Verfahrensgang
LG Bremen (Entscheidung vom 11.04.1989; Aktenzeichen 1 O 2545/86) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten zu 1 gegen das Urteil des Landgerichts Bremen - 1. Zivilkammer - vom 11. April 1989 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Feststellungsausspruch wie folgt gefasst wird:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1 verpflichtet ist, den Klägerinnen alle weiteren sich aus dem Badeunfall der Klägerin zu 1 vom 14. Oktober 1985 ergebenden materiellen Schäden zu ersetzen, soweit der Ersatzanspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen ist.
Die Anschlussberufung der Klägerin zu 1 wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsrechtszuges trägt die Klägerin zu 1 2/25 der mit ihrer Klage zusammenhängenden Kosten; die übrigen Kosten des Berufungsrechtszuges trägt die Beklagte zu 1.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte zu 1 darf die Vollstreckung der Klägerin zu 1 durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 263.600 DM und die Vollstreckung der Klägerin zu 2 durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 54.500 DM abwenden, jeweils unter der Voraussetzung, dass nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Der Wert der Beschwer der Beklagten zu 1 wird auf 346.935,30 DM, der Wert der Beschwer der Klägerin zu 1 wird auf 30.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin zu 1 besuchte am 14. Oktober 1985 mit einer Hortgruppe des Kindertagesheimes xxx das Hallenbad der Beklagten zu 1 in der xxx-Straße in B. Die Kindergruppe wurde von den Erziehern xxx und xxx begleitet. Auf nicht geklärte Weise ging die Klägerin zu 1, die nicht schwimmen konnte und zuvor noch nie ein Hallenbad besucht hatte, von den anderen unbemerkt unter und blieb so lange am Grund des Beckens liegen, dass sie irreparable Gehirnschäden erlitt, nämlich ein apallisches Syndrom. Der, Beklagte zu 2 sowie der Schwimmmeister L. und die beiden Erzieher sind vom Schöffengericht Bremen freigesprochen worden., Die Parteien haben die Strafakten 75 und (90) 83 Ls 693 Js 30361/86 der Staatsanwaltschaft Bremen zum Bestandteil ihres Vorbringens gemacht. Die Klägerin zu 2 erbrachte Ersatzleistungen in Höhe von 101.935,30 DM.
Die Klägerin zu 1 hat Schmerzensgeld und materiellen Schadensersatz von den Beklagten verlangt. Die Klägerin zu 2 hat einen gemäß § 116 SGB X auf sie übergegangenen Schadensersatzanspruch in Höhe von 51.935,30 DM geltend gemacht. Sie haben sich auf ein Organisationsverschulden der Beklagten zu 1 gestützt, das sich im Einzelnen darin zeige, dass zur Abgrenzung des Nichtschwimmerbereichs eine viel zu hoch über der Wasseroberfläche angebrachte Fähnchenleine verwendet worden sei, dass das auf die Abgrenzung hinweisende Schild falsch platziert und von der Schwimmmeisterkabine der Boden des Schwimmbeckens teilweise nicht einsehbar sei. Ferner hat die Klägerin zu 1 behauptet, wegen ihrer erheblich gestiegenen Bedürfnisse, beispielsweise für entsprechende Möbel und die Beförderung mit dem Rollstuhl, sei eine Rente von monatlich 1.500 DM erforderlich.
Die Klägerinnen haben beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin zu 1 ein Schmerzensgeld von 180.000 DM sowie eine lebenslängliche monatliche Rente in Höhe von 1.500 DM zu zahlen, und zwar die Rückstände sofort, die zukünftigen Raten jeweils bis zum 3. eines jeden Monats, sowie an die Klägerin zu 2 51.935,30 DM nebst 4 % Prozesszinsen zu zahlen,
festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet seien, ihnen alle weiteren sich aus dem Badeunfall der Klägerin zu 1 vom 14. Oktober 1985 ergebenden materiellen Schäden zu ersetzen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben jegliche Pflichtwidrigkeit in Abrede gestellt. Zum Rentenanspruch haben sie geltend gemacht, er sei überhöht und zu pauschal begründet. Im Übrigen seien auch die Leistungen der Krankenkasse und sonstiger Stellen zu berücksichtigen.
Das Landgericht Bremen hat durch Urteil vom 11. April 1989, auf dessen Tatbestand (Bl. 208-215 d.A.) ergänzend Bezug genommen wird, die Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen und im Übrigen die Beklagte zu 1 antragsgemäß verurteilt. Es sieht eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht im Zusammenhange mit ungenügender Organisation des Badebetriebs als gegeben an. Insbesondere sieht es deshalb eine besondere Gefahrenlage, weil das Warnschild erst nach Beginn der Bodenabsenkung im Schwimmbecken angebracht gewesen sei, weil das Trennseil wegen der 1,50 m über dem Wasserspiegel vorgenommenen Anbringung als Markierung nicht ausgereicht habe, weil die beiden Schwimmbecken vom Schwimmlehrerraum nur unzureichend einsehbar seien und weil das Schwimmbad zum Unfallzeitpunkt nach Darstellung der Beklagten mit 70 bis 80 Kindern ausgesprochen gut besucht gewesen sei.
Gegen dieses Urteil, das der Beklagten zu 1 am 18. April 1989 zugestellt worden ist, hat diese am 18. Mai 1989 Berufung eingelegt. Nachdem aufgrund ihres am 15. Juni 1989 eingegangenen Verlängerungsantrags die Berufungsbegrü...