der oberhalb der angemieteten Räumlichkeiten befindlichen Geschosse zugleich eine der Anzeige nach § 27 Abs. 2 VVG bedürftige objektive Gefahrerhöhung ein.
Normenkette
VVG § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 61
Verfahrensgang
LG Bremen (Urteil vom 25.07.2002; Aktenzeichen 12 O 396/96) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Bremen – 2. Kammer für Handelssachen – vom 25.7.2002 wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 10 % über dem jeweils zu vollstreckendem Betrag.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des LG Bremen vom 25.7.2002 (Bl. 341–348 d.A.) Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Die Gemeinschuldnerin trat den streitgegenständlichen Versicherungsanspruch an die Sparkasse Erfurt ab, hierbei konnte das exakte Datum der Abtretung nicht geklärt werden. Insbesondere ist ungeklärt geblieben, ob die Abtretung vor oder nach der am 3.5.1996 eingetretenen Rechtshängigkeit erfolgte. Durch Fusion der Sparkasse Erfurt mit zwei anderen Sparkassen entstand die Sparkasse Mittelthüringen. Durch Vereinbarung vom 8.8.1998 regelten der Kläger und die Sparkasse Erfurt die Frage des Einzuges hinsichtlich der streitgegenständlichen Forderung u.a. wie folgt:
„…
I. Forderungseinzug
(1) Soweit die Sparkasse an den Forderungen der Gemeinschuldnerin aus Lieferung und Leistung Rechte geltend macht, sind die Parteien sich darüber einig, dass der Forderungseinzug durch den Verwalter erfolgt.
(2) Die freie Masse erhält von den auf diese Forderungen insgesamt realisierten Beträgen nach Abzug der Kosten und Auslagen des Forderungseinzuges einen Erlösanteil von 20 %. An die Sparkasse sind mithin 80 % auszukehren …”
Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung wird auf den Akteninhalt (Bl. 381/382) verwiesen.
Unter dem 25.6.2003 teilte die Sparkasse Mittelthüringen im Zusammenhang mit dem Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin u.a. folgendes mit:
„…
Hiermit erklären wir, die Sparkasse Mittelthüringen (ehemals Sparkasse Erfurt), dass Herr Rechtsanwalt M. C …. als Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Firma MEGA-TV … ermächtigt und befugt ist, auch die in dem Rechtsstreit vor dem LG Bremen, Az. 12 O 396/96, und des Hanseatischen OLG in Bremen, Az. 2 U 64/02, verfolgte Versicherungsforderung im eigenen Namen geltend zu machen.
Die Regelungen in der Verwertungsvereinbarung vom 4.8.1998/8.8.1998 gelten auch für die Forderung gegen die Versicherung in dem o.g. Rechtsstreit. Hinsichtlich etwaiger Kosten gilt die Vereinbarung jedoch dergestalt, dass seitens der Gesamtvollstreckungsmasse eine 20%ige Kostenübernahme im Falle des Unterliegens in dem o.g. Rechtsstreit erfolgt …”
Wegen der weiteren Einzelheiten des genannten Schreibens vom 25.6.2003 wird auf den Akteninhalt (Bl. 383 d.A.) verwiesen.
Die Gemeinschuldnerin war in den Jahren 1992 bis 1996 Mieterin des Keller-, Erd- und 1. Obergeschosses des Hauses B.-Straße 5a in Erfurt. Die weiteren Räumlichkeiten im 2. und 3. Obergeschoss des Hauses standen seit dem Jahre 1992 fortwährend leer. Die wasserführenden Steigleitungen des Gebäudes in das 2. und das 3. Obergeschoss waren mit sog. Absperrvorrichtungen versehen, die jedoch bis 1996 nicht benutzt wurden. In den Wintern der Jahre 1992 bis 1996 stellten die ehemaligen Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin – die Herren P. und G. –, die zugleich die alleinigen Gesellschafter der Gemeinschuldnerin und Miteigentümer des fraglichen Gebäudes waren, Heizlüfter in den leeren Räumlichkeiten des 2. und 3. Obergeschosses auf.
Durch Urteil des LG Bremen – 2. Kammer für Handelssachen – vom 25.7.2002 wurde die Beklagte nach Klagrücknahme im Übrigen antragsgemäß zur Zahlung von 72.098,29 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 3.5.1996 verurteilt.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte weiter das Ziel der Abweisung der Klage.
Zur Begründung führt sie aus, sie sei gem. § 61 VVG ...