Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrenswert für die Scheidung; Berücksichtigung von Leistungen nach dem SGB II bei der Wertberechnung in Ehesachen

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Wertberechnung in Ehesachen nach § 43 FamGKG sind auch die Leistungen nach dem SGB II zu berücksichtigen.

 

Normenkette

FamGKG § 43 Abs. 2; SGB II § 1 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Hildesheim (Beschluss vom 11.08.2010; Aktenzeichen 36 F 36137)

 

Tenor

I. Der angefochtene Beschluss wird teilweise dahingehend geändert, dass der Verfahrenswert des Scheidungsverfahrens auf 6.796,63 EUR festgesetzt wird, wobei auf die Scheidung ein Wert von 5.796,63 EUR sowie auf den Versorgungsausgleich ein Wert von 1.000 EUR entfallen.

II. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die gem. §§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, 59 Abs. 1 FamGKG zulässige Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers ist begründet.

Im angefochtenen Beschluss hat das AG den Verfahrenswert für das Scheidungsverfahren auf 4.300 EUR festgesetzt, wobei es für die Scheidung 3.300 EUR und für die Folgesache Versorgungsausgleich 1.000 EUR in Ansatz gebracht hat. Hiergegen wendet sich der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers mit der Begründung, dass auch die Einkünfte des Antragstellers aus dem Bezug von SGB II-Leistungen bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen seien.

Nach der Rechtsprechung des Senats sind bei der Wertberechnung in Ehesachen (§ 43 FamGKG) auch die Leistungen nach dem SGB II zu berücksichtigen. Die Frage, ob diese Sozialleistungen in die Streitwertbemessung einzubeziehen sind, ist nach wie vor umstritten (vgl. einerseits Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rz. 1036, andererseits FA-FamR/Keske, 7. Aufl., Kap. 17 Rz. 24 jeweils m.w.N.). Dabei geht der Senat von folgenden Erwägungen aus: Gemäß § 43 Abs. 2 FamGKG ist der Wertberechnung in Ehesachen das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute zugrunde zu legen. Als Nettoeinkommen ist der Betrag zu verstehen, der den Eheleuten zum Leben zur Verfügung steht und ihren Lebensstandard bestimmt. Aufgabe und Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist es u.a., deren Lebensunterhalt zu sichern (§ 1 Abs. 1 Satz 2 SGB II); die Sozialhilfe dient dazu, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht (§ 1 Satz 1 SGB XII). Der Lebensstandard von Eheleuten, die Empfänger solcher Sozialleistungen sind, wird mithin durch die von ihnen bezogenen Sozialleistungen bestimmt. Es gibt keinen Grund, in derartigen Fällen einen anderen Maßstab anzusetzen als bei Eheleuten, die Erwerbseinkünfte lediglich in Höhe der ihnen zustehenden Grundsicherung oder Sozialhilfe erzielen.

Der Antragsteller hatte nach dem mit seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegten Bescheid des Job-Centers H.

vom 25.11.2009 Leistungen von insgesamt 832,21 EUR erhalten. Unter Berücksichtigung des mit der Beschwerde nicht angefochtenen und auf dem Erwerbseinkommen der Antragsgegners beruhenden Betrages von 1.100 EUR folgt danach für die Scheidung ein Wert von 1.100 EUR + 832 EUR = 1.932 EUR × 3 = 5.796 EUR. Für das Scheidungsverfahren ergibt sich dann ein Streitwert von insgesamt 6.796 EUR.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 59 Abs. 3 FamGKG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2561892

NJW 2010, 3587

FamFR 2010, 471

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