Leitsatz (amtlich)
1. Die für die Erstattungsfähigkeit der Kosten selbstständigen Beweisverfahrens erforderliche Identität des Streitgegenstandes liegt auch dann vor, wenn der Gegenstand des selbstständigen Beweisverfahrens im späteren Hauptsacheprozess die Grundlage für eine Rechtsverteidigung des Beklagten bildet.
2. Wird eine Kostentrennung gem. § 96 ZPO in der Kostengrundentscheidung unterlassen, kann dies nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nachgeholt werden.
3. Die Vorschrift des § 96 ZPO kommt auch in den Fällen zum Tragen, in denen der Wert des selbstständigen Beweisverfahrens höher als der Wert des Hauptsacheverfahrens ist.
4. Der Grundsatz, dass die Gerichtskosten eines selbstständigen Beweisverfahrens auch dann festgesetzt werden können, wenn das Gericht die Ergebnisse des selbstständigen Beweisverfahrens vom Gericht nicht verwertet, gilt gleichermaßen für die außergerichtlichen Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens.
Normenkette
ZPO §§ 91, 96, 104
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Entscheidung vom 17.09.2009; Aktenzeichen 3 O 207/08) |
Tenor
Die am 25. September 2009 beim Landgericht Lüneburg eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers gegen den am 21. September 2009 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 17. September 2009 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis zu 900, €.
Gründe
Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 569 ZPO zulässige, insbesondere form und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg ist nicht zu beanstanden. Der Rechtspfleger hat zu Recht die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens in voller Höhe in Ansatz gebracht.
Die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens (Gebühren sowie Auslagen für einen gerichtlich bestellten Sachverständigen) stellen nach allgemeiner Meinung gerichtliche Kosten des nachfolgenden Hauptsacheverfahrens dar und zählen daher zu den Kosten des Rechtsstreites, die grundsätzlich über § 91 ZPO erstattungsfähig sind (vgl. BGH NJW 2007, 1279, 1281. BGH RPfl 2006, 338. RPfl 2004, 588. ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 30.11.2007 (Az.: 2 W 123/07) und vom 23.12. 2008, Az.: 2 W 285/08).
Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit ist allein, dass zwischen den Parteien des Rechtsstreits sowie auch zwischen dem Streitgegenstand des selbständigen Beweisverfahrens und dem Streitgegenstand des späteren Hauptprozesses eine Identität besteht (vgl. BGH, aaO. Zöller/Herget, ZPO, 25. Auflage, § 91 Rdz 13 "Selbstständiges Beweisverfahren"). Eine solche Identität liegt auch dann vor, wenn der Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens im späteren Hauptsacheverfahren die Grundlage für die Rechtsverteidigung (Einwendung oder Einrede) des Beklagten bildet (vgl. OLG Nürnberg JurBüro 2006, 35). Dies folgt schon aus dem Zweck eines selbständigen Beweisverfahrens. Das selbstständige Beweisverfahren dient ganz allgemein der Beweissicherung für einen Rechtsstreit, an dem der Antragsteller auf Kläger oder Beklagtenseite beteiligt sein kann(vgl. Zöller/Herget, ZPO, 27. Auflage, § 485 Rdz. 1). Auf die Parteirolle im Prozess kommt es hingegen nicht an (vgl. Thomas/Putzo/Reichhold, ZPO, 27. Auflage, § 485 Rdz. 7). Wenn daher ein selbstständiges Beweisverfahren über z.B. Mängel eines Bauwerks durchgeführt wird und die Ergebnisse dieses selbständigen Beweisverfahrens im Vergütungsprozess im Wege eines Zurückbehaltungsrechts über § 493 ZPO in den Prozess eingeführt werden, ist die erforderliche Identität zu bejahen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 15. Juni 2009, Az.: 2 W 163/09).
Ohne Erfolg macht der Kläger des weiteren unter Hinweis auf § 96 ZPO geltend, dass die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens quotiert hätten werden müssen. Zwar können die Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen Angriffs oder Verteidigungsmittels der obsiegenden Partei auferlegt werden. Eine Kostentrennung nach Maßgabe von § 96 ZPO kann aber nur in der Kostengrundentscheidung, nicht jedoch im Kostenfestsetzungsverfahren erfolgen. Das Kostenfestsetzungsverfahren dient allein der Bezifferung der nach der Kostengrundentscheidung zu erstattenden Kosten. Wird eine Kostentrennung nach § 96 ZPO in der Kostengrundentscheidung unterlassen, kann dies nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nachgeholt werden (vgl. BGH RPfleger 2006, 338f., zitiert nach JURIS Rdz. 14. BGH RPfleger 2004, 588. zitiert nach JURIS Rdz. 9. Zöller/Herget, ZPO, 27. Auflage, § 96 Rdz. 2).
Ebenso wenig steht einer Erstattungsfähigkeit entgegen, dass die Beweisergebnisse vom Gericht nicht verwertet worden sind. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 24. Juni 2006 (= RPfleger 2004, 588) klargestellt, dass die gerichtlichen Kosten eines selbstständigen Beweisverfahrens auch dann festgesetzt werden könnten, wenn die Bewei...