Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 7 O 1585/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Zwischenfeststellungsurteil des Landgerichts Bremen, 7. Zivilkammer, vom 27. April 2018 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Zwischenfeststellungsklage der Klägerin wird abgewiesen.
Es wird festgestellt, dass die von der Klägerin mit Schreiben vom 18.12.2009 ausgesprochene Kündigung des Bauvertrages ihrer Rechtsnatur nach eine "freie" Kündigung gemäß § 8 Nr. 1 VOB/B, § 649 BGB (a. F.) ist.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Nebenintervenientin trägt ihre im Berufungsverfahren entstandenen Kosten selbst.
Die Kostenentscheidung erster Instanz bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.630.146,08 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagten Ansprüche aus einem von ihr am 18. Dezember 2009 gekündigten VOB/B-Bauvertrag vom 3. März 2008 u.a auf Ersatz von Mehrkosten aufgrund der Beendigung der Arbeiten durch Drittunternehmen geltend. Die Beklagte zu 1) verlangt widerklagend restlichen Werklohn einschließlich einer Mehrvergütung wegen Bauzeitverlängerung.
Durch VOB-Bauvertrag vom 3.3.2008 beauftragte die W.- Bremen GmbH die Beklagte zu 1), eine ARGE, mit der Errichtung des Weserkraftwerks Bremen-Hemelingen. Die Beklagten zu 2) und 3) sind Gesellschafter der Beklagten zu 1). Durch Vertrag vom 5.3.2008 wurde das Vertragsverhältnis mit Zustimmung der Beklagten zu 1) von der W.- Bremen GmbH auf die Klägerin übertragen.
Die Beklagte zu 1) hatte auf der Grundlage der dem Vertrag zugrunde liegenden Baubeschreibung die Ausführungsplanung nebst Statik zu erstellen und das Wasserkraftwerk - mit Ausnahme der Turbinentechnik - zu bauen. Die Turbinen sollten durch den Windanlagenhersteller E.- GmbH eingebaut werden. Die Baubeschreibung sah vor, das Weserkraftwerk in vier Bauabschnitten zu erstellen, nämlich Krafthaus, Einlaufbauwerk, Auslaufbauwerk und Triebwasserkanal. Die Baugrubenwände dieser vier Funktionsbereiche des Weserkraftwerks waren aus überschnittenen Bohrpfahlwänden herzustellen, die gleichzeitig auch als dauerhafte Bauwerkswände Verwendung finden sollten. Zur Weser hin sollten die Baugruben des Einlauf- und Auslaufbauwerks durch bereits vorhandene Uferspundwände begrenzt werden. Gegeneinander sollten die Baugruben während des Baues durch rückbaubare Schottwände/Querschotte voneinander abgegrenzt werden.
Nach § 3.1 des Bauvertrages (Anlage K 1) sollten die Arbeiten auf der Baustelle ab dem 1.4.2008 beginnen. Folgende "Zwischentermine" sollten Vertragsfristen sein, nämlich der 21.9.2009 (Baufreiheit für den Einbau der Turbinen) und der 2.11.2009 (Baufreiheit für die Inbetriebnahme der Turbine). Gegenstand des Vertrages war zudem ein Vertragsterminplan (Anlage K 3). Nach § 3.3 des Bauvertrages hatte die Beklagte zu 1) die ihr "übertragenen Leistungen in einer Vertragsfrist der aus dem anliegenden Terminplan ersichtlichen Fertigstellungsfrist abschließend fertigzustellen."
Die Beklagte zu 1) begann unmittelbar nach Auftragserteilung mit der Ausführungsplanung und der baulichen Umsetzung. Während der Bauzeit erteilte die Klägerin mehrere Nachträge, deren Anzahl und Umfang im Einzelnen allerdings zwischen den Parteien streitig ist.
Es kam zu erheblichen Verzögerungen im Bauablauf, deren Ursachen zwischen den Parteien streitig sind. Dabei geht es im Einzelnen um folgende Störungssachverhalte:
1.) Verspätete Einsichtnahme in die Vorstatik
Am 18.3.2008 fand eine Baubesprechung statt, in der die Beklagte zu 1) die Klägerin um Einsicht in die statischen Vorbemessungen bat (LGU 14). In einer weiteren Baubesprechung vom 1.4.2008 teilte die Klägerin mit, dass sie die statischen Vorbemessungen nicht zur Verfügung stellen werde, weil im Laufe der Bearbeitung Veränderungen eingeflossen seien und aus einer direkten Verwendung erheblicher Klärungs- und Erläuterungsbedarf absehbar sei (LGU 14). Am 9.4.2008 übergab die Beklagte zu 1) die Ausführungsplanung für den Spezialtiefbau zur Prüfung an die Klägerin. Am 6.5.2008 gab die Klägerin die Pläne frei. Am 27.5.2008 begann die Beklagte zu 1) mit den Bohrarbeiten. Planmäßig hätten die Bohrarbeiten am 8.5.2008 beginnen sollen (LGU 14).
Die Beklagten haben dazu vorgetragen, durch die Verweigerung der Einsichtnahme in die Vorstatik habe die Beklagte zu 1) den Bauherrenentwurf nicht prüfen können und Teile der Bemessungsgrundlagen selbst ermitteln müssen. Wegen des zusätzlichen Arbeitsaufwandes habe die Beklagte zu 1) die Ausführungsplanung erst am 9.4.2008 fertig stellen können. Erst nach der Planungsfreigabe durch die Klägerin am 6.5.2008 habe die Beklagte zu 1) mit der Disposition der Arbeiten beginn...