Verfahrensgang

LG Bremen (Aktenzeichen 11 O 21/16)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 22.07.2021; Aktenzeichen I ZR 180/20)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Bremen, 1. Kammer für Handelssachen, vom 2. Mai 2017 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz des Schadens infolge der auf dem Transport von A./USA nach M./Deutschland im Zeitraum 10.12.2014 bis 18.2.2015 eingetretenen Korrosionen an der Rundschleif- Maschine HG-2 EMAG/Karstens und der Multi-Spindel-Maschine SC7-32 Schütte wird dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.

Auf den Hilfsantrag der Klägerin wird der Rechtsstreit zur Entscheidung über die Höhe und die Kosten, einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens an das Landgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

Der Streitwert wird auf 680.415,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht als Transportversicherer der Fa. R. GmbH (im Folgenden: Fa. R.) Schadensersatzansprüche wegen eingetretener Korrosionsschäden an zwei Industriemaschinen geltend.

Die Fa. R. beabsichtigte, die beiden in ihrem Werk in den USA befindlichen Maschinen, eine Multi-Spindel-Maschine des Typs Schütte SC7-32 mit einem Gesamtgewicht von 22.389,32 kg und eine Rundschleifmaschine des Typs EMAG Karstens HG 2 mit einem Gesamtgewicht von 13.707,20 kg, zu ihrem Firmensitz in M. in Deutschland zurücktransportieren zu lassen und fragte dazu bei der Beklagten im Oktober 2014 an. Die Beklagte bot mit E-Mail vom 26.11.2014 für beide Maschinen neben dem Transport das Abbauen, Verpacken und Stauen an. Die Angebote enthielten unter dem Punkt "Remarks vom Verpacker" den Hinweis: "...bagged with vacuum seal around the machine. This should meet all the requirements for overseas shipment". Auf dieser Grundlage erteilte die Fa. R. mit E-Mail vom 28.11.2014 die Aufträge. Hinsichtlich der Einzelheiten wird insoweit auf die Anlagen K3-K7 zur Klagschrift verwiesen.

Nach Ankunft der Maschinen in Deutschland beanstandete die Fa. R. Korrosionsschäden. Nach einem im Auftrag der Versicherungsmaklerin der Fa. R. eingeholten Gutachten/Abschlussbericht des Havariekommissariats C. G. GmbH (Anlage K8) war insgesamt ein Schaden in Höhe von EUR 678.002,86 entstanden. Geltend gemacht werden davon an die Fa. R. gezahlte 675.415,00 EUR zzgl. 5.000,00 EUR Sachverständigenkosten.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, nicht einen Speditionsvertrag geschlossen, sondern einen konkreten Transportauftrag erteilt, also einen Frachtvertrag geschlossen zu haben. Die Beklagte hafte wegen der mangelhaften Verpackung aus einem selbständigen Werkvertrag, weil sie es versäumt habe, innerhalb der Maschine für ausreichenden Korrosionsschutz zu sorgen. Trocknungsmittel hätten sich in viel zu geringem Umfang in der Verpackung befunden. Die Maschinen seien auch frei zugänglich gewesen; eine technische Verriegelung sähen diese nicht vor, so dass Korrosionsschutzmittel hätten aufgebracht werden können. Die Beklagte sei zur seemäßigen Verpackung verpflichtet gewesen, wozu nach den für Deutschland geltenden Verpackungsrichtlinien gehöre, dass ein Schutz vor Kondenswasserbildung innerhalb der Verpackung gefertigt werde. Die Beklagte habe aufgrund früherer Transporte auch um die Notwendigkeit eines Korrosionsschutzes gewusst, der in der Vergangenheit immer angebracht gewesen sei. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung habe die Beklagte den Korrosionsschutz innerhalb der Vakuumverpackung als den Regeln der Technik entsprechend geschuldet. Auf Haftungsbeschränkungen könne sich die Beklagte nicht berufen, weil Werkvertragsrecht Anwendung finde. Die Nichteinbringung des Korrosionsschutzes stelle sich zudem als eine grobe Missachtung der Schutzinteressen der Auftraggeberin dar, so dass nicht Ziff. 23.1.3 ADSp, sondern Ziff. 27 ADSp einschlägig sei.

Die Klägerin hat beantragt,

Die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 680.415,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 405.000,- seit dem 08.05.2015 und aus EUR 275.415,00 seit dem 30.12.2015 zu zahlen;

die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 2.973,16 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, zum Schadensersatz nicht verpflichtet zu sein, weil sie ihre im Rahmen einer speditionellen Nebenpflicht bestehende Verpackungspflicht ordnungsgemäß erfüllt habe. Zwischen den Beteiligten sei auch kein gesonderter Werkvertrag geschlossen worden, sondern nur ein Speditionsvertrag. Eine besondere Vorsorge gegen Korrosion habe die Beklagte dabei nicht übernommen. Weitergehende Maßnahmen innerhalb der Maschine seien weder vereinbart, noch der Beklagten überhaupt möglich gewesen. Das Innere der Maschinen sei für die Beklagte nicht zugänglich gewesen, weil die Zugänge zum Innenbereich elektronisch verriegelt gewesen seien. Die angeblich zu wenige...

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