Leitsatz (amtlich)
Die in einem Werbemittel getätigte Aussage eines Rechtsanwalts, er sei in einem bestimmten Ort, der zum Bezirk des Gerichts gehört, bei dem er zugelassen ist, "Erster Fachanwalt für . . .", ist zumindest auch so zu verstehen, dass damit nicht nur ein zeitlicher, sondern zugleich ein qualitativer Hinweis gegeben werden soll, der die Gefahr der Irreführung begründet.
Verfahrensgang
LG Bremen (Entscheidung vom 28.09.2006; Aktenzeichen 12 O 310/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird unter Zurückweisung der Berufung der Verfügungsbeklagten das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bremen vom 28. September 2006 geändert und die am 25. August 2006 erlassene einstweilige Verfügung auch insoweit bestätigt, als mit ihr der Verfügungsbeklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,-- EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt worden ist, im Geschäftsverkehr und insbesondere in für die Öffentlichkeit vorgesehenen Anzeigen und Äußerungen den Rechtsanwalt Dr. als "Erster Fachanwalt für Erbrecht in Bremerhaven" zu präsentieren.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.
Gründe
I.
Die Verfügungsbeklagte, eine überörtliche Sozietät von Rechtsanwälten mit Kanzleien in Bremerhaven, Bremen und Beverstedt, veröffentlichte in einer halbseitigen Anzeige in dem in Bremen und in Bremerhaven erscheinenden "Sonntagsjournal" vom 16. Juli 2006 folgende Anzeige:
"DIE Bremerhavener Fachanwaltskanzlei:
Leistung und Kompetenz aus 8 Fachanwaltschaften
Erste Fachanwältin für Verkehrsrecht und erster Fachanwalt für Erbrecht in Bremerhaven"
Darunter befinden sich zwei farbige Abbildungen (Brustbilder) des Rechtsanwalts und Notars Dr. . . . und der Rechtsanwältin G. mit entsprechenden Bezeichnungen, wobei die Namen blickfangmäßig hervorgehoben sind. Unterhalb des erstgenannten Namens sind folgende Hinweise angebracht: "Erster Fachanwalt für Erbrecht in Bremerhaven" und darunter - in kleinerem Schriftbild - "Fachanwalt für Verwaltungsrecht" sowie unterhalb des letztgenannten Namens - "Erste Fachanwältin für Verkehrsrecht in Bremerhaven" und darunter - ebenfalls in kleinerem Schriftbild - "Fachanwältin für Familienrecht" . Im Anschluss an diese Verlautbarungen findet sich der Hinweis: "Unser neues Angebot für Sie nach der Reform des Gebührenrechts: Beratung zum Festpreis Ihr Recht für 29,-- Euro", wobei die Worte ab "Beratung" farblich und nach der Größe des Schriftbildes hervorgehoben sind (Anlage ASt 1 = Bl. 7/8 d.A.).
Unstreitig ist Herr Rechtsanwalt Dr. derjenige Rechtsanwalt, dem in zeitlicher Hinsicht als erstem Bremerhavener Mitglied der Verfügungsklägerin die Befugnis zur Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Erbrecht" verliehen worden ist. Ebenso unstreitig ist Frau Rechtsanwältin G. die erste Rechtsanwältin, der als Mitglied der Verfügungsklägerin die Befugnis zur Führung der Bezeichnung "Fachanwältin für Verkehrsrecht" verliehen worden ist. In zeitlicher Hinsicht ist allerdings Herrn Rechtsanwalt M. , ebenfalls Mitglied der Verfügungsklägerin mit einer Kanzlei in Bremerhaven, schon früher die Befugnis zur Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Verkehrsrecht" zuerkannt worden.
Die Verfügungsklägerin hat die Ansicht vertreten, die von der Antragsgegnerin veranlasste Anzeige sei wettbewerbswidrig weil irreführend, denn sie rufe den unrichtigen Eindruck hervor, die in ihr bezeichneten Personen seien mit besonderer Sachkunde ausgestattet, die diejenige anderer Rechtsanwälte übertreffe, weil die Bezeichnung "Erster" und "Erste" bei dem unbefangenen Leser die Vorstellung einer Spitzenstellung in qualitativer Hinsicht erwecke. Zudem treffe die in Bezug auf Frau Rechtsanwältin G. aufgestellte Behauptung auch in zeitlicher Hinsicht nicht zu, denn Herrn Rechtsanwalt M. sei bereits zeitlich früher die Befugnis zur Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Verkehrsrecht" zugebilligt worden.
Die Verfügungsklägerin hat, nachdem, die Verfügungsbeklagte sich geweigert hatte, eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben, beantragt, der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung und wegen der Dringlichkeit der Sache unter Verzicht auf eine mündliche Verhandlung bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,-- für jeden Fall der Zuwiderhandlung aufzugeben, es zu unterlassen, im Geschäftsverkehr und insbesondere in für die Öffentlichkeit bestimmten Anzeigen und Äußerungen
zu präsentieren.
Mit Beschluss vom 25. August 2006 (Bl. 14/15 d.A.) hat das Landgericht Bremen die begehrte einstweilige Verfügung wie von der Verfügungsklägerin beantragt erlassen. Auf den von der Verfügungsbeklagten dagegen erhobenen Widerspruch hat das Landgericht mit Urteil vom 28. September 2006, auf dessen Tatbestand (Bl. 34/35 d.A.) und Entscheidungsgründe (Bl. 36/37 d.A.) w...