Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung von Darlehen zu den "üblichen Bedingungen" i.S.v. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG
Leitsatz (amtlich)
Zur Klärung der Frage, ob das Darlehen zu den "üblichen Bedingungen" i.S.v. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG gewährt wurde, kann der Vergleichszins aus den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank zugrunde gelegt werden. Liegt der vereinbarte Zinssatz innerhalb dieser in der Zinsstatistik ausgewiesenen Zinssätze, ist auch dann von einer Marktüblichkeit auszugehen, wenn der gewährte Kredit nicht hinsichtlich aller Kriterien denen entspricht, die der statistischen Stichprobenerhebung zugrunde liegen.
Normenkette
VerbrKrG § 3 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Bremen (Urteil vom 23.10.2009; Aktenzeichen 4 O 966/08) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Bremen vom 23.10.2009 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch wegen behaupteter fehlerhafter anwaltlicher Beratung geltend. Der Kläger nahm im Jahre 1994 ein sog. Policendarlehen mit dem Nennbetrag von 400.000 DM bei der Sparkasse B. auf; dabei wurde die Rückzahlung des Kredits an die Fälligkeit einer Kapitallebensversicherung geknüpft. Das Darlehen wurde zunächst für einen festgeschriebenen Zeitraum bis zum 30.9.1999 jährlich mit 7,1 % verzinst und ab dem 1.10.1999 bis zum Vertragsende mit 6 %. Zur Sicherung des Darlehens bestellte der Kläger Grundpfandrechte zugunsten der Sparkasse B.; zudem trat er seine Ansprüche aus der Kapitallebensversicherung an die Sparkasse B. ab. Da in den zwischen dem Kläger und der Sparkasse B. bestehenden Darlehensvereinbarungen Angaben zu der Summe fehlten, die auf die verbundenen Verträge insgesamt einschließlich Zinsen und Vertragskosten zu zahlen waren, erhob der Kläger Klage auf Neuberechnung der monatlichen Leistungsraten unter Berücksichtigung der verminderten Zinsen und Rückzahlung überbezahlter Zinsen i.H.v. EUR 57.320,93 gegen die Sparkasse B. vor dem LG Bremen (Az.: 2-O- 1043/04). Das LG Bremen wies die Klage am 7.10.2004 ab, da das VerbrKrG nicht anwendbar sei, jedenfalls aber § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG einschlägig sei, da der Kläger nicht konkret vorgetragen habe, dass der grundpfandrechtlich abgesicherte Kredit nicht zu den üblichen Bedingungen gewährt worden sei.
Daraufhin beauftragte der Kläger den Beklagten mit der Durchführung des Berufungsverfahrens vor dem Hanseatischen OLG Bremen. Der Beklagte stützte die Berufung maßgeblich auf die Verkennung der Beweislast durch das LG Bremen hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG. Denn das LG Bremen habe in seinem Urteil zu Unrecht darauf abgestellt, der Kläger sei vortrags- und beweisfällig dazu geblieben, dass das Policendarlehen nicht zu den üblichen Bedingungen i.S.v. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG gewährt worden sei.
Mit den Schriftsätzen vom 23.3.2005 und 24.3.2005 legte die Sparkasse B. im Berufungsverfahren zur Frage der "üblichen Bedingungen" i.S.v. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG Zinstabellen aus den jeweiligen Monatsberichten der Deutschen Bundesbank vor. Aus dem Monatsbericht vom Oktober 1994 ergab sich, dass für den Monat September 1994 für festverzinsliche Hypothekarkredite bei 5-jähriger Laufzeit die Streubreite 7,77 % - 8,74 % betrug. Aus dem Monatsbericht vom Oktober und November 1999 ergab sich eine Spannbreite für festverzinslich Hypothekarkredite bei 5-jähriger Laufzeit, die 5,88 % - 6,13 (Oktober) bzw. 5,43 % - 6,43 % (November) betrug. Unter Bezugnahme auf diese seitens der Berufungsbeklagten vorgelegten Monatsberichte der Deutschen Bundesbank teilte die Berichterstatterin des 4. Senats des Hanseatischen OLG Bremen, Frau Richterin S., dem Beklagten am 31.3.2005, d.h. einen Tag vor dem auf den 1.4.2005 angesetzten Verhandlungstermin, telefonisch mit, dass der Senat der Berufung nach der Vorberatung keine Aussicht auf Erfolg beimesse. Denn das dem Kläger gewährte Darlehen habe ausweislich der vorgelegten Monatsberichte der Deutschen Bank den üblichen Bedingungen i.S.v. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG entsprochen. Da das Hanseatische OLG Bremen eine Terminsverlegung ablehnte, nahm der Beklagte nach Rücksprache mit dem Kläger, den er auf das Kostenrisiko und die fehlende Zeit zur Überprüfung des seitens der Sparkasse B. vorgelegten Zahlenmaterials hingewiesen hatte, die Berufung zurück.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Rücknahme der Berufung stelle eine Pflichtverletzung des Beklagten dar. Denn der Beklagte habe die Berufung auch nach Vorlage der Monatsberichte der Deutschen Bundesbank durch die Berufungsbeklagte schon deshalb nicht zurücknehmen dürfen, weil diese...