Leitsatz (amtlich)
1. Eine Abschlagsrechnung nach § 16 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B ist prüffähig, wenn sie zumindest zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Zivilgerichts und unter Berücksichtigung des Prozessvortrages des Auftragnehmers prüfbar ist.
2. Für die Prüfbarkeit der Abrechnung kommt es auf das Verständnis eines Fachkundigen, z.B. des Architekten des Auftraggebers, an.
3. Eine von dem Architekten des Auftraggebers geprüfte Rechnung ist i.d.R. als prüffähig anzusehen.
Normenkette
VOB/B § 16 Nr. 1 Abs. 1 Sätze 1-2
Verfahrensgang
LG Bremen (Urteil vom 30.07.2002; Aktenzeichen 1 O 232/02 a) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird der Rechtsstreit unter Aufhebung des Urteils der 1. Zivilkammer des LG Bremen vom 30.7.2002 zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das LG Bremen zurückverwiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des LG Bremen vom 30.7.2002 Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger den erstinstanzlich gestellten Klagantrag weiter. Hilfsweise beantragt der Kläger die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LG.
Der Berufungsvortrag des Klägers im Einzelnen ergibt sich aus seiner Berufungsbegründung.
Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung. Wegen des Vortrags der Beklagten wird auf ihr Vorbringen Bezug genommen.
II. Die statthafte (§ 511 ZPO) und auch i.Ü. zulässige (§§ 517, 519, 520 ZPO) Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG vom 30.7.2002 führt zur Zurückverweisung der Sache an das LG unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des ihm zugrunde liegenden Verfahrens. Das LG hat die Klage, mit der ein nach Grund und Betrag streitiger Anspruch geltend gemacht wird, zu Unrecht als zur Zeit unbegründet abgewiesen, so dass die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung der Sache an das LG gem. § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO vorliegen, nachdem der Kläger die Zurückverweisung beantragt hat.
Dem klagabweisenden Urteil des LG liegt die Auffassung zugrunde, dass die Abschlagsrechnung des Klägers vom 26.11.2001, auf die die Klagforderung gestützt ist, nicht prüffähig sei (§ 16 Nr. 1 Abs. 1 S. 1 u. 2 VOB/B). Diese Auffassung ist unzutreffend. Das LG hat die rechtlichen Voraussetzungen, die an die Prüffähigkeit einer Abschlagsrechnung zu stellen sind, teilweise verkannt und den Streitstoff insoweit partiell unzutreffend gewürdigt.
Im Ausgangspunkt zutreffend geht das LG davon aus, dass nach § 16 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B Abschlagszahlungen auf Antrag des Auftragnehmers in Höhe des Wertes der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen zu gewähren sind, wobei die Leistungen durch eine prüfbare Aufstellung nachzuweisen sind, die eine rasche und sichere Beurteilung der Leistungen ermöglichen muss. Dies bedeutet, dass der Auftragnehmer die jeweils in dem betreffenden zeitlichen Abstand erbrachten Leistungselemente schriftlich aufzuführen und Angaben zu machen hat, die die Aufstellung prüfbar machen (Ingenstau/Korbion/Locher, Komm. zur VOB, 14. Aufl. 2001, B § 16 Nr. 1 Rz. 44). Wie i.d.R.ung der VOB/B zur Abrechnung in § 14 Nr. 1 u. 2 hat auch die Regelung des § 16 den Zweck, ein ordnungsgemäß nachprüfbares Leistungsbild darzulegen (Ingenstau/Korbion/Locher, Komm. zur VOB, 14. Aufl. 2001, B § 16 Nr. 1 Rz. 44 m.N.). Da es sich bei der Abschlagsrechnung nur um eine vorläufige Aufstellung handelt, sind die Anforderungen an die Prüffähigkeit erheblich geringer als bei einer Schlussrechnung (BGH v. 9.1.1997 – VII ZR 69/96, MDR 1997, 455 = BauR 1997, 468). Aus der prüfbaren Aufstellung muss sich jedoch – wie bei einer Schlussrechnung – auch bei der Abschlagsrechnung ergeben, welche Einzelleistungen nach der Auffassung des Auftragnehmers erbracht sind und welchen Rechnungswert sie bei einwandfreier Ausführung im Einzelnen haben (BGHZ 73, 140; Ingenstau/Korbion/Locher„ Komm. zur VOB, 14. Aufl. 2001, B § 16 Nr. 1 Rz. 44).
Allgemein ist zur Prüffähigkeit der Abrechnung des Auftragnehmers bei einem VOB/B Vertrag auszuführen, dass sich die vom Gericht anzustellende Schlüssigkeitsprüfung auf die Prüfung der Angaben bezieht, die in einer prüffähigen Rechnung mitzuteilen sind (Vertrag, erbrachte Leistung; vgl. OLG Hamm v. 25.3.1996 – 17 U 117/94, OLGReport Hamm 1996, 113 = BauR 1997, 656). Die Darlegungen im Prozessvortrag können dabei eine prüffähige Rechnung ersetzen (OLG Hamm BauR 1998, 819). Es genügt, wenn die Rechnung zu dem Zeitpunkt, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, unter Berücksichtigung des Prozessvortrages des Auftragnehmers prüffähig ist (vgl. Riedl/Rusan/Heiermann, im folgenden: RRH, Komm. zur VOB/B, 9. Aufl. 2000, B § 14 Rz. 25d).
Dabei ist die Prüffähigkeit der Rechnung nicht gleichzusetzen mit ihrer sachlichen Richtigkeit oder der Berechtigung der Forderung selbst (BGH BauR 1999, 637). Ergibt etwa die Nachrechnung einer Position des Leistungsverzeichnisses nicht das vom Auftragnehmer niedergelegte Ergebni...