Leitsatz (amtlich)

Ein Zwischenurteil über den Grund, mit welchem festgestellt wird, dass der Beklagte dem Grunde nach berechtigt ist, ein Zurückbehaltungsrecht gegen die Klageforderung geltend zu machen, ist sowohl als Teilurteil als auch als Grundurteil unzulässig.

 

Normenkette

ZPO § 301 Abs. 1, § 304 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 11.09.2009; Aktenzeichen 13 O 13/2008)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Bremen, 3. Kammer für Handelssachen, vom 11.9.2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung - auch über die außergerichtlichen Kosten der Berufung - an das LG zurückverwiesen.

Die Gerichtskosten für die Berufung werden nicht erhoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat an die Beklagte Beton geliefert und klagt hierfür aus 5 Rechnungen vom 26.9.2007, 23.10.2007, 12.11.2007, 14.11.2007 und vom 21.11.2007 einen unstreitigen Kaufpreis von zusammen EUR 15.418,43 ein.

Die Beklagte errichtete in B., W -Straße 7, eine Halle und ließ sich das hierfür benötigte Beton von der Klägerin anliefern. Am 5.11.2007 konnten die Betonlaster aufgrund eines für sie zu kleinen Tores nicht direkt zur Baustelle fahren. Vielmehr musste der Beton über Schlauchleitungen zur Halle gepumpt werden. Das Verlegen der Schläuche und das Pumpen wurden im Auftrag der Klägerin durch die Betonpumpdienst W. GmbH, der auf Seiten der Klägerin beigetretenen Nebenintervenientin, durchgeführt. Dabei sowie auch bei einer angeblich anschließend auf der Baustelle durchgeführten Reinigung der Schläuche und Pumpen soll Beton in erheblichem Umfang ausgetreten sein und die zur Entwässerung der Hoffläche dienenden Rohrleitungen verschmutzt haben.

Die Beklagte macht insoweit vor dem LG Bremen (Az.: 8 O 82/08) einen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin geltend und führt diesen Gegenanspruch im vorliegenden Prozess durch die Geltendmachung eines hierauf gestützten Zurückbehaltungsrechts ein. Die Beklagte beziffert die für die Beseitigung erforderlichen Kosten auf EUR 12.945 netto. Die Klägerin und die Nebenintervenientin bestreiten die Verschmutzungen sowie ihre angebliche Verantwortlichkeit hierfür.

Das LG Bremen, 3. Kammer für Handelssachen, hat - nach Vernehmung von sieben Zeugen zu den angeblich die Verschmutzung herbeiführenden Arbeiten - am 11.9.2009 ein "Grund-Urteil" erlassen und festgestellt, dass die Beklagte dem Grunde nach berechtigt sei, ein Zurückbehaltungsrecht wegen des Schadensfalls vom 5.11.2007 bis zur Höhe von EUR 12.945 gem. einem vorgelegten Angebot geltend zu machen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Betonverunreinigungen darauf zurückzuführen seien, dass Mitarbeiter der Nebenintervenientin vor der Halle die Schläuche mit Wasser gereinigt und hierdurch die Betonverunreinigungen der Rohrleitungen verschuldet hätten.

Ferner hat das LG beschlossen, ein schriftliches Sachverständigengutachten zum Umfang der Verschmutzungen einzuholen.

Mit der hiergegen rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung wendet sich die Klägerin gegen die Beweiswürdigung des LG. Dem schließt sich die Nebenintervenientin an.

Die Klägerin und die Nebenintervenientin beantragen, unter Aufhebung des Urteils des LG Bremen vom 11.9.2009 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 15.418,43 nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.2.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Beweiswürdigung des LG für zutreffend.

II. Auf die zulässige Berufung der Klägerin ist das landgerichtliche Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das LG zurückzuverweisen. Bei dem angegriffenen Urteil handelt es sich um ein unzulässiges Teilurteil (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 ZPO) sowie auch um ein gem. § 304 Abs. 1 ZPO unzulässiges Grundurteil.

Da das LG nicht auch über den Klaganspruch, sondern nur über das hiergegen geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht der Beklagten durch "Grundurteil" entschieden hat, liegt ein Teilurteil i.S.d. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 ZPO vor. Dieses ist nicht gem. § 301 Abs. 1 ZPO zulässig:

Nach § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Teilurteil - abgesehen vom Sonderfall einer Widerklage - nur über einen in einer Klage geltend gemachten Anspruch ergehen. Ein Zurückbehaltungsrecht ist aber kein Anspruch, sondern eine Einrede, die den Kläger nicht zur Erbringung der Gegenleistung verpflichtet. Folglich erwächst die Entscheidung über das Bestehen eines Zurückbehaltungsrechts auch nie in materielle Rechtskraft (s. BGHZ 117, 1, 2 f. m.w.N.).

Zudem kommt ein Teilurteil von vornherein nur in Betracht, wenn es einen abgrenzbaren Teil des Verfahrensgegenstandes betrifft (s. z.B. BGH NJW 1999, 1035). Dies ist bei einem Zurückbehaltungsrecht ggü. der Klagforderung nicht der Fall, weil es - wie bereits ausgeführt - nicht zur Zuerkennung eines gesonderten Gegenrechts führt, sondern dem Beklagten lediglich eine aufschiebende Einrede verschafft...

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