Leitsatz (amtlich)
1. § 17a Abs. 5 GVG hindert das Berufungsgericht nicht an der Prüfung der Rechtswegfrage, wenn das erstinstanzliche Gericht das Verfahren nach § 17a Abs. 3 S. 2 GVG nicht eingehalten hat. Grundsätzlich muss danach das Berufungsgericht ein entsprechendes Verfahren einleiten. Das erübrigt sich indes, wenn das OLG den ordentlichen Rechtsweg für gegeben hält und im Falle der Vorabentscheidung keinen Anlass hätte, die Beschwerde an den BGH zuzulassen.
2. Zahlt ein Kläger auf die Schuld eines Dritten, die durch Feststellungsbescheid im Rahmen des Vermögenszuordnungsgesetzes festgestellt ist, und verlangt er später von dem Dritten diesen Betrag nach den Grundsätzen einer ungerechtfertigten Bereicherung heraus, so handelt es sich um einen zivilrechtlichen Anspruch, auch wenn sich der Bereicherungsanspruch erst aus einer nachträglichen Leistungsbestimmung nach § 267 BGB ergibt; diese ihrerseits hat keinen öffentlich-rechtlichen Charakter.
3. Die Anforderungen an den Nachweis der Eigentümerstellung dürfen im Verfahren nach dem Vermögenszuordnungsgesetz nicht überspannt werden, da gerichtsbekannt ist, dass für Grundstücke in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik keine Grundbücher mehr geführt wurden.
Normenkette
GVG §§ 13, 17a; BGB §§ 267, 812 Abs. 1 S. 1; VZOG § 13
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 3 0 1253/99a) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Bremen – 3. Zivilkammer – vom 15.9.2000, Az.: 3 O 1253/1999a, wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird der Beklagte weiter verurteilt, an die Klägerin 1.494.597,80 DM = 764.175,72 Euro zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung von 900.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Beschwer des Beklagten beträgt 1.694.597,80 DM = 866.434,09 Euro.
Gründe
Der Beklagte ist seit 28.2.1991 Gesamtvollstreckungsverwalter der GmbH W. (im Folgenden Schuldnerin).
Mit Verträgen vom 26.9.1991 und 24.4.1992 veräußerte der Beklagte in seiner Eigenschaft als Gesamtvollstreckungsverwalter und als vollmachtloser Vertreter der Treuhandanstalt, der Rechtsvorgängerin der Klägerin, die im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung genannten Grundstücke für 500.000 DM bzw. für – anteilig – 1.194.597,80 DM.
Die Stadt W. hatte schon vor Genehmigung der Kaufverträge durch die Treuhandanstalt Anträge auf Rückübertragung beider Grundstücke mit der Begründung gestellt, es handle sich um restitutionsbehafteten Grundbesitz, der in ihrem Eigentum gestanden habe.
Die Klägerin schloss sodann mit der Stadt unter dem 10./16.4.1996 bzw. unter dem 15./28.10.1993 zwei Vereinbarungen über den auszukehrenden Erlös aus der Veräußerung des Grundbesitzes durch die Schuldnerin gem. § 13 Abs. 2 VZOG. Darin verpflichtete sich die Klägerin die auf Grund der Veräußerung durch den Beklagten angenommenen Kaufpreise i.H.v. 500.000 DM und 1.194.597,80 DM an die Stadt auszuzahlen, da deren Anspruch auf Naturalrestitution (Rückgabe der Grundstücke) in Folge der Veräußerung ausgeschlossen sei. Am 14.11.1996 bzw. 7.5.1997 erließ der Präsident der Klägerin Einigungsbescheide zu den o.a. Vereinbarungen, in denen festgestellt wird, dass die Vermögenswerte früher im Eigentum der Stadt standen und aus diesen unentgeltlich nach dem 8.5.1945 in Volkseigentum überführt worden seien. Die zwischen der Klägerin und der Stadt vereinbarten Beträge wurden von der Klägerin an die Stadt gezahlt.
In einem Schreiben vom 13.4.2000 an die Stadt erklärte die Klägerin, sie habe die Beträge für den eigentlich verpflichteten Verfügungsberechtigten, den Gesamtvollstreckungsverwalter geleistet. Darauf hin erklärte die Stadt unter dem 27.4.2000, sie habe die Erlösauskehr von der BvS anstatt durch den Vollstreckungsverwalter erhalten. Sie sei mit einer Erlösauskehr durch die BvS einverstanden.
Mit der Klage hat die Klägerin ursprünglich lediglich einen Teilbetrag von 200.000 DM geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, der Zivilrechtsweg sei gegeben. Durch die bestandskräftigen Einigungsbescheide vom 14.11.1996 und 7.5.1997 sei verbindlich festgestellt, dass die beiden verkauften Grundstücke früher im Eigentum der Stadt gestanden hätten. Der Beklagte habe als Verfügungsberechtigter rechtsgeschäftlich veräußert. Er sei daher nach § 13 Abs. 2 VZOG zur Auskehr des Erlöses an die Stadt verpflichtet gewesen. Statt dessen habe sie (die Klägerin) sich irrtümlich für zur Zahlung verpflichtet gehalten. Gemäß § 267 BGB habe sie aber sodann mit der Stadt die nachträgliche Tilgungsvereinbarung vom 13./27.4.2000 getroffen, die der Beklagte gegen sich gelten lassen müsse. Deshalb sei die Insolvenzmasse um die getilgte Schuld ungerechtfertigt bereichert.
Der Beklagte hat die Zulässigkeit des Zivilrechtswegs gerügt. Die Klägerin wende sich in...