Leitsatz (amtlich)

1. Schließen die Parteien in beiderseitiger Anwesenheit von Rechtsanwälten einen gerichtlich protokollierten Vergleich, in dem es u.a. heißt: "Auf Lebzeiten des Beklagten verzichtet der Kläger auf sein Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrages", so ist der Kläger auch dann nicht an einer Kündigung aus wichtigem Grund wegen Zahlungsverzuges des Beklagten gehindert, wenn der Beklagte als Gegenleistung für den vom Kläger ausgesprochenen Verzicht seinerseits bestimmte Vermögensgegenstände endgültig aufgegeben hat.

2. Die streitige Frage, ob die in § 314 Abs. 3 BGB enthaltene Regelung, dass nämlich die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund nur innerhalb einer angemessenen Frist ausgesprochen werden kann, nachdem der Berechtigte vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat, auf eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund wegen Zahlungsverzug des Mieters anzuwenden ist, bleibt offen.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 314 Abs. 3, § 543 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a, b

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 20.12.2006; Aktenzeichen 1 O 1317/06)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Bremen vom 20.12.2006 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 50.500 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Räumung eines vom Beklagten als Wohn- und Geschäftsraum genutzten Grundstücks, dessen Herausgabe der Kläger vom Beklagten verlangt.

Das Grundstück straße 84, 28209 Bremen wurde nach Darstellung des Beklagten seit 1952 u.a. als Betriebsstätte eines Lesezirkels genutzt. Eigentümerin des Grundstücks war die damalige Ehefrau des Beklagten und Mutter des Klägers. Etwa in den Jahren 1961/1962 übernahm der im Dezember 1920 geborene Beklagte die Führung des Geschäftsbetriebes. Im Jahre 1971 zog die damalige Ehefrau des Beklagten aus der straße 84 aus; die Ehe zwischen ihr und dem Beklagten wurde im Jahre 1975 geschieden. Während der Zeit der Trennung der Eheleute kam es nach Darstellung des Beklagten zur Ablösung von Verbindlichkeiten i.H.v. 140.000 DM, die zu Lasten der damaligen Ehefrau im Zusammenhang mit einem von ihr im Brilltunnel betriebenen Erwerbsgeschäft aufgelaufen waren. Auch die weiteren Einzelheiten, insbesondere hinsichtlich der Besicherung dieses vom Beklagten gewährten Darlehens durch eine Grundschuld, waren und sind unter den Parteien streitig.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 8.6.1984 schlossen der Kläger und der Beklagte über das der früheren Ehefrau des Beklagten gehörende Gebäudegrundstück straße 84 sowie über "ihren" Lesezirkel mit 435 Erstmappen einen Unterpachtvertrag, wobei der Kläger seinerseits die genannten Objekte von der früheren Ehefrau des Beklagten gepachtet hatte (Anlage K 1 = Bl. 5-8 d.A.). Nach Darstellung des Beklagten kam es im Jahre 1986 zu einer finanziellen Zuwendung von 113.000 DM des Beklagten an den Kläger, der diesen Betrag zum Erwerb eines Hausgrundstücks in Berlin benötigte und verwendete. Unter den Parteien war und ist streitig, ob es es sich um eine schenkweise Zuwendung - so die Darstellung des Klägers - oder um ein Darlehen - so die Darstellung des Beklagten - gehandelt hat. Am 29.8.1986 wurde die Eintragung von Buchgrundschulden über 80.000 DM und 33.000 DM zugunsten des Beklagten auf dem fraglichen Grundstück bewilligt (Bl. 92-94 d.A.). Im Jahre 1996 verstarb die frühere Ehefrau des Beklagten.

In der Folgezeit kam es zu Streitigkeiten zwischen den Parteien. Zur Beendigung derselben schlossen diese, die seinerzeit dieselben Parteirollen wie im jetzigen Rechtsstreit einnahmen, am 30.5.2000 vor dem LG Bremen zum Aktenzeichen 1 O 2137/99 einen Vergleich (Anlage K 2 = Bl. 11-13 d.A.), der auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

"1.a) Der Kläger vermietet an den Beklagten das Grundstück straße 84, 28209 Bremen, mit Wirkung vom 1.5.2000.

b) Der Mietzins beträgt 6.500 DM pro Monat zzgl. der jeweils gültigen Mehrwertsteuer. Er ist bis zum dritten Werktag eines jeden Monats im Voraus auf das Konto des Klägers bei der Sparkasse in Bremen, BLZ 290 501 01, Konto-Nr. 1004803, zu zahlen.

c) Die Parteien verpflichten sich, den Mietzins jeweils zum 1.1. eines Jahres entsprechend der Steigerung der Lebenshaltungskosten laut Ermittlung des Statistischen Bundesamtes für einen 4-Personen-Arbeitnehmer-Haushalt (allgemeiner Lebenshaltungsindex) anzupassen. Basisdatum ist der 1.1.2000.

d) Darüber hinaus trägt der Beklagte in Ansehung des Gebäudegrundstücks sämtliche Nebenkosten, insbesondere die Grundsteuer mit Beitrag und Müllgebühren, sowie der Übernahme der Verpflichtung zur Erhaltung des Gebäudegrundstückes, die dafür anfallenden Aufwendungen (s. S. 4 des notariellen Vertrages vom 8.6.1984 zur UR-Nr. 61/84 des Notars S. in Bremen).

d) Der Mietvertrag gilt zunächst bis zum 3...

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