Entscheidungsstichwort (Thema)
Unvereinbarkeit der nach dem Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern der FIFA bestehenden Verpflichtung eines Vereins bei der Verpflichtung von Fußballspielern im Alter von 12 bis 23 Jahren für die Zeit ihrer Ausbildung an den ausbildenden Verein eine Ausbildungsentschädigung zu zahlen mit dem Recht auf Freizügigkeit nach Art. 45 AEUV
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Vereinsmitglied, das sich vor den ordentlichen Gerichten gegen eine vom Verein ausgesprochene Vereinsstrafe wehren will, hat vor Anrufung des Gerichts - lediglich - die interne Gerichtsbarkeit dieses Vereins auszuschöpfen. Dies gilt auch bei Vereinsstrafen, welche der Verein auf Ersuchen eines "übergeordneten" Verbandes ausspricht und die auf Schiedssprüchen und Disziplinarmaßnahmen eines anderen Verbandes (hier der FIFA) beruhen.
2. Verlangt die FIFA vom DFB die Umsetzung von Sanktionen der FIFA-Disziplinarkommission zur Durchsetzung eines zwischen zwei Fußballvereinen erlassenen Schiedsspruchs des Court of Arbitration for Sports, so hat der DFB nach Art. 17a Abs. 2 seiner Satzung zu überprüfen, ob dem Schiedsspruch nicht zwingendes nationales oder internationales Recht entgegensteht. Ersucht der DFB ein DFB-Mitglied, eine derartige Sanktion der FIFA-Disziplinarkommission durch die Verhängung einer Vereinsstrafe gegen ein eigenes Mitglied umsetzen, so gilt diese Prüfungspflicht für den ersuchten Verein.
3. Die Regelungen in Anhang 4 zum Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern der FIFA, dass für die Ausbildung von Fußballspielern im Alter von 12 bis 23 Jahren für die Zeit ihrer Ausbildung von dem einen Spieler übernehmenden Verein eine Ausbildungsentschädigung u.a. dann zu zahlen ist, wenn der Spieler zum ersten Mal als Berufsspieler registriert wird, ist insoweit nicht mit dem Recht auf Freizügigkeit gem. Art. 45 AEUV zu vereinbaren, als die Entschädigung nach dem finanziellen Aufwand zu berechnen ist, den der neue Verein gehabt hätte, wenn er den Spieler selbst ausgebildet hätte. Eine hiernach bemessene Ausbildungsentschädigung für einen Spieler mit italienischer Staatsangehörigkeit, der seinen ersten Profivertrag bei einem deutschen Fußballverein abschließt, verstößt gegen zwingendes EU-Recht. Der diesen Spieler übernehmende Fußballclub darf deswegen nicht von dem deutschen Verein, dem er angehört, mit einer Vereinsstrafe (hier: Zwangsabstieg der ersten Mannschaft aus der Regionalliga Nord) belangt werden, um eine von der FIFA-Disziplinarkommission ausgesprochene Sanktion umzusetzen, mit der die unterbliebene Zahlung der Ausbildungsentschädigung geahndet worden ist.
Normenkette
AEUV Art. 45; Satzung des DFB Art. 17a Abs. 2; Satzung des DFB Anhang 4
Verfahrensgang
LG Bremen (Urteil vom 25.04.2014; Aktenzeichen 12 O 129/13) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Bremen, 2. Kammer für Handelssachen, vom 25.4.2014 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Beklagten vom 13.1.2014, mit dem der Zwangsabstieg der ersten Fußballmannschaft (Herren) des Klägers aus der Regionalliga Nord zum Ende der Spielzeit 2013/2014 verfügt wurde, unwirksam ist.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der durch die Verweisung durch das AG Bremen entstandenen Kosten, welche der Kläger zu tragen hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger hat sich mit der vorliegenden Klage ursprünglich gegen einen gegen seine 1. Herren-Fußballmannschaft verhängten Abzug von 6 Punkten für die Spielzeit 2012/2013 in der Regionalliga Nord gewandt und die Rücknahme dieses Punktabzugs durch den Beklagten begehrt. Dieser Klagantrag ist am 12.10.2012 beim AG Bremen eingereicht worden (Klagzustellung an den Beklagten am 4.12.2012) und mit Beschluss des AG vom 5.4.2013 an das LG Bremen verwiesen worden. Die Parteien haben insoweit in der ersten Instanz den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt und der Kläger hat stattdessen den vorher angekündigten Hilfsantrag, die Rechtswidrigkeit dieses Punktabzugs festzustellen, als Hauptantrag gestellt.
Der Kläger begehrt nunmehr noch die Feststellung, dass ein gegen diese Mannschaft vom Beklagten mit Beschluss vom 13.1.2014 verhängter Zwangsabstieg aus der Regionalliga Nord zum Ende der Saison 2013/2014 unwirksam ist.
Der Kläger ist ein im Vereinsregister eingetragener Sportverein in Wilhelmshaven. Er nahm mit der 1. Herren-Fußballmannschaft in der Spielzeit 2006/2007 am Spielbetrieb der Regionalliga Nord teil und hatte hierzu mit dem Deutschen Fußball Verband e.V. (im Folgenden: DFB) im Februar 2006 einen "Zulassungsvertrag Regionalliga" abgeschlossen (Anlage B 5 = Bl. 352 ff. d.A.). Zum damaligen Zeitpunkt war die Regio...