Leitsatz (amtlich)
1. Die Vorschrift des § 130 Abs. 2 BGB ist auf die Beschränkung des Betroffenen in seiner Geschäftsfähigkeit durch Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gem. § 1903 BGB entsprechend anzuwenden.
2. Ein nach Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrags mit Auflassungserklärung angeordneter Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 BGB berührt die Wirksamkeit der Einigung nicht und steht der Eigentumsumschreibung nicht entgegen.
Normenkette
BGB § 130 Abs. 2, §§ 878, 1903
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 02.05.2006; Aktenzeichen 3 T 14/06) |
AG Burgwedel (Beschluss vom 23.11.2005) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vom 6.6.2006 werden der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Hannover vom 2.5.2006 und die Zwischenverfügung des AG Burgwedel - Grundbuchamt - vom 23.11.2005 aufgehoben.
Die Sache wird an das Grundbuchamt zurückverwiesen, das über den mit Schriftsatz des Notarvertreters M. F. vom 18.11.2005 eingereichten Antrag auf Eigentumsumschreibung unter Löschung der in Abt. II lfd. Nr. 4 und Abt. III lfd. Nr. 9a und 11 eingetragenen Rechte erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden hat.
Im Übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.
Die Entscheidungen im Beschwerdeverfahren beider Rechtszüge ergehen gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 255.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 3) und 4) sind in Abt. I des Grundbuches als Eigentümer des Grundstücks, dessen Wert 255.000 EUR beträgt, eingetragen. Mit dem durch Verfügung des Grundbuchamtes vom 23.11.2005 beanstandeten Antrag vom 18.11.2005 haben die Beteiligten zu 1) und 2), die auch die Beschwerdeführer sind, ihre Eintragung als Eigentümer in das im Rubrum genannte Grundbuch beantragt.
Am 28.6.2005 haben sich die Eigentümer vor dem Notar Prof. Dr. V. in Burgwedel (UR Nr. 88/2005) mit den Beschwerdeführern über den Übergang des Eigentums an dem Grundstück auf diese je zur ideellen Hälfte geeinigt und deren Eintragung als Eigentümer in das Grundbuch bewilligt.
Mit Beschluss vom 6.9.2005 hat das AG Hannover - Vormundschaftsgericht - zu der Geschäftsnummer 666 XVII L 1877 angeordnet, dass der Beteiligte zu 4) zu Willenserklärungen in Vermögensangelegenheiten der Einwilligung seines gesetzlichen Betreuers bedarf (Einwilligungsvorbehalt gem. § 1903 Abs. 1 BGB). Dieser Beschluss ist dem Betreuer am 29.9.2005 zugestellt worden.
Der Antrag auf Eigentumsumschreibung auf die Beschwerdeführer ist am 21.11.2005 bei dem Grundbuchamt eingegangen.
Durch Zwischenverfügung vom 23.11.2005 hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass der beantragten Eintragung die fehlende Genehmigung der Auflassungserklärung des Beteiligten zu 4) durch seinen gesetzlichen Betreuer sowie die fehlende vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Erklärung des Betreuers entgegenstünden. Zur Begründung hat das Grundbuchamt ausgeführt, der Beteiligte zu 4) sei durch die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts in seiner Verfügungsbefugnis über sein Eigentum beschränkt. Die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis müsse grundsätzlich bis zur Grundbucheintragung vorliegen. Die nachträgliche Verfügungsbeschränkung sei auch nicht nach der Ausnahmevorschrift des § 878 BGB unschädlich, weil der Eintragungsantrag erst nach Eintreten der Verfügungsbeschränkung beim Grundbuchamt eingegangen sei.
Die gegen diese Zwischenverfügung gerichtete Beschwerde vom 13.3.2006 hat das LG mit seinem Beschluss vom 2.5.2006 zurückgewiesen.
Das LG ist der Auffassung des Grundbuchamtes beigetreten, dass ein Einwilligungsvorbehalt eine Verfügungsbeschränkung sei. Dies ergebe sich insb. aus einer Parallele zum Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO.
Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde vom 6.6.2006, mit der die Beschwerdeführer ihr bisheriges Vorbringen vertiefen. Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, dass es keiner Genehmigungserklärungen des Betreuers und des Vormundschaftsgerichts bedürfe. Weder die Auflassungserklärung noch die grundbuchverfahrensrechtliche Bewilligungserklärung des Beteiligten zu 4) würden durch die nachfolgende Anordnung des Einwilligungsvorbehalts in ihrer Wirksamkeit berührt. Die vom Einwilligungsvorbehalt betroffene Geschäftsfähigkeit sei von der Verfügungsbefugnis zu unterscheiden. Für Fälle der nachträglichen Beschränkung der Geschäftsfähigkeit gelte daher nicht § 878 BGB, sondern allein § 130 Abs. 2 BGB, demzufolge es auf die Wirksamkeit einer Willenserklärung keinen Einfluss hat, wenn der Erklärende nach Abgabe der Erklärung geschäftsunfähig werde. Anders als die personenbezogene Geschäftsfähigkeit sei die Verfügungsbefugnis gegenstandsbezogen. Die Unterscheidung werde darin deutlich, dass trotz bestehender Geschäftsfähigkeit die Verfügungsbefugnis fehlen könne. Andererseits sei ein geschäftsunfähiger Berechtigter grundsätzlich verfügungsbefugt und könne nur nicht selbst handeln. Die gesetzliche Regelung ...