Leitsatz (amtlich)

1. Wer im erstinstanzlichen Verfahren nicht formell beteiligt worden ist, obwohl er von der Entscheidung möglicherweise nach § 59 FamFG in seinen Rechten beeinträchtigt wird ('vergessener Beteiligter'), kann nur so lange fristgemäß Beschwerde einlegen, bis die Rechtsmittelfrist für den letzten formell Beteiligten abgelaufen ist.

2. Lassen sich Tag, Stunde und Minute des Todeseintritts nicht genau feststellen, kommt ausnahmsweise die Eintragung eines nach Anfang und Ende möglichst genau bestimmten Zeitraumes in das Sterberegister in Betracht. Beim Tode mehrerer Personen aufgrund der gleichen Ursache muss dieser Zeitraum auch im Anwendungsbereich des § 11 VerschG nicht bei allen betroffenen Personen zwangsläufig identisch sein. ein 'gleichzeitiges Versterben' i.S.d. § 11 VerschG liegt bereits dann vor, wenn sich die feststellbaren Zeiträume - und sei es nur geringfügig - überlappen.

 

Normenkette

FamFG §§ 7, 59, 63; PStG § 31

 

Verfahrensgang

AG Stade (Beschluss vom 22.03.2011; Aktenzeichen 51 III 20/10)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 3. gegen den Beschluss des AG Stade vom 22.3.2011 wird als unzulässig verworfen.

Von der Erhebung von Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Betroffene und seine Ehefrau kamen als Folge eines Bootsunfalls vom 21.5.2009 ums Leben. Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die Eltern und gesetzlichen Erben der Ehefrau des Betroffenen. der Beteiligte zu 3. ist der Sohn des Betroffenen aus erster Ehe und dessen gesetzlicher Alleinerbe.

Der Betroffene und seine Ehefrau befuhren am Abend des 21.5.2009 mit einem aus Aluminiumplatten selbstgebauten Motorboot die Oste in Richtung Elbe.

Im Innenraum des Bootes befanden sich Fahrstand und Kajüte. Etwa gegen 20.00 Uhr kenterte das Motorboot in Höhe der Ostemündung kurz vor dem Einlaufen in die Unterelbe. Während der Betroffene nach dem Kentern des Bootes noch in das offene Wasser gelangen konnte, war die Ehefrau des Betroffenen in den unter Wasser liegenden Bootsaufbauten eingeschlossen, weil sich die Tür zum Innenraum konstruktionsbedingt von innen nicht mehr öffnen ließ, sobald das havarierte Boot mit dem Kiel nach oben lag. Das erste Rettungsboot erreichte den Havaristen gegen 20.38 Uhr. eine anschließende großangelegte Suchaktion nach im Wasser treibenden Personen blieb erfolglos. Es war den Rettungskräften am Unglücksort auch nicht möglich, das Schiffsinnere einzusehen oder dorthin vorzudringen. Das havarierte Motorboot, von dem zu diesem Zeitpunkt nur noch etwa 10 cm des Rumpfes und ein Teil der Schiffsschraube aus dem Wasser ragten, wurde deshalb kieloben in einen Hafen geschleppt, wo am 22.5.2009 gegen 3.00 Uhr nachts ein Loch in die Wand der Kajüte geschlagen werden konnte und die Leiche der Ehefrau des Betroffenen im Innenraum des Bootes entdeckt wurde. Die Leiche des Betroffenen wurde am 31.5.2009 am Ufer der Oste aufgefunden.

Das Standesamt C. hat den Todeszeitpunkt für den Betroffenen im Sterberegister mit '31.5.2009, tot aufgefunden' beurkundet. Demgegenüber wurde im Sterberegister des Standesamts Ca. als Todeszeitpunkt der Ehefrau des Betroffenen 'zwischen dem 21.5.2009, 20.30 Uhr und dem 22.5.2009, 03.02 Uhr' eingetragen.

Im Rahmen von Erbscheinsverfahren vor dem AG Otterndorf stritten die Beteiligten zu 1. und 2. einerseits und der Beteiligte zu 3. andererseits um die Frage, ob und gegebenenfalls welcher der beiden verunglückten Ehegatten den anderen nach dem Kentern des Motorbootes überlebt haben könnte. Die Erbscheinsverfahren sind mittlerweile durch die Erteilung von Erbscheinen abgeschlossen worden, welche den Beteiligten zu 3. als Erben nach dem Betroffenen sowie die Beteiligten zu 1. und 2. als Erben nach der Ehefrau des Betroffenen ausweisen.

Die Ehefrau des Betroffenen war Versicherungsnehmerin einer kapitalbildenden Lebensversicherung. Unter Hinweis auf die zum Todeszeitpunkt differierenden Angaben in den Sterberegistern verweigerte die Versicherungsgesellschaft die Auszahlung der Versicherungssumme an die Beteiligten zu 1. und 2. mit der Begründung, dass nach dem Inhalt der Sterbeurkunden von einem Nachversterben des im Vertrag als Bezugsberechtigten benannten Betroffenen ausgegangen werden müsse.

Die Beteiligten zu 1. und 2. haben am 24.8.2010 bei dem AG beantragt, das für den Betroffenen geführte Sterberegister dahingehend zu berichtigen, dass als Todeszeitpunkt ein Zeitraum 'zwischen dem 21.5.2009 und dem 22.5.2009' beurkundet wird. Das AG hat nach Beiziehung der Nachlassakten den Antrag zur Stellungnahme dem Standesamt C sowie dem Rechtsanwalt A. zugeleitet, der den Beteiligten zu 3. in den beiden Erbscheinsverfahren vertreten hatte. Rechtsanwalt A. teilte dem Gericht am 6.12.2010 schriftlich mit, dass er in dieser Angelegenheit keinen Auftrag zur Vertretung des Beteiligten zu 3. habe. Einen weiteren Versuch, dem Beteiligten zu 3. persönlich die Antragsschrift zuzuleiten oder ihn zur Stellungnahme aufzufordern, unternahm...

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