Leitsatz (amtlich)

1. Die (nahezu verschuldensunabhängige) Obhutshaftung des Frachtführers ggü. dem Absender und dem Empfänger des Gutes beschränkt sich auf den durch Verlust oder Beschädigung herbeigeführten Schaden zzgl. bestimmter in § 432 HGB genannter Kosten, erfasst also nicht „Folgeschäden”. Das gilt auch, wenn diese Folgeschäden in der Person eines Dritten eintreten.

2. Wird eine beförderte Flüssigkeit bei der Ablieferung an den Empfänger infolge im Fahrzeug noch vorhandener Rückstände früher transportierter Ware verunreinigt und ist eine Aufbereitung des verunreinigten Stoffes allein deshalb ausgeschlossen, weil bereits ein weiterer Arbeitsgang beim Empfänger begonnen worden ist, so hat der Frachtführer lediglich die Kosten der grundsätzlich möglichen Aufbereitung zu erstatten.

 

Normenkette

HGB § 425 Abs. 1, § 434 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 26.03.2003; Aktenzeichen 11 O 397/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Nebenintervenientin zu 2) wird das Urteil des LG Bremen – 2. Kammer für Handelssachen – vom 26.3.2003 abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2.049 Euro nebst 5 % Zinsen seit dem 16.5.2000 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung einschl. der außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientinnen zu 1) und 2) insgesamt sowie 81 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Im Übrigen tragen die Parteien und die Nebenintervenientinnen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Von den Kosten der ersten Instanz trägt die Klägerin die durch die Verweisung des LG Koblenz entstandenen Kosten vorweg. Im Übrigen trägt sie 96 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten sowie der Nebenintervenientinnen zu 1) und 2) Die Beklagte trägt 4 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin sowie der Nebenintervenientinnen zu 3) und 4) Im Übrigen tragen die Klägerin, die Nebenintervenientinnen und die Beklagte ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin und der Nebenintervenientinnen zu 3) und 4) jedoch gegen eine Sicherheitsleistung von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin und die Nebenintervenientinnen zu 3) und 4) zuvor jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten und der Nebenintervenientinnen zu 1) und 2) gegen Sicherheitsleistung des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte und die Nebenintervenientinnen zu 1) und 2) zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt als Versicherer der Spedition GmbH aus abgetretenem Recht die Beklagte aus einem Transportschaden und hieraus resultierenden Folgeschäden in Anspruch, und zwar in erster Instanz mit insgesamt 51.017,84.; in der Berufungsinstanz verlangt sie nur noch 49.551,72 Euro. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagte transportierte mit einem Tanklastzug, der von der Nebenintervenientin zu 3) stammte, 25.000 kg Apfelsaftkonzentrat zur Nebenintervenientin zu 4) Der Lastzug-Auflieger verfügte über drei Kammern, von denen nur die beiden äußeren betankt worden waren. Nachdem der Transport bei der Nebenintervenientin zu 4) eingetroffen war, nahm diese Proben, die einwandfrei waren. Dann begann die Nebenintervenientin zu 4) noch während des Entladevorgangs mit der Verarbeitung des Konzentrats zu Apfelschorle, die auf 0,7-Liter-Flaschen gefüllt wurde. Nachdem 17.300 kg des Apfelsaftkonzentrats entladen, verarbeitet und auf 218.404 Flaschen gefüllt worden waren, stellte die Nebenintervenientin zu 4) fest, dass die Ware mit Kokosfett verunreinigt war. Dieses war zuvor mit dem Tankauflieger transportiert und bei der Reinigung nicht vollständig entfernt worden. Die Verunreinigung hatte sich – wohl auf Grund von Bedienungsfehlern – im oben liegenden Druckluftsystem befunden, so dass sie beim Probenziehen nicht hatte bemerkt werden können. Die Nebenintervenientin zu 4) pumpte nach Feststellung des Mangels die in den Rohrleitungen verbliebene Restmenge in den Tank-Auflieger zurück, in dem sich noch 7.700 kg einwandfreies Apfelsaftkonzentrat befand. Danach wurde das nicht verarbeitete Konzentrat zur Herstellerin zurücktransportiert und dort zum Preise von 0,28 Euro pro kg aufgearbeitet und wieder verwendet.

Die Klägerin macht einen Warenschaden von 22.392,03 Euro abzgl. bereits geleisteter 4.282,07 Euro geltend, ferner die Kosten des Rücktransports der nicht verbrauchten Restmenge des Konzentrats von 766,93 Euro und die Kosten für dessen Aufarbeitung von 0,28 Euro pro kg = 2.165,32 Euro. Darüber hinaus verlangt die Klägerin die Erstattung des weiteren der Nebenintervenientin zu 4) entstandenen Schadens für vergeblich eingesetzte Rohstoffe, Verpackungskosten, Maschinen- und Personalkosten etc. gem. deren Schadensberechnung.

Das LG hat der Klage nur hinsichtlich eines Be...

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