Entscheidungsstichwort (Thema)

Richtiger Adressat für eine Rücktrittserklärung beim Neuwagenkauf

 

Leitsatz (amtlich)

Ist der Käufer eines Pkw berechtigt, Ansprüche auf Mängelbeseitigung nicht nur bei der Verkäuferin, sondern auch in anderen Vertragswerkstätten des Herstellers geltend zu machen, so lässt sich daraus nicht ableiten, dass auch eine Rücktrittserklärung vom Vertrag bei diesen wirksam abgegeben werden kann. Dies gilt auch bei Unternehmen derselben Firmengruppe, wenn diese in einer eigenständigen Rechtsform betrieben werden.

 

Normenkette

BGB §§ 218, 346, 323, 437 Nr. 2, § 438 Abs. 1 Nr. 3, § 440

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 08.10.2010; Aktenzeichen 3 O 213/10)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Bremen - 3. Zivilkammer - vom 8.10.2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe geleistet hat.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 73.148 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin war Leasingnehmerin eines Pkw Audi Q 7. Die Leasinggeberin erwarb den Pkw zu einem Kaufpreis von 95..744,02 EUR bei der Beklagten in B.. Die Klägerin hatte das Fahrzeug dort ausgesucht; es wurde am 23.10.2007 an sie ausgeliefert. Die Leasinggeberin trat sämtliche ihr gegen Dritte zustehende Ansprüche und Rechte wegen Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs an die Klägerin ab. Die Klägerin hat in der Folge eine Vielzahl von Mangelrügen an dem Fahrzeug erhoben und in verschiedenen Werkstätten Reparaturen durchführen lassen. Sie wandte sich schließlich am 22.10.2009 an das "Autohaus U." und sprach dort die "Wandlung des Fahrzeugs" aus, was ihr dieses Autohaus schriftlich bestätigte (Bl. 36 d.A.). Mit Schreiben vom 27.10.2010 forderte die Klägerin die Beklagte dazu auf, die Modalitäten der Rückabwicklung mitzuteilen. Nachdem die Beklagte den Rücktritt zurückwies, hat die Klägerin mit der Klage die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangt. Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Rücktritt sei nicht rechtzeitig gegenüber der Beklagten erklärt worden.

Wegen des Weiteren Sach- und Streitstands erster Instanz und der Begründung der Entscheidung im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil (BI.161 ff. d.A.) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen die erstinstanzliche Entscheidung und verfolgt ihren Klageantrag weiter. Das Berufungsvorbringen der Parteien ergibt sich aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 20.1.2011 (Bl. 202 ff. d.A.) und dem Schriftsatz der Beklagten vom 25.2.2011 (Bl. 269 ff. d.A.).

II. Die statthafte (§ 511 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 517, 519, 520 ZPO) der Klägerin gegen das Urteil des LG Bremen vom 8.10.2010 ist zulässig, aber unbegründet.

Das LG hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin nicht wirksam den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hat. Die Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gemäß den §§ 398, 346 ff. i.V.m. §§ 437 Nr. 2, 323, 440 BGB sind nicht gegeben. Es liegt kein wirksamer Rücktritt vor, weil dieser nicht vor Eintritt der Verjährung gegenüber der Beklagten erklärt worden ist (§§ 438, 218 BGB).

1. Der Pkw wurde von der Leasinggeberin bei der Beklagten erworben und am 23.10.2007 an die Klägerin geliefert. Die Klägerin hätte also bis zum Ablauf des 23.10.2009 den Rücktritt erklären müssen (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass die Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt eine Rücktrittserklärung erhalten hat. Das Schreiben der Klägerin vom 27.10.2009, in dem sie die Rückabwicklung des Vertrages geltend gemacht hat, war jedenfalls verspätet, weil die Verjährungsfrist bereits abgelaufen war.

2. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie sich am 22.10.2009 an das "Autohaus U." gewandt und die "Wandlung des Fahrzeugs" ausgesprochen hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei dem Autohaus U. um eine selbständige juristische Person, so dass eine ihr gegenüber abgegebene Rücktrittserklärung die Beklagte nicht binden konnte. Daran ändert nichts, dass die Beklagte und das Autohaus U. zu einer Firmengruppe gehören und insoweit auch Namensbestandteile identisch sind. Aus dem Internetauftritt der Firmengruppe, auf den die Klägerin selbst verweist, ergibt sich unzweifelhaft, dass das Autohaus U. neben der Beklagten als ein rechtlich selbständiges Unternehmen geführt wird. Ebenso war aufgrund der Bestellunterlagen, die der Klägerin vorlagen, ohne weiteres erkennbar, dass die Beklagte als selbständiges Unternehmen das Fahrzeug geliefert hatte.

Damit fehlt es auch an einer Grundlage für die Annahme, der Rücktritt sei der Beklagten durch Erklärung gem. § 130 BGB zugegangen. Nach dieser Vorschrift kann es zwar für den Zugang genügen, dass eine W...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?