Leitsatz (amtlich)
1. Ist in einer vertraglichen Vereinbarung geregelt, dass ein auf ein Unternehmen im Ganzen oder eines Teils von diesem bezogenes Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle gelten soll, "die binnen einer Frist von einem Jahr nach Beendigung dieses Kooperationsvertrages abgeschlossen werden", so kann die Vertragsauslegung ergeben, dass sich das Vorkaufsrecht auch auf einen Verkaufsfall bezieht, der während der Laufzeit des Kooperationsvertrages eintritt.
2. Unterlässt es der Vorkaufsverpflichtete pflichtwidrig, den Vorkaufsberechtigten wie vertraglich vereinbart über den Vorkaufsfall zu unterrichten, und vollzieht er das Erfüllungsgeschäft mit dem Dritten, so kann der Vorkaufsberechtigte Schadensersatz wegen der Pflichtverletzung des Vorkaufsverpflichteten von diesem nur dann verlangen, wenn er das ihm zustehende Vorkaufsrecht nach Maßgabe der dafür bestehenden vertraglichen Vereinbarungen unzweideutig ausgeübt hat.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 464
Verfahrensgang
LG Bremen (Urteil vom 30.12.2005; Aktenzeichen 13 O 586/04) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Bremen vom 30.12.2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 11.300 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch geltend, den sie daraus herleitet, dass die Beklagte es unterlassen habe, sie rechtzeitig über den Eintritt der Voraussetzung für ein ihr zustehendes Vorkaufsrecht zu unterrichten mit der Folge, dass sie dieses Recht nicht habe wahrnehmen können und deshalb einen Vermögensschaden erlitten habe.
Beide Parteien waren mit dem Vertrieb von Kraft- und Schmierstoffen sowie von Heizöl befasst, wobei die Klägerin sich bemühte, den Geschäftsbetrieb der Beklagten im Bereich der Sparten Dieselkraftstoff, Öle und Fette sowie - u.U. - auch Heizöl von der Beklagten zu übernehmen. Da die zwischen den Parteien geführten Verhandlungen zunächst nicht zu einem abschließendem Ergebnis geführt hatten, schlossen die Parteien am 19.11.1996/4.12.1996 eine mit "Kooperationsvertrag" bezeichnete Vereinbarung (Anlage K 1 = Bl. 24-40 d.A.), die zunächst - rückwirkend - für die Zeit seit dem 1.10.1996 bis zum 30.9.1998 "fest abgeschlossen" wurde (Artikel VIII Abs. 1 Satz 1). Die Vereinbarung sollte sich jeweils um ein weiteres Vertragsjahr verlängern, wenn nicht eine der Vertragsparteien der Verlängerung unter Wahrung einer Frist von drei Monaten widersprach (Artikel VIII Abs. 1 Satz 2).
Zu Beginn der Vereinbarung findet sich folgende so bezeichnete Präambel:
"(1) L. unterhält ein Tankstellennetz und befasst sich mit dem Handel von Kraftstoffen, Heizöl, Schmierstoffen, der Altölentsorgung und mit dem Holz- und Bautenschutz. Die geschäftlichen Aktivitäten von L. erstrecken sich räumlich derzeit auf die Gebiete Niedersachsen und Bremen einschließlich nördliches Nordrhein-Westfalen.
G. befasst sich im Wesentlichen mit dem Vertrieb von Dieselkraftstoffen, Heizölen und Schmierstoffen. Die geschäftlichen Aktivitäten von G. erstrecken sich räumlich auf die Bereiche Bremen und Bremer Umland sowie nördliches Niedersachsen. Die Vertragspartner stehen im Raum Bremen, Bremer Umland und nördliches Niedersachsen auf den Geschäftsfeldern "Vertrieb von Dieselkraftstoffen, Heizölen und Schmierstoffen" in Wettbewerb zueinander.
(2) Die Gesellschafter von G. tragen sich im Hinblick auf eine offene
Nachfolgeregelung mit der Absicht, entweder ihre Geschäftsanteile zu veräußern oder nach Veräußerung eines Teilbetriebes die Liquidation der Gesellschaft vorzunehmen. L. hat ihr Interesse signalisiert, die Geschäftsbereiche "Vertrieb von Dieselkraftstoffen, Ölen/Fetten, eventuell Heizöl" von G. zu übernehmen (zu erwerben). Die diesbezüglich zwischen den Vertragsparteien geführten Verhandlungen konnten bisweilen nicht zum Abschluss gebracht werden. Die Vertragsparteien gehen jedoch davon aus, dass die zwischen Ihnen geführten Unternehmens-Kauf-Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen werden können. Um diese Absicht zu bekräftigen, vereinbaren die Parteien im Rahmen dieses Kooperationsvertrages ein Vorkaufsrecht von L.
In der Zwischenzeit wollen die Vertragspartner in den durch diesen KooperationsVertrag näher bestimmten Teilbereichen zusammenarbeiten mit dem Ziel, die Möglichkeiten zweier gesunder traditioneller Familienbetriebe zu nutzen, um Kosten zu senken, Ressourcen zu nutzen und die Leistungsfähigkeit zum beiderseitigen Nutzen zu steigern, um dem wachsenden Druck anderer Wettbewerber erfolgreich begegnen zu können.
(3) Die Vertragspartner bleiben - ungeachtet der hierdurch vereinbarten Kooperation - wirtschaftlich und rechtlich selbständige Unternehmen. Eine gesellschaftsrechtliche Verbindung der Vertragspartner durch diesen Kooperationsvertrag ist nicht gewollt."
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