Leitsatz (amtlich)
Eine Berufung des erstinstanzlich obsiegenden Beklagten, mit der ausschließlich eine andere inhaltliche Begründung der Klagabweisung erstrebt wird, ist mangels einer erforderlichen Beschwer im Rechtssinne unzulässig.
Normenkette
ZPO § 511
Verfahrensgang
AG Hannover (Aktenzeichen 620 F 2918/09) |
Tenor
1. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Gebührenstufe bis 300 EUR festgesetzt.
2. Der Antragsteller wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, seine Berufung gem. § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Es wird Gelegenheit zur Rücknahme der Berufung bzw. zu ergänzender Stellungnahme gegeben bis zum Ablauf des 26.11.2010.
Gründe
I. Das AG hat in dem vorliegend am 15.6.2009 eingeleiteten Verfahren mit dem allein vom Antragsteller zur Folgesache Ehegattenunterhalt angefochtenen Urteil vom 26.8.2010 die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt und den Antrag der Ehefrau auf Zuspruch nachehelichen Unterhaltes abgewiesen.
Der Antragsteller will mit seiner Berufung zur Folgesache Ehegattenunterhalt erreichen, dass die - ausdrücklich aufrecht zu erhaltende - Antragsabweisung allein auf eine abweichende Berechnung gestützt wird.
II.1. Für das vorliegende vor September 2009 eingeleitete und erstinstanzlich vor September 2010 abgeschlossene Verfahren ist gem. Art. 111 FGG-ReformG weiterhin das vor September 2009 geltende Recht maßgeblich.
2. Die Berufung des Antragstellers ist unzulässig, da es bezüglich der Entscheidung zum Ehegattenunterhalt seinerseits an der zwingend erforderlichen Beschwer fehlt.
a. Zulässigkeitsvoraussetzung eines (Berufungs-) Rechtsstreits nach der Zivilprozessordnung ist die Beschwer des Rechtsmittelführers, die nicht allein im Kostenpunkt bestehen darf (BGH - Beschl. v. 18.1.2007 - IX ZB 170/06, MDR 2007, 801 f. - Tz. 5); für einen Beklagten - wie vorliegend bezüglich des Ehegattenunterhaltes den Antragsteller - liegt die Beschwer, die ihn zur Einlegung des Rechtsmittels berechtigt, in dem Betrag oder in dem Wert seiner Verurteilung (BGH, a.a.O., Tz. 6), wobei allein der rechtskraftfähige Inhalt des angefochtenen Urteils maßgeblich ist (BGH - Beschl. v. 8.5.2007 - VIII ZR 133/06, MDR 2007, 1093 - Leitsatz). Wird die Klage abgewiesen, ist der Beklagte grundsätzlich nicht beschwert (MünchKomm/ZPO3-Rimmelspacher, Vor § 511 ff. Rz. 58); nur in besonderen Ausnahmefällen kann eine Beschwer des Beklagten bei Klagabweisung vorliegen, wenn der Inhalt der Entscheidung hinter seinem Rechtsschutzziel zurückbleibt, weil die Klage als zur Zeit unbegründet statt endgültig abgewiesen wird oder ihr nur eine beschränkte materielle Rechtskraftwirkung zukommt (vgl. Wieczorek/Schütte3-Gerken, ZPO Vor § 511 Rz. 30). Ein Rechtsmittel ist stets unzulässig, wenn der Rechtsmittelführer selbst zu erkennen gibt, dass er sich nicht gegen den Entscheidungssatz wendet, sondern sich lediglich durch die Begründung beschwert fühlt (OLG Düsseldorf Beschl. v. 14.3.1979 - 5 Ws 7/79, MDR 1979, 956 - Leitsatz 1; vgl. auch OLG Celle - Beschl. v. 14.7.1978 - 4 U 91/78 - OLGZ, 1979, 194 ff. - Leitsatz 1; OLG Köln, Beschl. v. 17.2.1986 - 2 Wx 39/85, Rpfleger 1986, 184 - Orientierungssatz 1).
b. Nach diesen Grundsätzen fehlt es im Streitfall an einer Beschwer des Antragstellers in der Folgesache Ehegattenunterhalt. Sie ergibt sich - entgegen der Annahme des Antragstellers - auch nicht ausnahmsweise aus den von ihm geltend gemachten Gesichtspunkten. Soweit ihn das Jugendamt als Beistand seiner minderjährigen Kinder unter Zugrundelegung des im Verbundurteil enthaltenen amtsgerichtlichen Rechenwerkes - bislang außergerichtlich - auf höhere Kindesunterhaltsbeträge in Anspruch nimmt, spielt dies für die Frage einer Beschwer hinsichtlich des Ehegattenunterhaltes in keinem Fall eine Rolle; nach ausdrücklicher Rechtsprechung des BGH lässt sich eine Beschwer des entsprechend seiner Angabe eines Mindestbetrages zum Schmerzensgeld erfolgreichen Klägers nicht daraus herleiten, dass die erstinstanzliche Entscheidung von einem anteiligen Mitverschulden ausgegangen ist (BGH, Urt. v. 2.10.2001 - VI ZR 356/00, VersR 2001, 1578 f., Tz. 7), obwohl sich auch in einem derartigen Fall vergleichbare "Konsequenzen" für die Beurteilung weiterer Haftungsansprüche ergeben.
Insgesamt erwachsen darüber hinaus die in der angegriffenen amtsgerichtlichen Begründung enthaltenen Grundlagen der Unterhaltsberechnung nicht einmal für etwaige spätere Unterhaltsansprüche der Antragsgegnerin in materielle Rechtskraft; da es sich insofern nicht um ein Abänderungsverfahren, sondern um eine Erstklage (bzw. nach der Terminologie des derzeitigen Verfahrensrechtes: um einen Erstantrag) handeln würde, wäre die Feststellung der Voraussetzungen ohne eine etwaige Bindung vorzunehmen.
3. Insofern kommt es nicht einmal weiter darauf an, dass die Berufung des Antragstellers auch noch daran scheitern müsste, dass der - allein nach dem Berufungsantrag zu bemessende - Wert des Beschwerdegegenstandes die Erwachsenheitssumme des § 51...