Leitsatz (amtlich)
1. Nimmt der Versicherungsnehmer einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung nach dem Zeitpunkt, ab dem er Berufsunfähigkeit geltend gemacht hat, aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung eine Tätigkeit auf, trägt er dafür die Beweislast, dass es sich hierbei nicht um einen Vergleichsberuf handelt.
2. Entscheidend für die Beurteilung der Frage, ob der Vergleichsberuf der bisherigen Lebensstellung entspricht, ist, dass die Qualifikation für den Vergleichsberuf nicht geringer ist als jene für den früheren Beruf, und dass bestimmte, prägende Merkmale des bisherigen Berufs zwar weggefallen, aber durch andere, auf gleicher Stufe stehende Merkmale ersetzt worden sind (hier: Verweisung eines Rohrschlossers in einer Schiffswerft auf eine Tätigkeit als Konstrukteur für die Erstellung von Konstruktionsplänen von Rohrleitungen auf Schiffsbauten).
Normenkette
BB-BUZ § 2
Verfahrensgang
LG Bremen (Urteil vom 25.09.2008; Aktenzeichen 6 O 505/06) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Bremen vom 25.9.2008 wie folgt abgeändert:
Die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 459,89 EUR zu zahlen.
Die Berufung des Klägers im Übrigen wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung.
Der im Jahre 1972 geborene Kläger war als Rohrschlosser bei einer Schiffswerft tätig. Bei der Beklagten schloss er unter dem 30.10.2001 eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ab. Mit einbezogen in den Versicherungsvertrag waren die "Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung" der Beklagten (im Folgenden: AVB). § 2 Abs. 6 Satz 1 und 2 enthält folgende Regelung:
"Berufsunfähigkeit liegt nicht oder nicht mehr vor, wenn die versicherte Person eine Tätigkeit konkret ausübt, die der im bisherigen Beruf ausgeübten Tätigkeit vergleichbar ist. Die Tätigkeit muss aufgrund der Gesundheitsverhältnisse, der Ausbildung und Erfahrung sowie der bisherigen Lebensstellung zumutbar sein."
Auf den Inhalt des vorgenannten Vertrages nebst den einbezogenen Versicherungsbedingungen im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen.
Am 4.6.2004 erlitt der Kläger bei einem Arbeitsunfall eine vordere Kreuzbandruptur/Innenseitenbandruptur des linken Kniegelenks. Aufgrund der Instabilität des linken Kniegelenks befand sich der Kläger seit dieser Zeit in intensiver medizinischer Betreuung, die u.a. zwei Operationen, stationäre Rehabilitationsmaßnahmen und verschiedene Therapien umfasste.
Im Sommer 2004 machte der Kläger ggü. der Beklagten Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung geltend. Die Beklagte erbrachte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht vom 1.1.2005 bis zum 30.9.2005 Leistungen.
Am 1.8.2005 begann der Kläger damit, bei seiner bisherigen Arbeitgeberin die Ausübung einer anderen Tätigkeit zu erproben. Da die Ergebnisse zufriedenstellend waren, wurde mit Wirkung ab 1.7.2006 ein Änderungsvertrag zu dem bestehenden Arbeitsverhältnis geschlossen. Auf den Inhalt dieses Vertrages wird ergänzend Bezug genommen. In seiner jetzigen Tätigkeit arbeitet der Kläger ausschließlich am Computer und im Wesentlichen sitzend im Büro. Handwerkliche Tätigkeiten übt er im Gegensatz zu früher nicht mehr aus. Seine vollschichtige Tätigkeit besteht darin, für die Erstellung von Rohrleitungen auf Schiffsneu- oder -umbauten Konstruktionszeichnungen anzufertigen, Materialermittlungen vorzunehmen, Stücklisten zu schreiben und Koordinierungspläne aufzustellen. Er fertigt jetzt die Konstruktionspläne, Materiallisten etc. für solche Arbeiten an, die er früher handwerklich umsetzte. Eine wesentliche Veränderung des regulären Verdienstes ist mit der neuen Tätigkeit nicht verbunden. Das aktuelle Bruttogehalt des Klägers entspricht in etwa dem aus seiner früheren Tätigkeit. Allerdings ist im Vergleich zu früher die Möglichkeit entfallen, Überstunden zu leisten. Ebenso ist die Aussicht entfallen, durch einen zeitlich befristeten Auslandsaufenthalt in der Türkei das Einkommen für diese Zeit erheblich zu erhöhen.
Mit Schreiben vom 9.9.2005 lehnte die Beklagte Leistungen für die Zeit ab dem 1.10.2005 ab. Sie begründete das damit, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers gebessert habe. Dabei wies sie den Kläger auf die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG hin. Das Schreiben ging am 10.9.2005 beim Kläger ein. Mit Schreiben vom 1.11.2005 forderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte zur weiteren Leistung auf. Das lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 17.11.2005 ab.
Inzwischen ist unter Berücksichtigung des erstinstanzlich eingeholten gerichtlichen Sachverständigengutachtens unstreitig, dass der Kläger auch in der...