Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung des Verfahrens bei Aufrechnung mit einer schiedsbefangenen Forderung
Leitsatz (amtlich)
Die Aussetzung des Verfahrens vor den staatlichen Gerichten im Falle einer Aufrechnung mit einer Gegenforderung, betreffend die eine Schiedsvereinbarung getroffen wurde, ist zulässig.
Normenkette
ZPO §§ 148, 1029; BGB § 387
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Aktenzeichen 7 O 55/15) |
Tenor
Das Berufungsverfahren wird bis zur Entscheidung des Schiedsgerichts des Vereins der Getreidehändler der H. Börse e.V. über die Schiedsklage des hiesigen Beklagten gegen die hiesige Klägerin vom 8.10.2015 ausgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht eine im Wesentlichen unstreitige Forderung aus dem Verkauf von Düngemitteln in Höhe von noch 17.378,61 EUR geltend. Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und insbesondere die Aufrechnung mit Entgeltforderungen für die Lieferung von Weizen erklärt, betreffend die die Klägerin - nach Auffassung des Beklagten - zu Unrecht verschiedene Abzüge vorgenommen hat. Die Auftragsbestätigungen der Klägerin betreffend diese Käufe von Weizen vom 23.5.2011 und vom 24.6.2011 (Anlagen B 1, B 2, Bl. 38 f. d.A.) enthielten als Zusatz die Aussage: "SCHIEDSGERICHT: Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts des Vereins der Getreidehändler e.V. in H. gilt als vereinbart."
Das LG hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die erklärte Aufrechnung sei prozessual unbeachtlich, weil die Parteien in Bezug auf die Gegenforderungen Schiedsgerichtsvereinbarungen getroffen hätten.
Der Beklagte, der unter dem 8.10.2015 Schiedsklage mit dem Ziel erhoben hat, festzustellen, dass ihm gegenüber - ungeachtet einer etwaigen Verjährung zum jetzigen Zeitpunkt - eine Forderung in Höhe von 16.444,05 EUR zustehe, die am 31.7.2012 nicht verjährt gewesen sei (Anlage BK 1, Bl. 173 ff. d.A.), hat gegen das angefochtene Urteil frist- und formgerecht Berufung eingelegt und begehrt die Aussetzung des Berufungsverfahrens bis zur Entscheidung des Schiedsgerichts über die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes beider Instanzen wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Das Verfahren ist entsprechend § 148 ZPO bis zur Entscheidung des Schiedsgerichts auszusetzen.
1. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt von dem Bestehen oder Nichtbestehen der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung ab.
a) Die als solche unstreitige Hauptforderung ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht verjährt. Die Hauptforderung war im Jahre 2012 zur Zahlung fällig. Es galt die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren nach § 195 BGB, sodass die Verjährung rechtzeitig durch die Zustellung des Mahnbescheids und das sich anschließende gerichtliche Verfahren nach § 204 Nr. 3 BGB gehemmt wurde.
Entgegen der Auffassung des Beklagten verjährte die Hauptforderung nicht innerhalb der kurzen Frist nach § 49 Abs. 3 der Einheitsbedingungen im deutschen Getreidehandel (vorgelegt als Anlage 1 im Protokoll der mündlichen Verhandlung des LG vom 21.7.2015, Bl. 75 ff. d.A.). Diese Einheitsbedingungen im deutschen Getreidehandel finden nicht nach § 1 Abs. 4 Unterabs. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin auf das der Hauptforderung zu Grunde liegende Vertragsverhältnis Anwendung. Die Parteien haben eine wirksame Einbeziehung dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen beim Abschluss des in Frage stehenden Kaufvertrages nicht schlüssig dargelegt. Auch für Verträge mit Unternehmern gelten Allgemeine Geschäftsbedingungen nur, wenn sie durch rechtsgeschäftliche Einbeziehung Vertragsinhalt geworden sind. Ausdrücklich haben die Parteien diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen hier nicht einbezogen. Die Einbeziehung durch schlüssiges Verhalten setzt voraus, dass der Verwender erkennbar auf seine AGB verweist und der andere Teil ihrer Geltung nicht widerspricht. Diese Einbeziehung muss grundsätzlich während der Verhandlung über den konkreten Vertrag erfolgen. Der Hinweis bei früheren Geschäften oder auf früheren Rechnungen genügt regelmäßig nicht. Nicht ausreichend ist auch der Hinweis auf Schriftstücke, die nach Vertragsschluss eingehen. Bei ständigen Geschäftsverbindungen, die eine gewisse Häufigkeit von Verträgen voraussetzen, können Allgemeine Geschäftsbedingungen im Gegensatz hierzu auch durch wiederholte, auch für den flüchtigen Leser ohne weiteres erkennbare Hinweise in Rechnungen oder Ähnlichem zum Vertragsbestandteil werden, nicht aber durch Hinweise auf der Rückseite der Rechnung (zum Ganzen: Grüneberg/Palandt, 75. Aufl., § 305 Rdnr. 51 m.w.N.).
Nach dem unstreitigen Vortrag der Klägerin besteht zwischen den Parteien im Ausgangspunkt eine langjährige Geschäftsbeziehung. Bereits ab Mitte 2008 hat die Klägerin Ware bei dem Beklagten gekauft. Nach der vorgelegten Kontraktübersicht dürfte es sich dabei allerdings nur um 2 Verkäufe an den Beklagten handeln, wohingegen 6 Verkäufe des Beklagten an die Klägerin ...