Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert eines Antrages auf Feststellung des Fortbestandes einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bemisst sich, wenn er unabhängig vom Eintritt eines Versicherungsfalls oder kumulativ neben einer auf Leistung bzw. Feststellung der Leistungspflicht gerichteten Klage gestellt wird, nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag der monatlichen Rentenleistung und der monatlichen Prämie abzgl. eines Feststellungsabschlages von 80 %.
Normenkette
ZPO §§ 3, 9; GG § 48 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Stade (Aktenzeichen 3 O 172/05) |
Tenor
1. Feststellung der Pflicht zu Rentenzahlung und voller Beitragsfreistellung:
a) 80 % des 3,5-fachen Jahresbetrages der monatlichen Rente einschließlich Bonusrente i.H.v. insg. 630 EUR = 21.168 EUR
b) 80 % des 3,5-fachen Jahresbetrages der monatlichen Prämie laut Nachtrag zum Versicherungsschein i.H.v. 59,04 EUR = 1.983,74 EUR
2. Feststellung des Rentenrückstandes bei Klageeinreichung: 80 % der monatlichen Rente einschließlich Bonusrente (630 EUR) für 16 Monate = 8.064 EUR
3. Feststellung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung a) 20 % des 3,5-fachen Jahresbetrages der monatlichen Rente einschließlich Bonusrente (630 EUR) = 5.292 EUR
b) 20 % des 3,5-fachen Jahresbetrages der monatlichen Prämie (59,04 EUR) = 495,94 EUR
Summe 37.003,68 EUR.
Gründe
Der mit der Berufung weiterverfolgte, durch den Prozessvergleich insgesamt erledigte Klageantrag der Klägerin setzt sich aus zwei Streitgegenständen zusammen, deren Werte gem. § 39 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen sind, nämlich zum einen aus der Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der monatlichen Berufsunfähigkeitsrente einschließlich Bonusrente i.H.v. insgesamt 630 EUR seit dem 1.4.2004 bei gleichzeitiger voller Befreiung von der Beitragszahlungspflicht für die Hauptversicherung und die eingeschlossene Zusatzversicherung gem. § 1 Ziff. 1a) und b) der Bedingungen der Beklagten für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (1.) und zum anderen aus der Feststellung des Fortbestandes der von der Beklagten mit Schreiben vom 25.1.2005 wegen arglistiger Täuschung angefochtenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (2.).
1. a) Der Wert des auf Rentenleistung und volle Beitragsfreiheit gerichteten Feststellungsinteresses, für dessen Bemessung nach §§ 42 Abs. 2 S. 2, 48 Abs. 1 S. 1 GKG die §§ 3, 9 ZPO maßgebend sind, bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH v. 1.12.2004 - IV ZR 150/04, NJW-RR 2005, 259, 260; NJW-RR 2001, 316, 317; BGH v. 17.5.2000 - IV ZR 294/99, NJW-RR 2000, 1266; BGH v. 11.7.1990 - IV ZR 100/90, NJW-RR 1990, 1361) nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag des monatlichen Rentenbezuges und der monatlichen Prämie, von dem ein Feststellungsabschlag vorzunehmen ist, den der Senat mit 20 % für angemessen erachtet.
b) Hinzuzurechnen sind gem. § 42 Abs. 5 S. 1 GKG die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge, d.h. der geltend gemachte Rentenrückstand bis zum 22.6.2006, wiederum abzgl. eines Feststellungsabschlages von 20 %.
2. Der Wert eines auf die Feststellung gerichteten Antrages, dass der Versicherungsvertrag trotz des vom Versicherer erklärten Rücktritts oder der von diesem erklärten Anfechtung fortbesteht, bemisst sich gem. § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung. Dieses Interesse wird, auch wenn es unabhängig vom Eintritt eines Versicherungsfalles oder - wie vorliegend - kumulativ neben einer auf Leistung bzw. Feststellung der Zahlungspflicht gerichteten Klage verfolgt wird und sich damit nur auf etwaige künftige Leistungsfälle bezieht, durch die erstrebte Erhaltung der durch den Versicherungsvertrag von vornherein in Höhe und Dauer festgelegten - von einem konkreten Schaden oder Bedarf unabhängigen - Leistungspflicht des Versicherers geprägt, die wirtschaftlichen Auswirkungen also durch den Verlust oder die Sicherung dieses - wenngleich in seiner Entstehung ungewissen - Anspruchs bestimmt. Ebenso wie bei einer Klage auf Feststellung des Fortbestehens einer Risikolebensversicherung, bei der der Eintritt des Versicherungsfalls zwar ungewiss, die ggf. vom Versicherer zu erbringende Leistung aber bestimmt ist, ist auch das Feststellungsinteresse eines Klägers in der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung unter Rückgriff auf die Bemessung des Werts einer auf Leistung gerichteten Klage, hier also unter Zugrundelegung des 3,5-fachen Jahresbetrages der monatlichen Rentenleistung und der monatliche Prämie festzusetzen (vgl. BGH NJW-RR 2001, 316, 317; OLGReport Hamm 2001, 394). Die für die Wertfestsetzung einer Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines privaten Krankenversicherungsvertrages geltenden Grundsätze (vgl. BGH NVersZ 2002, 21: 3,5-fache Jahresprämie ohne Feststellungsabschlag) sind hingegen auf die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nicht zu übertragen, weil die Krankenversicherung gerade nicht dadurch geprägt wird, dass die vom Versicherer im Versicherungsfall zu erbringenden Leistungen in ihrer ...